Alle DHB-Träume sind geplatzt

Von Felix Götz / Sebastian Schramm
Michael Haaß verletzte sich gegen Polen schwer
© Getty

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat das letzte Spiel der Hauptrunde bei der EM in Serbien mit 32:33 gegen Polen verloren. Damit hat das DHB-Team das Halbfinale und Olympia in London verpasst.

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Beste Werfer im Team von Bundestrainer Martin Heuberger waren Dominik Klein und Christian Sprenger mit jeweils sieben Toren. Auch Christoph Theuerkauf bot eine gute Partie, er brachte es auf fünf Treffer. Bei den Polen waren Patryk Kuchczynski und Bartosz Jurecki (beide 5) die erfolgreichsten Werfer.

Statistik: Top-Torschützen, Top-Vorbereiter, Top-Torhüter

Nachbetrachtung:

Für Deutschland war nach der Pleite der Traum vom Einzug ins Halbfinale geplatzt. Zumindest die Hoffnungen auf die Teilnahme am Qualifikationsturnier für Olympia in London waren aber noch da, Ungarn und Serbien hätten am Abend Schützenhilfe leisten müssen. Doch es kam anders: Ungarn kam gegen Kroatien nicht über ein 24:24 hinaus, Serbien unterlag Mazedonien mit 19:22.

Die deutsche Mannschaft hat zwar insgesamt ein ordentliches Turnier gespielt, dennoch ist das Aus besonders bitter. Schließlich war man mit vier Punkten in die Hauptrunde gestartet, aber weder gegen Dänemark noch gegen Polen wurde ein Matchball genutzt. Unter dem Strich ist ein Punkt durch das Remis gegen Serbien in der Hauptrunde einfach zu wenig.

Nicht nur die Pleite war bitter, das DHB-Team verlor auch Michael Haaß, der sich kurz vor Schluss eine Luxationsfraktur des Sprunggelenks zugezogen hat. Noch in der Halle, auf der Trage liegend, wurde das Gelenk von DHB-Mannschaftsarzt Dr. Berthold Hallmaier wieder eingerenkt und der Fuß in die Normalstellung zurückgeführt. Haaß muss operiert werden und fehlt seinem Klub Frisch Auf Göppingen voraussichtlich vier Monate.

Folgendes war passiert: Dominik Klein hatte Krzysztof Lijewski bei einem Tempogegenstoß übel gefoult, der fiel daraufhin unglücklich auf Haaß' Fuß. Klein sah für die Aktion die Rote Karte.

Reaktionen:

Martin Heuberger (Bundestrainer): "Das haben die Jungs nicht verdient. Für diesem Kampf hätten wir mindestens mit einem Punkt belohnt werden müssen."

Oliver Roggisch: "Das hatte nichts mit den Schiedsrichtern zu tun, sondern nur mit uns selbst. Wir haben die Chance weggeschmissen. Wir waren einfach schlecht."

Daniel Stephan (ehemaliger Welthandballer): "Deutschland nicht bei Olympia, das ist der Super-Gau. Der Mannschaft fehlen die Spielerfiguren, die Verantwortung übernehmen."

Horst Bredemeier (DHB-Vizepräsident): "Fakt ist, dass wir unser Ziel, ein Olympia-Qualifikationsturnier zu erreichen, verpasst haben. Das tut natürlich weh, ganz bestimmt auch den Spielern. Ich glaube nicht, dass es an der Mentalität der Spieler gelegen hat. Kämpferisch haben sie alles gegeben, das ist keine Frage. Wir müssen jetzt sehen, dass wir uns auf die WM-Qualifikationsspiele vorbereiten und beim nächsten Turnier 2013 in Spanien wieder mit dabei sind."

Heiner Brand (DHB-Manager): "So ausgezeichnet die Ausgangsposition für unser Team vor den letzten beiden Spielen war, so tragisch hat sich das Blatt dann gegen uns gewendet."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Kleine Überraschung - Klein beginnt für Gensheimer. Kaufmann ersetzt Kapitän Hens. Die Startformation: Heinevetter - Klein, Kaufmann, Roggisch , Haaß, Glandorf, Groetzki.

9.: Deutschland in der Offensive noch zu zögerlich. Kein gutes Tempo drin. Polen aus dem Rückraum. Drin.

13.: Theuerkauf - du Hund! Im Nachsetzen versenkt er das Ding im Tor. Erneuter Ausgleich! Intensive Partie bis jetzt. Polen zielstrebiger - Deutschlands 6:0 packt ganz gut zu. Christophersen jetzt im Mittelblock.

