Beim ersten Versuch gescheitert, im zweiten Anlauf soll der große Durchbruch gelingen: Moritz Lampert ist der aufstrebende Stern am deutschen Golfhimmel und startet in diesem Jahr neben Kaymer und Co. wieder auf der European Tour. Mit SPOX spricht der 22-Jährige über die Schwierigkeit, ernst genommen zu werden, wie er 2013 "auf die Mütze bekam" und seine ambitionierten Ziele in der Weltelite.
SPOX: Herr Lampert, Sie haben sich letztes Jahr die Augen lasern lassen, um Ihre Sehschwäche zu beheben. Klappt's seitdem mit dem Golfen noch besser?
Moritz Lampert: Durch das Tragen von Kontaktlinsen wurden meine Augen oft trocken, was mich total genervt hat. Mit dem Eingriff ist es genial geworden. Ich habe auch beim Golfspielen direkt den Unterschied gemerkt. Es ist wie eine andere Welt.
SPOX: In der Sie 2014 mehrere Traumschläge spielten: Bei Ihrem Turniersieg bei der Azerbaijan Golf Challenge gelang Ihnen am vierten Loch ein Hole-in-One. Noch kurioser ist aber, dass Sie das am gleichen Loch schon auf der Proberunde schafften. Das ist doch kein Glück mehr?
Lampert (lacht): Ich hatte im März überhaupt erst das erste Hole-in-One meiner Karriere gespielt. Was dann in Aserbaidschan passiert ist, war wirklich komisch. Mein Caddie hat verdammt ungläubig geschaut. Dass es aber direkt mit dem Augenlasern zu tun hat, glaube ich nicht. Das wäre wohl ein bisschen arg weit hergeholt. Lustig ist es trotzdem.
SPOX: Was ist mit dem Glücksschläger passiert? Hängt der mittlerweile eingerahmt über Ihrem Bett oder ist der noch im Einsatz?
Lampert: Ich muss zugeben, er steht gerade unten im Keller. Vor allem die Eisen sind nach einer Saison ziemlich abgenutzt, sodass wir den gleichen Schlägersatz noch einmal erhalten. Der Schläger ist mein Lieblings-Eisen, das Achter. Auch wenn es gerade leicht anstaubt, werde ich mir dafür noch etwas einfallen lassen.
SPOX: Das Golfspielen haben Sie Ihrem Großvater zu verdanken. Wie kam das?
Lampert: Ich habe mit fünf oder sechs Jahren angefangen, Golf zu spielen. Mein Opa hat schon meine Eltern und meinen älteren Bruder dazu gebracht - schließlich auch mich. Er war sozusagen der Vorreiter in der Familie und mittlerweile spielen alle. Er hat eine Ära eingeläutet.
SPOX: Wann haben Sie den Ehrgeiz entwickelt, das Ganze als Leistungssport zu betreiben?
Lampert: Ich bin mit zwölf in den Baden-Württemberg-Kader gekommen. Das war für mich der erste Moment, in dem ich überlegt habe, was ich eigentlich erreichen kann. Dann habe ich mit dem Leistungssport angefangen. Vorher habe ich auch Eishockey gespielt, damit aber aufgehört, weil das Verletzungsrisiko zu hoch wurde.
SPOX: Wie war das in der Schule? Hat das zeitlich alles unter einen Hut gepasst?
Lampert: Im Leistungssport ist es generell wichtig, sehr diszipliniert und organisiert zu sein, sonst funktioniert es nicht lange mit der Schule. Ich habe mit 19 Abitur gemacht. Das ging nur, weil mir das Englische Institut in Heidelberg viele Freiheiten gelassen hat. Ich habe zwar alle Klausuren mitgeschrieben, jedoch wurde viel Rücksicht darauf genommen, dass ich häufig unterwegs war. Sie wussten, dass ich nicht irgendeinen Quatsch mache, sondern meinem Sport nachgehe.
SPOX: Gab es deshalb Neider?
Lampert: Nicht direkt. Die meisten waren mir gegenüber sehr positiv gestimmt. Ich habe einmal meinen kompletten Sport-Leistungskurs auf den Golfplatz mitgenommen. An dem Tag haben alle realisiert, was es eigentlich bedeutet, Golfprofi zu sein und wie schwer es tatsächlich ist. Der Sport wird ja leider immer noch belächelt.
