McIlroy vs. Reed - besser als Sex!

Florian Regelmann
03. Oktober 201618:56
Team USA hat den Ryder Cup 2016 gewonnengetty
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Team USA gewinnt in Hazeltine dank eines außerirdischen Patrick Reed nach 2993 Tagen mal wieder den Ryder Cup, der Jubel danach ist aber ein einziger Witz. Martin Kaymer wird von Europa böse im Stich gelassen, der neue Superstar heißt Thomas Pieters und Danny Willetts Woche ist mal so richtig scheiße. Warum? Zu viele Schwachköpfe!

10. Amis, war das eine erbärmliche Feier! So, nachdem wir uns das jetzt über drei Tage knapp 30 Stunden lang angeschaut und angehört haben, könnten wir an dieser Stelle jetzt ehrlich sein. Wir könnten ehrlich sein und sagen, was wir uns in den vergangenen Tagen öfter mal gedacht haben. Nämlich, dass Danny Willetts Bruder P.J. mit seiner kleinen Kritik (höhö) an den US-Fans ("Zusammenrottung von Schwachköpfen") natürlich absolut Recht hatte ...

Meine Fresse, was sind da für Idioten rumgelaufen in Hazeltine. Meine Fresse, was mussten sich die Europäer da anhören. Meine Fresse, wie einem dieses "Baba Boey!"- und "Cheeseburger"-Gebrüll auf die Nerven geht. Das nächste Mal stellen wir uns auch an den Abschlag und schreien: "Pizza!"

Dazu dieser unfassbar dämliche "I believe that we will win!"-Chant. Gott, war das schlecht. Achtung, jetzt kommt der an dieser Stelle gesetzlich vorgeschriebene Satz, dass das nur eine kleine Minderheit war und der Großteil der US-Fans sich superduperklasse verhalten hat. Was sicher irgendwo auch stimmt. Zumal man sagen muss, dass sich das ganze US-Team in der Tat überragend benommen hat und immer eingeschritten ist, wenn die Idioten unter den eigenen Fans zu weit gingen.

Eins ist auf jeden Fall klar: Der Siegputt von Ryan Moore war der langweiligste Siegputt ever. Und was danach an Jubel kam, war ziemlich verheerend. Da war ja nix los, Amis! Da waren ja kurz danach kaum noch Fans da, wenn man das mit den Massenbewegungen von Gleaneagles vergleicht. Na ja, wir zeigen Euch in zwei Jahren in Paris dann wieder, wie das richtig geht. Bis dahin bleibt aus europäischer Sicht nur zu sagen: Glückwunsch, USA! Auch Glückwunsch, Schwachköpfe!

9. Einfacher geht's nimmer! In den Singles wurden insgesamt 202 Löcher gespielt, dabei notierten wir sage und schreibe 124 Birdies und 5 Eagles. Keine Frage, das war vor allem das Resultat von unfassbarem Golf. Wir müssen aber auch feststellen, dass Team USA den Heimvorteil auch so nutzte, indem der Platz fast schon aberwitzig einfach hergerichtet wurde.

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Wer auch immer für den Sonntag die Fahnen steckte, hatte einen einfachen Job. Er steckte sie im Prinzip an jedem Loch Mitte Grün. "Das Setup war unglaublich schwach. Es hat sich wie ein Pro-Am angefühlt und vor allem die Fahnenposition an der 17 war ein einziger Witz", meinte so auch Justin Rose. Gut, der hatte auch das Unmögliche geschafft und gegen Rickie Fowler verloren, da wären wir alle sauer gewesen.

8. "Es war scheiße, richtig scheiße!" Okay, woran hat es aus Sicht von Team Europe also gelegen? Es ist relativ einfach: Wie immer war der Ryder Cup am Ende ein Putting-Contest und dieses Mal hat Team USA nach langer Zeit mal wieder mehr und entscheidendere Putts gelocht. Wenn ich es mir gerade nochmal überlege: Lecko mio, was haben die alles gelocht. Unschön war das.

Punkt 2 war sicherlich, dass Europa zu viele Totalausfälle hatte. Europas Topstars waren nicht alle ganz auf der Höhe (Rosey vor allem), was aufgrund der vielen Ausfälle auch einfach nicht kompensiert werden konnte. Als man die Singles-Aufstellung für Sonntag sah, war die erste Reaktion ja klar: Wie soll Europa da hinten raus Matches gewinnen? So kam es ja dann auch. Mit Danny Willett, Lee Westwood, Andy Sullivan und Matt Fitzpatrick blieben vier Spieler ohne einzigen Punkt, das war bei den Amis viel breiter aufgestellt.

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Besonders für Westwood und Willett war es eine absolute Albtraum-Woche. Wildcard-Pick Westwood ist schuld, dass Thomas Pieters überhaupt ein Match verlor. Denn er vergeigte am Freitagfrüh die Foursomes. Dann nahm sich Westy raus, um zu trainieren, kam Samstagnachmittag wieder rein und vergeigte ein Fourball-Match an der Seite von Willett, das Europa niemals hätte verlieren dürfen. Niemals. Wie er den Putt an der 18 zum halben Punkt nicht machen konnte, wird er sich noch länger fragen. Und am Sonntag führte er gegen Moore 2 up nach der 15, nur um das Match auch noch zu verlieren.