18.: Gibt es nicht. Syprzak gegen zwei Mann im Nahkampf - und macht ihn rein. Heuberger reagiert. Lichtlein kommt.

21.: Jetzt wird es bitter. Kaufmann völlig neben sich. Erst lässt er die polnische Offensive gewehren, dann gibt es die Zwei Minuten. Vorher spielte er im Angriff einen Katastrophen-Pass.

26.: Ist der stark! Klein schnappt sich wieder den Ball im Aufbau der Polen und ist vor der Kiste eiskalt! Ausgleich! Die Polen nehmen gleich die Auszeit.

37.: Gibt es nicht! Kaufmann spielt einen Fehlpass, wie man ihn schon lange nicht mehr gesehen hat. Polen mit Gegenstoß in Unterzahl. Drin.

51.: Was für ein Wackel-Ding, aber wen interessiert es?! Hens haut ihn rein. 29:27.

53.: Klein verteidigt im Kreis. Siebenmeter. Nicht drin! Nicht drin! 28:29.

55.: Hens, du Gott! Erste Führung der gesamten Partie.

58.: Haaß verletzt sich schwer. Da will man gar nicht hinschauen. Klein fliegt nach Rettungsaktion mit Rot vom Platz. Man, ist hier was los.

60.: Spiel ist aus. Deutschland ist ausgeschieden. Ist das bitter.

Polen - Deutschland: Das komplette Spiel im Re-Live

Der Star des Spiels: Dominik Klein. Trotz der Niederlage hat sich der Linksaußen diese Auszeichnung verdient. Der Kieler, der in diesem Turnier wahrlich nicht immer stark spielte, hielt die deutsche Mannschaft vor allem im ersten Durchgang teilweise im Alleingang in der Partie. Hinten schnappte er den Polen die Bälle weg und versenkte vorne selbst.

Der Flop des Spiels: Lars Kaufmann. Klar: Auch der von den Polen intensiv verteidigte Holger Glandorf, der nur ein Tor beisteuerte war ein Flop, oder auch Michael Haaß, der ebenfalls offensiv nicht stattfand. Was aber Kaufmann bot, war größtenteils unterirdisch - trotz seiner drei Treffer. Der Flensburger leistete sich in der Abwehr zahlreiche Fehler und vorne einige haarsträubende Ballverluste.

Analyse: Polen erwischte den eindeutig besseren Start. Das Team von Trainer Bogdan Wenta war sichtlich bemüht, das Tempo hochzuhalten. Holger Glandorf wurde überraschend offensiv gedeckt und so komplett aus dem Spiel genommen, Pascal Hens kam erst im zweiten Durchgang zum Zug.

Gut war zu Beginn das Spiel der Deutschen über den Kreis, Christoph Theuerkauf machte drei der ersten sieben DHB-Tore. Lars Kaufmann spielte dagegen offensiv und defensiv größtenteils schlecht. Die deutsche Abwehr stand im ersten Durchgang aber insgesamt gar nicht gut, Polen machte viel zu viele einfache Treffer. Mal rückte Deutschland zu langsam raus, dann wieder so, dass am Kreis alles offen war.

Viele polnische Tore gab es auch, weil Torhüter Silvio Heinevetter, der im Verlaufe des Turniers teilweise Weltklasse-Leistungen zeigte, diesmal fast gar keinen Ball zu packen bekam. Nach 18 Minuten hatte Martin Heuberger genug - Carsten Lichtlein kam. Immerhin gelangen gegen Ende der ersten Hälfte ein paar schöne Tempogegenstöße, vor allem Dominik Klein leistete dabei hervorragende Dienste.

Im zweiten Durchgang verlief die Partie ähnlich, nur das Deutschland nun auch im Spiel nach vorne immer mehr Probleme bekam. Insgesamt kam aus dem deutschen Rückraum viel zu wenig. Dass Oliver Roggisch (zwei Tore) gleichviele Treffer beisteuerte wie Glandorf und Haaß zusammen, ist ein Offenbarungseid.

Trotzdem kämpfte sich Deutschland wieder mit dem typischen Kämpferherz zurück ins Spiel. Ausgerechnet Hens sorgte in der 56. Minute für die erste deutsche Führung. Jetzt kam einiges zusammen. Deutschland machte unnötige Fehler und auch die Schiris, die aber nicht verantwortlich für die Niederlage waren, trafen teils unglückliche Entscheidungen. Letztendlich ist der Sieg für die keineswegs überragenden Polen verdient, weil das DHB-Team im Gesamtpaket zu viele Fehler gemacht hat.

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