SPOX: Erst einmal noch Gratulation zur deutschen Meisterschaft. Die Mannschaft ist ja danach sofort nach Mallorca abgedüst. Was ist denn da so passiert?
Pascal Hens: Wir haben uns gefreut, dass wir deutscher Meister geworden sind. (lacht) Jeder, der mal auf Malle war, weiß, was da so abgeht. Wir haben gefeiert, keine Frage. Alle waren sehr gut drauf und in ausgelassener Stimmung.
SPOX: Der Titel hat sich seit Wochen, eigentlich sogar seit Monaten abgezeichnet. Wann war der Zeitpunkt, an dem Sie wussten, dass nichts mehr anbrennen wird?
Hens: Schwer zu sagen. Es gab auf dem Weg zum Titel immer wieder Big Points, die wir gemacht haben. Wie unseren Sieg bei den Rhein-Neckar Löwen - Kiel hat uns mit der Niederlage in Magdeburg dann noch in die Karten gespielt. Wir hatten vier Spiele, um die Meisterschaft klarzumachen. Wir wollten es unbedingt vor heimischem Publikum schaffen, weil das etwas ganz Besonderes ist, diese Chance haben wir beim Schopf gepackt.
SPOX: Sie haben in Ihrer Karriere schon viel erreicht. Wo steht die Meisterschaft mit dem HSV im Pommes-Ranking?
Hens: Das ist schwer zu vergleichen. 2007 im eigenen Land den WM-Titel zu holen, ist ein geiles Gefühl gewesen. Aber für eine Meisterschaft muss man ein ganzes Jahr lang konstant Top-Leistungen bringen. Das haben wir geschafft - und darauf sind wir auch stolz. Wir haben lange auf diesen Moment hingearbeitet, es war ein sehr großer Schritt für uns.
SPOX: Was würden Sie denn als Schlüssel zum Titel bezeichnen?
Hens: Wir waren viel konstanter als in den letzten Jahren. Das hatte sicher auch damit zu tun, dass wir vor der Saison keine Abgänge verkraften mussten und mit Mimi Kraus nur einen Spieler dazu bekommen haben. Die Mannschaft kennt sich gut, wir spielen schon etwas länger zusammen, die Abläufe stimmen - es passt einfach. Das haben wir unter Beweis gestellt und vollkommen verdient die Meisterschaft gewonnen.
SPOX: Da können selbst Kiel-Fans nicht widersprechen. Die Frage, die sich jetzt stellt: Der THW hatte sechs Meisterschaften in Folge geholt, ist jetzt der HSV mit einer Dynastie dran?
Hens: Sagen wir mal so: Es war für uns extrem wichtig, es jetzt das erste Mal geschafft zu haben. Es ist zwar eine Plattitüde, aber in der nächsten Saison geht es wieder von vorne los. Es wird einige Teams geben, die sich die Meisterschaft zum Ziel setzen und die auch das Potenzial dafür haben. Wenn wir aber unsere Leistung abrufen, werden wir schwer zu schlagen sein. Keine Frage, wir wollen auch im nächsten Jahr wieder Meister werden. Und in zwei Jahren auch. Aber es geht so eng zu an der Spitze, da ist vieles möglich.
SPOX: Selbst in dieser überragenden Saison gab es Knackpunkte. Man denke an die Hinrunde und die Spiele gegen den THW und die Löwen.
Hens: Das stimmt. Es hängt häufig wirklich an Kleinigkeiten. Gegen Kiel und die Löwen haben wie beide Heimspiele nach Rückstand zur Pause noch gedreht und mit einem Tor gewonnen. Solche Siege pushen dich natürlich noch mal. Aber wenn es dumm läuft, hätten wir da auch zweimal verlieren können. Dann hätte die Welt vielleicht ganz anders ausgesehen. Es ist wirklich sehr eng.
SPOX: Fakt ist: Es wird einen Umbruch geben. Martin Schwalb wird Geschäftsführer. Per Carlen kommt als neuer Coach und bringt seinen Sohn Oscar als neue Waffe auf halbrechts gleich mit. Wie sehen Sie den Veränderungen entgegen?
Hens: Ich lasse mich mal überraschen. Ich habe sehr gut mit Martin Schwalb zusammengearbeitet, jetzt wird etwas ganz Neues kommen. Den neuen Trainer kenne ich noch nicht, insofern kann ich auch nichts zu ihm sagen. Ich weiß aber, dass sich unsere Ziele nicht verändern werden. Und ich weiß, dass Oscar Carlen ein Riesentalent ist, der in Flensburg gezeigt hat, was er drauf hat und der jeder Mannschaft weiterhelfen kann.