SPOX: Sie persönlich auch?
Lampert: Auf jeden Fall. Gerade am Anfang nahmen mich viele nicht ernst. Aber der Golfsport wird immer athletischer. Das, was Tiger Woods praktisch eingeführt hat, zieht sich heute durch den gesamten Leistungssport, vor allem in der Jugend. Als die Leute gesehen haben, wie fit ich körperlich war, obwohl ich Golfer bin, stieg die Anerkennung. Leider wird Golf teilweise immer noch als Seniorensport angesehen. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es ist noch schwer, dieses Denken aus den Köpfen zu bekommen.
SPOX: 2015 sind Sie neben Martin Kaymer, Marcel Siem, Max Kieffer und Florian Fritsch der fünfte Deutsche auf der European Tour. Haben Sie sich schon Tipps abgeholt?
Lampert: Mit Max Kieffer bin ich sehr gut befreundet. Wir haben viel Kontakt, auch mit Martin und Marcel. Es ist schön, dass sie sich trotz ihres Erfolgs nicht zu schade sind, mir Ratschläge zu geben. Sie sind stets offen für Fragen. Ich bin ein junger Spieler und stehe am Anfang meiner Karriere und wenn ich von solch erfahrenen, mehrfachen Tour-Siegern Rat bekomme, ist es natürlich umso besser.
SPOX: Was geben die Ihnen denn mit auf den Weg, wenn es jetzt um den Wechsel auf die große European Tour geht?
Lampert: Man darf die Freude am Golfen nicht verlieren. Natürlich ist es unser Beruf und wir wollen damit Geld verdienen und die Weltrangliste hinaufklettern, aber an sich sollte man es immer noch als Spiel betrachten. Das raten sie mir immer wieder.
SPOX: Wie ist generell ihr Verhältnis zu anderen Golfern auf der Tour? Im Endeffekt ist man doch ein Einzelgänger, oder?
Lampert: Absolut. Wir reisen 30, 35 Wochen im Jahr quer durch die ganze Welt. Wenn man dauernd alleine ist, wird man schnell einsam. Mein Glück im Amateurlager war es, dass ich noch ziemlich viele der Spieler kannte. Max und ich spielen die gleichen Turniere und können dann oft gemeinsam zu Abend essen.
SPOX: Woher nehmen Sie dann die Unterstützung, wenn Sie alleine von Turnier zu Turnier ziehen?
Lampert: Um Leistungssportler zu sein und seine Ziele zu erreichen, ist Eigenmotivation das wichtigste aller Attribute. Wer keine Selbstdisziplin hat, wird niemals erfolgreich sein.
SPOX: Und davon ist schließlich Ihr Einkommen abhängig. Gab es schon Zeiten, in denen Sie zusehen mussten, wie Sie über die Runden kommen?
Lampert: Natürlich spielt das Preisgeld eine große Rolle. Ohne finanzstarke Partner wäre es aber ohnehin nicht möglich. Ich stehe noch am Anfang meiner Karriere und bin extrem glücklich über meine Sponsoren. Dank ihnen spüre ich noch keinen finanziellen Druck. Ich möchte aber auch in nächster Zeit nicht um meine Existenz spielen müssen.
SPOX: Wonach es derzeit auch nicht aussieht. In der abgelaufenen Saison haben Sie sich mit ihrem dritten Turniersieg im August erneut frühzeitig das Ticket für die European Tour gesichert. Anstatt die Saison in der Challenge Tour zu Ende zu spielen, wechselten Sie daraufhin aber direkt auf die European Tour. Warum?
Lampert: Da ich der Erste war, der 2014 drei Turniere gewann, wurde mir die beste Spielkategorie zugeteilt, die ich mir hätte erarbeiten können. Ich wurde Vierter in der Gesamtrangliste, aber selbst wenn ich Erster geworden wäre, hätte ich keinen besseren Koeffizienten für dieses Jahr erhalten. Deswegen hat es im Ausblick auf 2015 keinen Sinn gemacht, weiter auf der Challenge Tour zu spielen. Außerdem fanden auf der European Tour noch große Turniere statt und es war mir wichtig, mich wieder an die Plätze zu gewöhnen. Die sind dort deutlich schwerer. Auch das Umfeld ist nicht miteinander vergleichbar: Auf der Challenge Tour ist alles noch sehr klein und familiär.
