"Lasst den Mann gesund werden!"

Martin Kaymer genießt bei der BMW International Open eines seiner seltenen Heimspiele
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SPOX: Im Tennis haben wir 2017 das Jahr der großen Comebacks mit dem Australian-Open-Sieg von Roger Federer und dem zehnten French-Open-Titel von Rafael Nadal. Sie sind ja auch ein großer Tennisfan. Welche Inspiration können Sie sich daraus ziehen?

Kaymer: Es ist vor allem so beeindruckend, weil die Beiden ja schon so viel erreicht haben und trotzdem den Hunger haben, jetzt in diesem Jahr nochmal so aufzutrumpfen. Nadal ist fast bei jedem Turnier gefühlt verletzt und jetzt zieht er in Paris so durch, dass er den Titel ohne Satzverlust nach Hause bringt. Das ist schon krass und auch inspirierend. Bei Roger fasziniert mich, dass er so ein wahnsinniges natürliches Talent hat, dass er bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht wirklich viel arbeiten musste. Dann aber das Feingefühl und Gespür zu entwickeln, was er erreichen kann, wenn er jetzt zu seinem Talent noch die ganze Arbeit investiert, ist besonders.

SPOX: Im Tennis gibt es aktuell revolutionäre Ideen, die den Sport voranbringen sollen. Mit GolfSixes hat man auch auf der European Tour in diesem Jahr etwas anderes probiert. Muss sich auch Golf öffnen, um für die Kids attraktiver zu werden?

Kaymer: Ein großes Problem ist, dass die Turniere zu lange dauern. Du kannst niemanden an den Sport heranführen, wenn eine Runde fünf oder sechs Stunden dauert. Wenn ich gerade als Amateur am Wochenende spielen möchte und weiß, dass ich für eine Runde teilweise sechs oder sieben Stunden unterwegs bin, dann habe ich darauf keinen Bock. Das weiß jeder. Ich selbst habe auch keine Lust darauf. Ich bin ein großer Fan von 9-Loch-Plätzen. Nach der Arbeit noch 9 Loch spielen in 90 Minuten, danach sich auf die Terrasse setzen bei einer Currywurst und einem Radler - das ist super. Die European Tour probiert einige Dinge aus, um Golf zugänglicher zu machen für Jugendliche, aber es ist auch schwierig. Golf ist eine Sportart, in der so viel eingebürgert und festgefahren ist, aber ich finde es auf jeden Fall gut, dass die Tour wenigstens mutig ist und Sachen probiert. Nur so kannst du ja sehen, ob es klappt oder nicht.

SPOX: Im Basketball wird es bei den nächsten Olympischen Spielen zum Beispiel 3-gegen-3 geben, was ein spektakuläres Format werden sollte. Sie werden in Tokio sicher auch wieder dabei sein, man hat in Rio ja schon gemerkt, wie sehr Sie dieses Olympia-Erlebnis im Gegensatz zu vielen anderen Golfern wollten und dann aufgesaugt haben. Was hat Rio für Sie besonders gemacht?

Kaymer: Für mich war es wichtig dabei zu sein, weil ich dadurch die Gelegenheit hatte, andere Sportler kennenzulernen, die genau das gleiche durchgemacht haben wie ich. Ja, es ist ein anderer Sport und ja, die Art und Weise unterscheidet sich, aber das Ziel ist das gleiche. Es war eine tolle Erfahrung für mich, da Vergleiche zu sich selbst zu ziehen und daraus zu lernen. Einfach auch zu sehen und zu hören, wie andere Sportler trainieren und was sie alles investieren für diesen Olympia-Traum. Ein Olympia-Traum, der ja manchmal nur vier Sekunden dauert. Vier Jahre Training für ein paar Sekunden, das muss man sich mal vorstellen. Viele haben ja noch einen Nebenjob, weil es sonst gar nicht gehen würde. Aber dennoch würde jeder alles dafür geben, das war schön zu sehen. Es war mit Sicherheit auch viel Input am Anfang, weil ich wirklich alles mitgemacht habe. Ich habe im olympischen Dorf gewohnt, war mehrfach im deutschen Haus und habe jeden Tag in der Mensa gegessen, morgens, mittags, abends. Es war jetzt vielleicht nicht die ideale Vorbereitung auf das Turnier, aber jetzt weiß ich für Tokio, was auf mich zukommt. Für mich als Mensch war es auf jeden Fall sehr wichtig, Rio mitzuerleben.

SPOX: Wir haben vorhin schon über Werte gesprochen. Mit Helianthus haben Sie eine Stiftung gegründet, die Kindern durch den Sport auch Werte vermitteln soll. Was steckt dahinter?

Kaymer: Mit geht es wirklich um Kinder und die Themen Gesundheit, Bildung und Sport. Erwachsene sind alt genug, dass sie sich um sich selbst kümmern können, aber manche Kinder haben ohne Hilfe einfach keine Chance, etwas aus ihrem Leben zu machen. Wenn wir es durch die Stiftung schaffen, ein paar Kindern Freude zu bereiten und sie auf einen guten Weg zu bringen, dann bedeutet mir das viel. Ein Beispiel: Eine Freundin von mir leitet in Südafrika einen Kindergarten. Wir haben Geld gespendet, damit sie Spielsachen kaufen gehen können. Dann habe ich Videobotschaften der Kinder bekommen. Für die war es in ihrer Wahrnehmung schon viel zu viel. Wenn du siehst, welche Freude ein Kind hat, weil es einen gelben Fußball geschenkt bekommen hat, lässt mich das manchmal schon nachdenklich werden. Wir leben hier in einer Welt, in der das alles normal ist. Ich mache einen Sport, in dem viel Geld unterwegs ist. Wenn ich durch die Stiftung etwas zurückgeben kann, ist das eine tolle Sache für mich.

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