Feiern bis zum Abflug - erst auf dem Kurztrip zur viertägigen Meister-Fiesta auf Mallorca fanden Hamburgs Handball-Helden erstmals in den Schlaf, übernächtigt hingen die Spieler des neuen deutschen Meisters in den Sitzen.
Eine kurze Atempause auch für HSV-Trainer Martin Schwalb, der seinen Spielern unverhohlen "drohte": "Mit dem Schlafen, das werden wir in den nächsten Tagen erstmal zurückstellen. Und wir werden dreimal am Tag trainieren, aber die Lokalitäten stehen noch nicht fest."
"Große Genugtuung für das ganze Team"
Nicht zum ersten Mal hatte HSV-Präsident und Mäzen Andreas Rudolph die Spieler in seine Finca auf der Baleareninsel eingeladen, doch noch nie war die Stimmung so heiter.
Denn der 35:30-Sieg gegen den VfL Gummersbach verwandelte nicht nur die Arena am Volkspark in ein Tollhaus, er löste auch die Meisterschafts-Blockade der Hanseaten und überwand ein Trauma namens THW Kiel.
Schon Sekunden nach dem Abpfiff war zu spüren, wie schwer man beim HSV an dieser Bürde zu tragen hatte. Torhüter Johannes Bitter: "Wir haben es allen gezeigt, die uns nachgesagt haben, dass unsere jahrelange Arbeit zu nichts führen würde. Das ist eine große Genugtuung für das ganze Team."
Und auch Torsten Jansen wies auf die fast historischen Dimensionen hin. "Für einen so jungen Verein ist es ganz, ganz wichtig, dass man auch mal einen zählbaren Erfolg holt", sagte der Nationalspieler.
Weg für Champions-League-Titel frei
Die HSV-Urgesteine wie Jansen, Pascal Hens oder das französische Brüderpaar Bertrand und Guillaume Gille hatten selbst in der Stunde ihres bislang größten Triumphs in der Hansestadt nicht vergessen, dass das Hamburger Handball-Projekt über Jahre hinweg auf der Kippe stand.
Erst als Rudolph 2005 das Ruder übernahm und mehr als 20 Millionen Euro in den Klub pumpte, ging es sportlich wie finanziell aufwärts. Hens drastisch: "Immer, wenn ich die Gilles und Torsten sehe, dann denke ich daran zurück, was wir damals zusammen für eine Scheiße erlebt haben."
Doch nun scheint der Weg sogar frei zum größten aller Vereinstitel, dem Gewinn der Champions League am letzten Mai-Wochenende in Köln. "Mit diesem großartigen Team können wir alles erreichen", sagte Kreisläufer Igor Vori geradezu euphorisiert.
Motivierend kommt hinzu, dass die Schwalb-Truppe mit dem Halbfinalgegner Ciudad Real aus Spanien gleich mehrere sportliche Rechnungen zu begleichen hat.
Neuer Zuschauerrekord
Auch wenn sich Rudolph als Präsident im Sommer zurückzieht und Schwalb in die Geschäftsführung wechselt, steht das einst wacklige Experiment mittlerweile auf einem sicheren finanziellen Fundament. Mit einem Zuschauerschnitt von 10.675 Besuchern pro Spiel werden die Norddeutschen den bisherigen Rekord von Altmeister Gummersbach (10.409) am Saisonende knacken.
Denn auch das letzte Heimspiel am 1. Juni gegen den TBV Lemgo ist mit 13.296 Fans bereits ausverkauft, nach der Partie wird dann die Meisterschale offiziell überreicht.
Neu entfacht hat der HSV-Titelgewinn den Ehrgeiz beim entthronten Vorjahresmeister THW Kiel, dessen Erfolgsserie nach sechs nationalen Titeln in Serie in diesem Jahr riss.
"Eine deutsche Meisterschaft ist noch keine Trendwende", meinte THW-Manager Uli Derad und Coach Alfred Gislason ergänzte: "Ich gratuliere den Hamburgern, sie haben den Titel in diesem Jahr verdient. Aber in der nächsten Saison werden wir natürlich wieder angreifen."
Der Spielplan der Bundesliga