Es gab vor der EM in Österreich nicht wenige Experten, die dachten, dass es am letzten Vorrundenspieltag der Todesgruppe C zwischen Deutschland und Schweden um den ersten Platz und die beste Ausgangsposition für die Hauptrunde gehen würde.
Weit gefehlt. Während sich Polen und Slowenien auf einen längeren Aufenthalt einstellen können, müssen die Deutschen und Schweden aufpassen, dass am Samstag im Hotel "Grauer Bär" zu Innsbruck nicht die große Aufbruchstimmung ausbricht.
Schweden zu unkonstant
Die Ergebnisse des SPOX-Kretzschmar-Geheimtipps Schweden sind mindestens so enttäuschend wie die der DHB-Auswahl. 30 Minuten lang spielten die Tre Kronor gegen Slowenien groß auf, doch danach folgte ein totaler Einbruch. Auch gegen Polen schaffte es das Team des Trainerduos Staffan Olsson/Ola Lindgren nicht, über 60 Minuten konstant zu spielen.
Besonders auffällig: Schwedens Superstar Kim Andersson kommt bislang noch gar nicht in Fahrt. Gegen Slowenien wurde er durch eine knallharte Manndeckung praktisch komplett aus dem Spiel genommen - und auch gegen Polen konnte er sich nie so entfalten, wie man es vom Kieler Linkshänder aus der Bundsliga kennt.
Andersson: "Ich bin ja leider kein Zauberer"
"Das erste Spiel war natürlich sehr schwierig für mich. Da konnte ich nichts machen, ich bin ja leider kein Zauberer. Aber das muss man dann so akzeptieren und wenigstens versuchen, Platz für die Kollegen zu schaffen. Gegen Polen habe ich probiert, meine Tore zu machen oder entscheidende Pässe zu spielen, wenn die Chance da war. Das war schon besser, aber wenn wir nicht gewinnen, ist das auch egal", sagte Andersson im Gespräch mit SPOX.
Der 27-Jährige darf sich darauf gefasst machen, dass auch die deutsche Mannschaft ihn in seinen Kreisen stören wird. Andersson ist Schwedens einziger Shooter - nimmt man ihn aus dem Spiel, ist das häufig schon die halbe Miete. Dalibor Doder und Lukas Karlsson sind zwar vor allem mit Schlagwürfen gefährlich und können eine Abwehr auch in Verlegenheit bringen, aber sie haben nicht die Qualitäten eines Kim Andersson.
Zudem leisteten sich die Skandinavier im bisherigen Turnierverlauf viel zu viele leichte Fehler und vergaben eine Unmenge an hochkarätigen Chancen. Kommt einem bekannt vor?
Deutschland ist wie Schweden
Wer das deutsche und schwedische Team vergleicht, stellt tatsächlich fest, dass es sich in gewissem Sinne um identische Mannschaften dreht. Mit identischer Stärke. Und mit identischen Schwächen.
"Wenn es nicht läuft, verlieren wir alle gleichzeitig den Kopf. Wir laufen dann auf dem Feld herum wie besoffene Tiere. Das ist natürlich nicht das beste Gegenmittel, wenn man Probleme hat", erklärt Andersson.
Eine Erkenntnis der EM scheint zu sein, dass sowohl Deutschland als auch Schweden noch eine Zeit brauchen, bis sie wieder um einen großen Titel mitspielen können. Heiner Brands Umbruch ist auf die Olympischen Spiele 2012 ausgerichtet, bei den Schweden steht die Heim-WM im nächsten Jahr als großes Ziel auf dem Plan.
"Ich denke, dass die EM sehr wichtig für uns ist, weil wir jetzt merken, dass wir eine Nummer zu klein sind und dass wir viel Arbeit vor uns haben, bis wir bereit sind, um einen Platz in den Top 4 zu kämpfen. Polen oder Frankreich haben viele Spieler im Kader, die nicht mehr so jung sind. Auch bei denen wird es mal ein Tief geben. Dann sind wir da, dann schlagen wir zu", meint Andersson.
Hauptrunde? "Total ätzend"
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Was aktuell zählt, sind 60 Minuten, die darüber entscheiden werden, wer den sportlichen Gau abwenden kann. Wer das schafft, sollte aber deshalb nicht plötzlich wieder von einem möglichen Halbfinaleinzug sprechen.
Deutschland würde nämlich mit nur einem Punkt in die Hauptrunde starten, Schweden gar mit null Zählern. Keine schönen Aussichten, weiß auch Andersson: "Das ist natürlich total ätzend, wenn man ohne Punkte in die zweite Gruppenphase kommt. Aber wenn man auf die andere Gruppe schaut und sieht, welche Probleme Frankreich hat, muss man sagen, dass noch alles passieren kann. Jetzt geht es erstmal darum, dass wir am Samstag nicht wegen drei Kackspielen schon nach Hause fahren müssen."