"Auf einmal steckt man im Nirwana"

Von Interview: Benedikt Treuer
Da geht's lang, oder? Moritz Lampert möchte einmal dort stehen, wo Martin Kaymer schon ist
© getty
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SPOX: In Dänemark haben Sie Ihr Comeback auf der European Tour gegeben. Was war das für ein Gefühl?

Lampert: Es war beeindruckend, wie viele Spieler von meinem erfolgreichen Saisonverlauf mitbekommen hatten. Jeder hat mir persönlich gratuliert. Zudem waren dort die meisten Zuschauer, die ich je gesehen habe. So viele sind mit mir mitgelaufen. Das war einfach genial. Dänemark hatte zehn Jahre kein Tour Event - bei so einem Turnier sein Comeback zu geben, war gigantisch.

SPOX: Sind die Zuschauer ein Faktor, der während Ihrer Runde auf Sie einwirkt?

Lampert: Ich freue mich immer, wenn Zuschauer dabei sind. Nicht, dass mich das besser machen würde, aber es ist toll, für einen guten Schlag Applaus zu erhalten und nicht nur vom Caddie gesagt zu bekommen: "Das hast du schön gemacht."

SPOX: Beim großen Saisonabschluss der Challenge Tour in Dubai waren Sie ein letztes Mal mit dabei. Mit einem Ergebnis von sieben über Par hatten Sie aber nichts mit dem Turniersieg zu tun. Hatten Sie da mental schon mit der Challenge Tour abgeschlossen?

Lampert: Rückblickend glaube ich, dass die Saison zu anstrengend war. Ich war gegen Ende nicht mehr hundertprozentig fit. Auf der zweiten Runde habe ich mich zudem leider verletzt. Da kam alles zusammen. Vom Spiel her war es eigentlich ganz gut, aber das Ergebnis war es nicht.

SPOX: Mittlerweile sind Sie wieder fit. Hat Sie Ihr Fitnesstrainer Christian Marysko im Winter ordentlich in die Mangel genommen?

Lampert: Ich schätze an all meinen Trainern, dass jeder seine Meinung vertritt und sie nicht versuchen, mir immer nur gut zuzureden. Es gibt ab und zu mal hitzige Diskussionen, was wirklich gut ist. Generell versuchen die Trainer mich aber eher zu bremsen, damit ich nicht zu viel trainiere.

SPOX: Wann steigen Sie auf der European Tour wieder ein?

Lampert: Die Verletzung war nur eine Kapselentzündung im rechten Handgelenk. Das war der Grund, weshalb ich den Saisonstart in Südafrika verpasst habe. Mein erstes Turnier wird Abu Dhabi ab dem 15. Januar sein.

SPOX: Sie betreten dabei kein Neuland. Schon einmal qualifizierten Sie sich für die Tour: 2012 über die Q-School.

Lampert: Die Q-School sind die schlimmsten Runden für jeden Spieler. Jeder kann sich anmelden, gespielt wird in drei Qualifikationsstufen. Es gibt mehrere Tausend Teilnehmer und am Ende erhalten 25 Leute ihre Spielberechtigung.

SPOX: Zu denen auch Sie gehörten.

Lampert: Ich hatte die Hoffnung, etwas zu erreichen und war auch ziemlich nervös, aber ich habe mir keinen großen Druck gemacht. Das war wohl der Faktor, weshalb ich mich komplett auf mein Spiel konzentrieren konnte und so erfolgreich war.

SPOX: Mit der Startberechtigung in der Tasche nahmen Sie sich der Herausforderung European Tour an. Bei 22 Turnieren gelang Ihnen 2013 aber nur viermal der Cut. War der Schritt zu früh?

Lampert: Nach der Q-School folgte erst einmal ein Riesenhype. Ich hatte es als Amateur und jüngster Teilnehmer geschafft. Trotzdem war ich nicht überrascht, als ich es geschafft hatte, weil ich wusste, dass ich gut spiele. Vom Amateurgolf auf die European Tour ging aber alles sehr schnell. Ich war körperlich und vom Spiel her noch nicht bereit, vorne mitzuspielen. Der Einstieg über die Challenge Tour wäre wohl leichter gewesen. Ich habe ein Jahr auf die Mütze bekommen, aber gut daraus gelernt. Das war auch der Grundstein für das erfolgreiche Jahr 2014.

