In seinem ersten ausführlichen Interview als Teil der S04-Profis erzählt der U20-Nationalspieler SPOX und Goal von den jahrelangen Strapazen, für die er im April erstmals von Dimitrios Grammozis belohnt wurde, und den Trainer, der ihn auf dem Weg nach oben maßgeblich prägte: Norbert Elgert.
Mehmet Can, hinter Ihnen liegt ein aufregendes Jahr: Im September 2020 haben Sie noch in der A-Junioren Bundesliga West gekickt, im September 2021 sind Sie bei den Profis des FC Schalke 04 gesetzt. Wie ist Ihnen so schnell der Durchbruch gelungen?
Mehmet Can Aydin: Alles hat mit dem coronabedingten Abbruch der U19-Saison angefangen. Ich sollte zunächst bei der zweiten Mannschaft mittrainieren, um im Rhythmus zu bleiben, durfte nach ein paar Wochen aber auch in der Regionalliga spielen. Das hat mir vor allem im körperlichen Bereich enorm geholfen. Irgendwann hat sich die Situation bei den Profis dann so entwickelt, dass sich ein paar Jugendspieler im Training zeigen durften. Darunter ich. Und ich habe meine Chance gut genutzt.
Man könnte also sagen, die sportliche Talfahrt hat Ihnen in die Karten gespielt.
Aydin: Das weiß ich nicht, ob ich andernfalls so schnell die Chance bei den Profis bekommen hätte. Schalke ist aber sowieso dafür bekannt, dass junge Spieler immer wieder bei den Profis zum Einsatz kommen und gefördert werden. Für mich persönlich war es definitiv eine aufregende Zeit, weil ich mir meinen Traum erfüllen konnte, für die erste Mannschaft zu spielen. Aber insgesamt war es natürlich keine Saison, die man als Schalker gerne in Erinnerung behält.
Was ging Ihnen vor Ihrem ersten Profi-Einsatz in Leverkusen am 3. April durch den Kopf?
Aydin: Ich war total nervös. Herr Grammozis hatte mir schon zwei oder drei Tage vor dem Spiel gesagt, dass ich anfange. Die Nacht vor dem Spiel war ganz schlimm für mich, ich habe kaum geschlafen. Auf dem Weg zum Stadion und in der Kabine hatte ich von der ganzen Aufregung dann auch noch Magenschmerzen. Aber mit dem Anpfiff war die Nervosität weg - und ich hatte einfach nur Bock, mich zu zeigen.
Gab es Spieler, die Sie in dieser Phase unterstützten?
Aydin: Ja, einige. Wenn ich jemanden hervorheben müsste, dann auf jeden Fall Michael Langer. Er hat mich sehr motiviert und mir das Gefühl gegeben, dass er an mich glaubt - nicht nur vor meinem Profi-Debüt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Schalke 04 - Aydin: Büskens? "Wie ein Onkel"
Wer war oder ist Ihre wichtigste Bezugsperson aus dem Trainerteam?
Aydin: Mike Büskens. Er hat mir vom ersten Tag an geholfen, ist auf mich zugegangen, hat mir Tipps gegeben. Er hat ja wie ich auch Außenverteidiger gespielt. Ich habe viel von ihm gelernt. Wir haben auf und neben dem Platz ein super Verhältnis zueinander. Ich kann immer zu ihm kommen und mit ihm sprechen, auch über persönliche Themen. Er ist ein cooler Typ, ich würde ihn fast schon als Familienangehörigen bezeichnen. Wie ein Onkel, der immer ein offenes Ohr hat.
Sie sind zwar erst 19, aber Schalker durch und durch. 2012 wechselten Sie aus der Jugendabteilung von Borussia Mönchengladbach in die Knappenschmiede. Wer oder was gab den Ausschlag dafür?
Aydin: Mein Vater wollte immer, dass ich unter Norbert Elgert trainiere. Das war wie ein Traum für ihn. Ich kannte Herrn Elgert damals noch nicht, fand Schalke aber trotzdem total cool. Wenn wir mit Gladbach gegen die gespielt haben, habe ich danach immer bei denen einen Blick in die Kabine geworfen, weil die immer Party gemacht haben. Da lief Musik, da wurde getanzt - so etwas gab es bei uns eher nicht. Die hatten mit Sam Farokhi damals einen coolen Trainer, der auch heute noch die U11 trainiert. Er war - zumindest für mich - der eigentliche Grund für meinen Wechsel. Ihm bin auch sehr dankbar, weil er mir es ermöglicht hat, Schalker zu werden.
Schalke 04 - Aydin: "Elgert hat mich zu einem Mann gemacht"
Elgert begleitete Sie auf dem Weg in den Profibereich. Wie wichtig war er für Ihre Entwicklung?
Aydin: Sehr wichtig. Ich würde sagen, Herr Elgert hat mich zu einem Mann gemacht. Unter ihm habe ich gelernt, mit Drucksituationen umzugehen. Er ist jemand, der seinen Spielern auch bewusst ein bisschen Druck macht, um sie auf die Zeit im Profibereich vorzubereiten. Das hat mir gerade in der Phase, in der ich meine ersten Bundesliga-Erfahrungen gemacht habe, enorm geholfen.
Wie machte Elgert Ihnen bewusst Druck?
Aydin: Ich formuliere es mal so: Unter ihm steht die Mannschaft im Fokus. Wer aus der Reihe tanzt oder sich für etwas Besseres hält, bekommt das zu spüren. Ich war bis zu meinen drei Jahren unter Herrn Elgert jemand, der von allen Aufmerksamkeit brauchte. Ich stand gerne im Mittelpunkt, war auch oft der beste Torschütze. Herr Elgert hat dann zu mir gesagt: "Memo, dir wurde es immer zu einfach gemacht." Damit umzugehen, war nicht einfach. Ich war bis zur U17 Stürmer, danach bin ich auf den Flügel ausgewichen und Herr Elgert hat mich dann irgendwann auch als Außenverteidiger aufgestellt. Er meinte zu mir, er würde auf dieser Position die besten Chancen für mich sehen, in den Profibereich zu kommen. Das war zunächst sehr schwer für mich zu akzeptieren, weil Offensivspieler ja eher im Fokus stehen als Defensivspieler. Aber er hatte recht.
Also war es keine schlechte Idee Ihres Vaters, sich damals für einen Wechsel zu Schalke und eine Zusammenarbeit mit Elgert einzusetzen.
Aydin: Auf keinen Fall. Wenn ich so zurückblicke, ist es schon der Wahnsinn, was mein Vater wegen mir durchgemacht hat. Wir kommen ja aus der Nähe von Aachen und haben immer zwei Stunden mit dem Auto nach Gelsenkirchen gebraucht. Ein paar Freunde meines Vaters haben immer zu ihm gesagt: "Spinnst du eigentlich? Wieso meldest du deinen Sohn nicht irgendwo hier, zum Beispiel bei Alemannia Aachen oder wieder bei Gladbach, an?" Doch ihm war es wichtig, dass ich gut ausgebildet werde. Auf Schalke. Und irgendwann von Herrn Elgert.
Mehmet Can Aydin im Steckbrief
Geburtsdatum und -ort | 9. Februar 2002 in Würselen |
Größe | 1,79 m |
Gewicht | 75 kg |
Position | rechte Abwehr, rechtes Mittelfeld |
starker Fuß | rechts |
Stationen | VfL Übach-Boscheln (2009-2010), Borussia Mönchengladbach (2010-2014), Schalke 04 (seit 2014) |
Profispiele | 12 |