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SPOX: In Dänemark haben Sie Ihr Comeback auf der European Tour gegeben. Was war das für ein Gefühl?
Lampert: Es war beeindruckend, wie viele Spieler von meinem erfolgreichen Saisonverlauf mitbekommen hatten. Jeder hat mir persönlich gratuliert. Zudem waren dort die meisten Zuschauer, die ich je gesehen habe. So viele sind mit mir mitgelaufen. Das war einfach genial. Dänemark hatte zehn Jahre kein Tour Event - bei so einem Turnier sein Comeback zu geben, war gigantisch.
SPOX: Sind die Zuschauer ein Faktor, der während Ihrer Runde auf Sie einwirkt?
Lampert: Ich freue mich immer, wenn Zuschauer dabei sind. Nicht, dass mich das besser machen würde, aber es ist toll, für einen guten Schlag Applaus zu erhalten und nicht nur vom Caddie gesagt zu bekommen: "Das hast du schön gemacht."
SPOX: Beim großen Saisonabschluss der Challenge Tour in Dubai waren Sie ein letztes Mal mit dabei. Mit einem Ergebnis von sieben über Par hatten Sie aber nichts mit dem Turniersieg zu tun. Hatten Sie da mental schon mit der Challenge Tour abgeschlossen?
Lampert: Rückblickend glaube ich, dass die Saison zu anstrengend war. Ich war gegen Ende nicht mehr hundertprozentig fit. Auf der zweiten Runde habe ich mich zudem leider verletzt. Da kam alles zusammen. Vom Spiel her war es eigentlich ganz gut, aber das Ergebnis war es nicht.
SPOX: Mittlerweile sind Sie wieder fit. Hat Sie Ihr Fitnesstrainer Christian Marysko im Winter ordentlich in die Mangel genommen?
Lampert: Ich schätze an all meinen Trainern, dass jeder seine Meinung vertritt und sie nicht versuchen, mir immer nur gut zuzureden. Es gibt ab und zu mal hitzige Diskussionen, was wirklich gut ist. Generell versuchen die Trainer mich aber eher zu bremsen, damit ich nicht zu viel trainiere.
SPOX: Wann steigen Sie auf der European Tour wieder ein?
Lampert: Die Verletzung war nur eine Kapselentzündung im rechten Handgelenk. Das war der Grund, weshalb ich den Saisonstart in Südafrika verpasst habe. Mein erstes Turnier wird Abu Dhabi ab dem 15. Januar sein.
SPOX: Sie betreten dabei kein Neuland. Schon einmal qualifizierten Sie sich für die Tour: 2012 über die Q-School.
Lampert: Die Q-School sind die schlimmsten Runden für jeden Spieler. Jeder kann sich anmelden, gespielt wird in drei Qualifikationsstufen. Es gibt mehrere Tausend Teilnehmer und am Ende erhalten 25 Leute ihre Spielberechtigung.
SPOX: Zu denen auch Sie gehörten.
Lampert: Ich hatte die Hoffnung, etwas zu erreichen und war auch ziemlich nervös, aber ich habe mir keinen großen Druck gemacht. Das war wohl der Faktor, weshalb ich mich komplett auf mein Spiel konzentrieren konnte und so erfolgreich war.
SPOX: Mit der Startberechtigung in der Tasche nahmen Sie sich der Herausforderung European Tour an. Bei 22 Turnieren gelang Ihnen 2013 aber nur viermal der Cut. War der Schritt zu früh?
Lampert: Nach der Q-School folgte erst einmal ein Riesenhype. Ich hatte es als Amateur und jüngster Teilnehmer geschafft. Trotzdem war ich nicht überrascht, als ich es geschafft hatte, weil ich wusste, dass ich gut spiele. Vom Amateurgolf auf die European Tour ging aber alles sehr schnell. Ich war körperlich und vom Spiel her noch nicht bereit, vorne mitzuspielen. Der Einstieg über die Challenge Tour wäre wohl leichter gewesen. Ich habe ein Jahr auf die Mütze bekommen, aber gut daraus gelernt. Das war auch der Grundstein für das erfolgreiche Jahr 2014.