SPOX: Viele nannten Sie schon "The next Martin Kaymer". Wie geht man als junger Golfer mit so einem Druck um?

Lampert: Es ist schwierig, damit klar zu kommen. Als Amateurgolfer kannte ich zwar Medien und hatte mal hier ein Interview oder da einen Bericht. Aber auf einmal wurde es echt viel. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umzugehen hatte. Das hat meine Konzentration bei dem gestört, was ich nun mal mache: Den weißen Ball über die Wiese schlagen. Dass ich mit Martin verglichen wurde, ist schön, weil die Leute glauben, dass ich so gut werden kann wie er. Nummer eins der Welt, Majors gewinnen und den Ryder Cup spielen - das ist schließlich das, wo ich hin will.

SPOX: Sie sind aber kein Einzelfall. Warum scheitern viele verheißungsvolle Talente an diesem Umstieg auf die höchste europäische Turnierstufe?

Lampert: Wir sind zwar aus dem Amateurgolf gewöhnt, viel zu reisen, jedoch ist das kein Vergleich zur European Tour. Dort gibt es einen Turnierplan, der bedeutet, in zwei aufeinanderfolgenden Wochen auf zwei Kontinenten zu spielen. Unterschiedliches Klima, Platzbeschaffenheit und viele weitere Faktoren wirken plötzlich mit ein. Es geht viel um Selbstüberzeugung und Aggressivität. Durch das ganze Drumherum driftet man schnell ab und steckt auf einmal in einem Nirwana. Wenn man plötzlich nicht mehr weiß, woran gewisse Dinge liegen, stellt man vielleicht seine Trainer oder das Umfeld infrage, obwohl es wahrscheinlich an etwas ganz anderem liegt.

SPOX: Befürchten Sie 2015 ein ähnliches Szenario?

Lampert: Ich fühle mich besser vorbereitet und weiß, was mich erwartet. Ich kenne mittlerweile die meisten Plätze, auf denen wir spielen. Ich glaube, dass ich insgesamt als Person und Spieler größer und besser geworden bin.

SPOX: Marcel Siem sagte, Sie waren damals körperlich noch nicht stark genug und es fehlte Ihnen an der Schlagweite. Haben sich diese Komponenten mittlerweile verbessert?

Lampert: Ich bin auf jeden Fall stärker und schlage den Ball auch weiter. Der athletische Aspekt wird im Golf immer wichtiger. Die Plätze werden immer länger, die anderen Spieler schlagen den Ball immer weiter. Mit einer größeren Schlagweite ist es natürlich einfacher. Im Vergleich zu den meisten anderen Spielern auf der Tour bin ich relativ klein, weshalb ich nicht deren Hebelkraft besitze. Deswegen ist es für mich umso wichtiger, fit zu sein.

SPOX: Gibt es denn Eigenschaften, die Sie gerne von einem anderen Golfer hätten?

Lampert: Was Marcel Siem und Rory McIlroy gemeinsam haben, ist ihre Aggressivität auf dem Platz. Immer nach vorne und nur auf den Sieg zu spielen. Da kann ich mir wirklich etwas abschauen.

SPOX: Mit welchen Erwartungen starten Sie den neuen Anlauf?

Lampert: Erst einmal will ich meine Spielberechtigung für das nächste Jahr halten. Das geht nach verdientem Preisgeld. Die besten 110 sind im folgenden Jahr wieder mit dabei. Der 111. muss zurück zur Qualifying School. Ich glaube, wenn ich mein Potenzial abrufe, werde ich auf der European Tour vorne mitspielen können.

SPOX: Und langfristig?

Lampert: Ich habe 2010 für Europa schon beim Junior Ryder Cup gespielt. Im Ryder Cup spielen die besten Zwölf Europas und das ist es, wo ich hin will - in die Weltspitze. Die Stimmung ist unvergleichbar mit allem, was wir sonst haben. Es gibt nichts Größeres als den Ryder Cup. In den nächsten Jahren finden aber so viele geniale Golfwettbewerbe statt, unter anderem auch Olympia. Ich freue mich auf all diese Herausforderungen.

Seite 1: Lampert über ein festgefahrenes Image und finanzielle Abhängigkeit

Seite 2: Lampert über Anlauf zwei, Kaymer-Vergleiche und das Ziel, der Beste zu sein

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