SPOX: Mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft ist die Saison jetzt schon überragend verlaufen, sie ist aber noch nicht vorbei. Am Wochenende steht das Final Four in der Champions League an. Es könnte also noch die Krönung der Krönung geben. Wie geht die Mannschaft die Aufgabe an?
Hens: Für uns gibt es nur ein Ziel und das heißt: Champions-League-Sieger. Das ist ganz klar. Wir haben es geschafft, ins Halbfinale zu kommen, jetzt wollen wir das Ding auch reißen. Wenn wir uns jetzt schon mit dem Erreichten zufrieden geben würden, wären wir ja verrückt. Es ist super, dass wir die Meisterschaft schon gewonnen haben, die werden wir auch noch mal gebührend feiern, aber die Konzentration lag jetzt sofort wieder auf dem Final Four. Wir wollen da ganz groß angreifen.
SPOX: Im Halbfinale geht es gegen Ciudad Real. Ein Duell, das eigentlich für sich spricht.
Hens: Wir haben in den letzten Jahren schon häufiger gegen Ciudad gespielt, es ist wahrlich kein Geheimnis, was einen erwartet. Es ist das gleiche Spiel oder Problem, das man in Spielen gegen die spanische Nationalmannschaft hat. Sie versuchen, immer wieder ihren kräftigen Kreisläufer Julen Aguinagalde einzusetzen. Wenn der seinen Körper in Stellung bringt, ist er immer schwer zu stoppen. Für uns ist wichtig, dass wir das Tempo hoch halten und unser Spiel machen, so wie wir es das ganze Jahr auch gemacht haben. Wir müssen uns sicher nicht verstecken.
SPOX: Heiner Brand wird sich das Final Four sicher auch vor Ort anschauen, aber er wird das zum letzten Mal als Bundestrainer tun. Was sagen Sie zu seinem Rücktritt?
Hens: Es hat sich in den letzten Wochen ja so ein bisschen angedeutet. Er war 14 Jahre Bundestrainer, das ist eine verdammt lange Zeit. Da kann man es schon nachvollziehen, wenn er jetzt einen Schlussstrich zieht. Vor allem, wenn ihm einige Sachen gegen den Strich gegangen sind, und eben nicht nur sportlich. Ich kann nicht beurteilen, was da genau vorgefallen ist, aber es wird schon ein Grund gewesen sein. Da hat er jetzt die Konsequenzen gezogen, das kann man nachvollziehen und sollte man auch akzeptieren.
SPOX: Wie hat sich denn Ihr Verhältnis zum Bundestrainer in all den Jahren verändert?
Hens: Der Bundestrainer war immer jemand, der die älteren Spieler als seine Ansprechpartner hatte. Als ich als junger Spiele dazu gestoßen bin, hatte ich erst einmal gar nicht viel mit ihm zu tun. Das war einfach seine Art. Im Laufe der Zeit bin ich dann ein älterer Spieler geworden, zuletzt sogar Kapitän, dann hat er sehr viel mit mir gesprochen. (lacht) Er hatte immer eine klare Hierarchie im Team. Er hatte vor allem sehr viel Erfolg als Bundestrainer. Ich bin ja in der Glanzzeit zum Team dazu gekommen, dafür bin ich auch sehr dankbar. Auch wenn es sportlich am Ende jetzt nicht so toll war und es vielleicht einen faden Beigeschmack hat, überwiegen eindeutig die riesigen Erfolge.
SPOX: Zum Abschluss muss der Ausflug in die NBA kommen. Deutschland staunt über Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks. Sie auch?
Hens: Ich bin vor allem sehr begeistert, wie es momentan läuft. Was Dirk in den Playoffs spielt, ist der totale Wahnsinn. Sein 48-Punkte-Spiel gegen OKC war unglaublich, da ist ja alles reingefallen. Es ist schon sehr geil. Ich hoffe einfach, dass die Mavs das durchziehen können. Wenn sie es in dieser Saison nicht packen, wird es eng - ich drücke ihnen auf jeden Fall die Daumen.
SPOX: Sind Sie auch nachts live dabei?
Hens: Ich schaue mir morgens die Highlights an. Ich habe einen kleinen Sohn und bin froh, wenn ich mal Schlaf bekomme. Deshalb ist es nicht ganz einfach, nachts aufzustehen. Aber ich bin heiß und verfolge alles. Morgens wird sofort der Laptop angeschmissen. Und von den Finals mit den Mavs werde ich mir sicher auch ein paar Spiele reinziehen.
Ergebnisse und Spielplan der Champions League