SPOX: Viele nannten Sie schon "The next Martin Kaymer". Wie geht man als junger Golfer mit so einem Druck um?
Lampert: Es ist schwierig, damit klar zu kommen. Als Amateurgolfer kannte ich zwar Medien und hatte mal hier ein Interview oder da einen Bericht. Aber auf einmal wurde es echt viel. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umzugehen hatte. Das hat meine Konzentration bei dem gestört, was ich nun mal mache: Den weißen Ball über die Wiese schlagen. Dass ich mit Martin verglichen wurde, ist schön, weil die Leute glauben, dass ich so gut werden kann wie er. Nummer eins der Welt, Majors gewinnen und den Ryder Cup spielen - das ist schließlich das, wo ich hin will.
SPOX: Sie sind aber kein Einzelfall. Warum scheitern viele verheißungsvolle Talente an diesem Umstieg auf die höchste europäische Turnierstufe?
Lampert: Wir sind zwar aus dem Amateurgolf gewöhnt, viel zu reisen, jedoch ist das kein Vergleich zur European Tour. Dort gibt es einen Turnierplan, der bedeutet, in zwei aufeinanderfolgenden Wochen auf zwei Kontinenten zu spielen. Unterschiedliches Klima, Platzbeschaffenheit und viele weitere Faktoren wirken plötzlich mit ein. Es geht viel um Selbstüberzeugung und Aggressivität. Durch das ganze Drumherum driftet man schnell ab und steckt auf einmal in einem Nirwana. Wenn man plötzlich nicht mehr weiß, woran gewisse Dinge liegen, stellt man vielleicht seine Trainer oder das Umfeld infrage, obwohl es wahrscheinlich an etwas ganz anderem liegt.
SPOX: Befürchten Sie 2015 ein ähnliches Szenario?
Lampert: Ich fühle mich besser vorbereitet und weiß, was mich erwartet. Ich kenne mittlerweile die meisten Plätze, auf denen wir spielen. Ich glaube, dass ich insgesamt als Person und Spieler größer und besser geworden bin.
SPOX: Marcel Siem sagte, Sie waren damals körperlich noch nicht stark genug und es fehlte Ihnen an der Schlagweite. Haben sich diese Komponenten mittlerweile verbessert?
Lampert: Ich bin auf jeden Fall stärker und schlage den Ball auch weiter. Der athletische Aspekt wird im Golf immer wichtiger. Die Plätze werden immer länger, die anderen Spieler schlagen den Ball immer weiter. Mit einer größeren Schlagweite ist es natürlich einfacher. Im Vergleich zu den meisten anderen Spielern auf der Tour bin ich relativ klein, weshalb ich nicht deren Hebelkraft besitze. Deswegen ist es für mich umso wichtiger, fit zu sein.
SPOX: Gibt es denn Eigenschaften, die Sie gerne von einem anderen Golfer hätten?
Lampert: Was Marcel Siem und Rory McIlroy gemeinsam haben, ist ihre Aggressivität auf dem Platz. Immer nach vorne und nur auf den Sieg zu spielen. Da kann ich mir wirklich etwas abschauen.
SPOX: Mit welchen Erwartungen starten Sie den neuen Anlauf?
Lampert: Erst einmal will ich meine Spielberechtigung für das nächste Jahr halten. Das geht nach verdientem Preisgeld. Die besten 110 sind im folgenden Jahr wieder mit dabei. Der 111. muss zurück zur Qualifying School. Ich glaube, wenn ich mein Potenzial abrufe, werde ich auf der European Tour vorne mitspielen können.
SPOX: Und langfristig?
Lampert: Ich habe 2010 für Europa schon beim Junior Ryder Cup gespielt. Im Ryder Cup spielen die besten Zwölf Europas und das ist es, wo ich hin will - in die Weltspitze. Die Stimmung ist unvergleichbar mit allem, was wir sonst haben. Es gibt nichts Größeres als den Ryder Cup. In den nächsten Jahren finden aber so viele geniale Golfwettbewerbe statt, unter anderem auch Olympia. Ich freue mich auf all diese Herausforderungen.
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