Hölle. Und nur noch zu übertreffen von Willetts Woche. Wird erst von seinem Bruder unter den Bus geworfen, wie der Amerikaner sagt, kann sich nicht auf sein Spiel und Debüt konzentrieren - und kriegt dann in drei Matches jedes Mal einen drüber. Bester Moment der Pressekonferenz am Sonntagabend: "Hey Danny, wie würdest Du deine Woche zusammenfassen?" Willett: "Scheiße! Soll ich weiter ausführen? Richtig Scheiße!"

Zu wenige Putts gelocht, zu viele Ausfälle, was noch? Ganz klar: Ian Poulter war nur als Vice Captain da. Schon bitter, wenn Poults und dessen Inspiration fehlt ...

7. Europa lässt Kaymer im Stich! Es war eigentlich alles angerichtet wie in Medinah. Martin Kaymer hatte keinen guten Ryder Cup und wurde vom Captain irgendwo ans Ende der Reihenfolge für die Singles gesetzt. Dann geht der Spaß los, es passieren die unfassbarsten Sachen überall - aber vom Kaymer-Match sieht man natürlich praktisch nichts. Irgendwie spielt er so seine Pars vor sich hin und liegt gegen Matt Kuchar sogar nach der 7. Bahn 3 down.

Doch plötzlich geschehen auf der Back Nine wundersame Dinge. Kaymer macht Birdies! Von der 14 bis zur 16 sogar drei am Stück, mehr als an den ganzen Tagen davor zusammen?! Kaymer dreht das Match, er bekommt plötzlich noch massig Air-Time im TV, aber das große Problem: Europa hat zu dem Zeitpunkt schon verloren. Skandal! Na ja, Kaymer macht immerhin wieder den letzten Putt des Ryder Cups und gewinnt sein Match tatsächlich noch 1 up.

Wenn er das nicht getan hätte, hätten wir ihn leider auch in die Ecke der Totalausfälle stellen müssen. Es war schon ein richtig schwieriger Ryder Cup für den Deutschen, der die Wildcard von Darren Clarke leider nicht rechtfertigen konnte. Kaymer konnte in seinen drei verlorenen Vierern extrem wenig beitragen, weil er einfach keine Putts lochte.

Dass Clarke Sergio Garcia und Rafa Cabrera Bello am Samstagnachmittag auseinander riss und Cabrera Bello durch Kaymer ersetzte, ist eine der Entscheidungen, die im Nachhinein keiner verstehen konnte ...

6. Thomas Pieters Superstar!! Thomas Pieters???? Den kanntet Ihr in den USA wohl vorher nicht, was?! Jetzt kennt Ihr ihn! 4 Punkte als Rookie beim Ryder-Cup-Debüt, Rekord! Dieser Junge ist echt der Wahnsinn!

Der 24-jährige Belgier haut den Ball nicht nur brutal weit, er hat nicht nur ein richtig starkes kurzes Spiel und puttet überragend, er ist vor allem ein ganz lässiger Typ. Pieters wirkt immer so ruhig, aber das täuscht. Allein wie er am Samstagmorgen um 7.45 Uhr Ortszeit an der 1 einen eminent wichtigen Putt lochte und sofort den Finger vor den Mund nahm, um die Amis leise zu kriegen - Weltklasse-Aktion!

Wahnsinn, wie viele krasse Putts Pieters an allen Tagen lochte. Beeindruckend, wie er am Sonntag gegen keinen schlechten J.B. Holmes sofort 2 down war nach 2, das Match aber eigentlich trotzdem dann ungefährdet gewann. Egal wer in Paris Europas Captain sein wird: McIlroy/Pieters darf schon mal als gesetzt angesehen werden.

Ebenfalls ein geiler Hund: Rafa Cabrera Bello.

5. Ryder-Cup-Legende Phil Mickelson: Niemand hatte mehr Druck als Mickelson. Er war es, der vor zwei Jahren in Gleaneagles Captain Tom Watson öffentlich angriff. Er war der Leader hinter der als Folge installierten Weltklasse-Task-Force. Er war der Leader im Team Room.

Er war es, der in Hazeltine auch nochmal Hal Sutton eine Ohrfeige verpasste, weil der ihn 2004 mit Tiger zusammenspielen ließ und ihm erst kurzfristig Bescheid gab. Fies! Dass er damals genau in der Woche sein Equipment wechselte, verschwieg Mickelson. Egal. Fakt ist: Er war der heimliche Captain in Hazeltine. Den Ryder Cup wieder zurückzugewinnen, war seine Mission.

Wie er sie am Ende erfolgreich meisterte, war zugegeben auch bockstark. In seinen ersten Matches zusammen mit Fowler spielte Mickelson noch katastrophal, aber am Ende der Woche machte er im Einzel 10 Birdies und lochte Downhill-Putts links und rechts, wie es atemberaubender nicht ging. Ob Sieg oder Niederlage, es war Mickelsons Ryder Cup. Jetzt hat er ihn gewonnen und verlässt Minnesota mit jetzt insgesamt 22 Karriere-Punkten, nur noch Billy Casper (23,5) und Arnold Palmer (23) sind vor ihm.

4. Phil vs. Sergio - wow! Es gab in der Geschichte bekanntlich schon viele denkwürdige Matches, wie etwa Mickelson vs. Rose 2012 oder Faldo vs. Strange 1995. Aber was uns Mickelson und Garcia da am Sonntag auf dem Weg zum geteilten Punkt boten, war vielleicht das beste Match aller Zeiten.

Die beiden spielten zusammen 19 Birdies, sie waren zusammen 18 unter Par und schossen im Best Ball eine 58! Da bist du am Ende neun unter Par und gewinnst das Match halt trotzdem nicht - irre. Es war eine unglaubliche Schlacht zweier Spieler, die den Ryder Cup lieben.

SPOX-Par-10 zur Open Championship: "BEEEEEEEEEEF!"

"Ich wurde in dieser Woche wahrscheinlich 300 Mal daran erinnert, dass ich kein Major gewonnen habe, aber ich liebe diese Momente. Ich liebe den Ryder Cup. Ich liebe es, für Europa zu spielen." Und dafür lieben wir dich, Sergio!

3. Liebeserklärung an Rory: Also für jemanden, der ganz am Anfang mal meinte, der Ryder Cup wäre nur eine Exhibition, gehst Du ganz schön ab, Rors! Zu beobachten, wie viel der Ryder Cup McIlroy bedeutet, war in dieser Woche definitiv eine der schönsten Geschichten. Es ging ja schon Freitagfrüh los, als McIlroy auf der Driving Range stand, als Justin Rose am 1. Tee angesagt wurde und sofort ein "Come on, Rosey!!!!" aus ihm herausschoss. Herrlich.

In der Folge sein genialer Eagle-Putt an der 16 mit anschließender Verbeugung. Rory wusste nach eigener Aussage schon vor dem Putt, wie er jubeln würde. Stark. Sein Kommentar: "Ich habe mich verbeugt und ihnen gesagt: 'Hey, Ihr seid herzlich zur Show eingeladen.'" Großes Kino.

Irgendwie hatte man das Gefühl, dass McIlroy gerade am Ende gegen Reed sogar so aufgepumpt war, dass er überdrehte, Energie einbüßte und so das Match verlor, das er unbedingt gewinnen wollte. Aber hey, das ändert nichts am Gesamteindruck. Wer nach dem Ryder Cup kein Rory-Fan ist, dem ist nicht zu helfen.

2. MVP? Patrick Reed! Lieber Patrick Reed, Du nervst. Weißt Du das? Du nervst sogar sehr! Es gibt keine zwei Meinungen: Der MVP des Ryder Cups 2016 heißt Patrick Reed. Der Typ hat sie ja nicht alle. Der Typ locht praktisch alles. Der Typ lebt für den Ryder Cup!

Reed ist so ein bisschen die US-Version von Ian Poulter. Eventuell wird er nie ein Major gewinnen, weil er die Ryder-Cup-Atmosphäre braucht, um sein absolut bestes Golf zu spielen. Reed trug einen, wenn man ehrlich ist, ziemlich schwachen Jordan Spieth auf seinen Schultern zu 2,5 Punkten in den Vierern. Der halbe Punkt am Samstagmorgen gegen Garcia/Cabrera Bello mag bei einem Ergebnis von 17:11 unbedeutend klingen, aber er war ganz entscheidend.

Reed/Spieth waren drauf und dran, das Match zu verlieren, nachdem sie bei noch 6 zu spielenden Löchern 4 up gewesen waren. Dass Reed den Par-Putt an der 18 lochte, war fürs Momentum unglaublich wichtig. Auch die Entscheidung von Vice Captain Woods, der für Reed/Spieth zuständig war, dass die beiden weiterspielen und keine Pause bekommen, war goldrichtig. Dass Reed vorher Tiger sagte, dass er sich bloß nicht trauen solle, ihn auf die Bank zu setzen, sagt viel über jemanden aus, der ohnehin ein bisschen was von Woods in sich hat.

Du konntest diesen Reed einfach nicht rausnehmen. Du musstest ihn auch am Sonntag ganz vorne rausschicken, weil er der Einzige war, der McIlroy schlagen konnte. Was sagte Reed zu seiner Frau Justine, als er Sonntagfrüh das Haus verließ. "Ich habe einen Job zu erledigen." Reeds Ryder-Cup-Bilanz steht nach zwei Teilnahmen jetzt bei 6-1-2. Mit dem Freak wird sich Europa noch für lange Zeit rumärgern müssen.

1. McIlroy vs. Reed - besser als Sex und so: Ich rede mit niemandem mehr ein Wort, der nicht gesehen hat, was da an der 8 abgegangen ist und der nicht sagt, dass das Geilste ist, was er jemals in seinem Leben gesehen hat.

Wann ist endlich 2018?????!!!!! P.S.: Habe davon geträumt, wie es ist, wenn McIlroy und Reed mal Captains sind.

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