SPOX: Jim, jetzt haben Sie in Ihrem ersten Jahr in Flensburg sofort die Champions League gewonnen. Der Wahnsinn steht Ihnen ins Gesicht geschrieben. Schweben Sie gerade?
Jim Gottfridsson: (lacht) Ich kann es nicht fassen. Es ist unglaublich. Ein Traum. Jeder Handballer auf der Welt hat den großen Traum, die Champions League zu gewinnen. Jetzt stehe ich hier mit 21 Jahren und halte die Goldmedaille in der Hand, hier ist sie! Niemand hat es uns zugetraut, wir waren für alle der große Underdog. Aber wir haben richtig guten Handball gespielt, einfach unser Spiel gemacht und gewonnen. Wahnsinn.
SPOX: Dabei ging das Finale sehr bescheiden los. Kiel lag schnell mit 6 Toren Vorsprung in Führung. Was war denn los?
Gottfridsson: Wir dürfen nicht vergessen, dass Flensburg zum ersten Mal beim Final Four dabei war. Wir hatten noch kein Champions-League-Finale gespielt und haben sehr nervös angefangen. Wenn du dann so schnell mit sechs Toren zurückliegst, ist das ein bisschen schlecht. Aber es war noch so viel Zeit und wir haben uns Tor für Tor herangekämpft. Zur Pause waren wir dran und als wir in der zweiten Halbzeit in Führung gegangen sind, lief es alles für uns.
SPOX: Wie sehr hat die Erfahrung aus dem Barca-Spiel geholfen?
Gottfridsson: Der Erfolg gegen Barca hat uns so unfassbar viel Selbstvertrauen gegeben. Das hat man auch im Finale gesehen. Vor allem hatten wir einen Weltklasse-Torwart mit Mattias Andersson und eine Weltklasse-Abwehr um Tobias Karlsson, wir sind schon eine super Mannschaft, muss ich sagen. (lacht)
SPOX: Sagen Sie bitte etwas zu Mattias Andersson, der eindeutig der Man of the Match war im Finale.
Gottfridsson: Was soll ich zu Mattias Andersson erzählen? Er ist ein alter Mann. (lacht) Er hat alles erlebt in seiner Karriere, er hat so viele Spiele gespielt und weiß, worauf es ankommt. Er hilft auch gerade unsere jungen Spielern sehr viel.
SPOX: Im Halbfinale hielt Andersson den entscheidenden 7-Meter von Nikola Karabatic, aber zuvor war Sören Rasmussen der große Faktor beim Comeback.
Gottfridsson: Wenn man sich auf diesem Niveau bewegt wie jetzt beim Final Four, dann braucht es besondere Leistungen. Alle Spieler müssen mindestens bei 80 Prozent sein und dann brauchst du zwei, drei, vier Jungs, die bei 100 Prozent sind, bei denen einfach alles klappt. Das haben wir sowohl im Halbfinale, wie Sie angesprochen haben mit Sören, als auch im Finale gehabt. Darum haben wir auch gewonnen.
Matthias Anderson im SPOX-Interview
SPOX: Flensburg hat in den vergangenen Jahren so viele Finals, gerade gegen Kiel, verloren. Nach der Pokalpleite gegen die Füchse war die Enttäuschung riesengroß. Aber Champions League ist ja dann noch etwas besser als DHB-Pokal.
Gottfridsson: Wenn ich mir das alles gerade so überlege, merke ich, wie wahnsinnig das alles ist. Jetzt sind wir Dritter in der Bundesliga geworden, standen im Pokalfinale und haben die Champions League gewonnen. Das ist für uns ganz okay. (lacht)
SPOX: Welchen Anteil hat Coach Ljobomir Vranjes am Triumph?
Gottfridsson: Ljubo weiß, was er macht. Er schenkt gerade uns jungen Spielern so viel Vertrauen. Im Halbfinale gegen Barca habe ich am Kreis Rutenka, Karabatic und Tomas herumstehen sehen, drei absolute Weltklasse-Spieler. Bei uns sind dann drei Jungs der Jahrgänge 1992 und 1993 aufs Feld marschiert. Aber Ljubo hat nur gesagt: 'Mach einfach ein Tor! Liebe diese Situation!' Er schafft es, uns so viel Selbstvertrauen einzuimpfen.
SPOX: Haben Sie eigentlich schon mal vor so einer Kulisse gespielt?
Gottfridsson: Soll ich Ihnen was sagen? Ich komme aus Ystad, wir haben 20.000 Einwohner und hier in der Halle waren 20.000 Fans! Unfassbar! Diese atemberaubende Atmosphäre werde ich nie vergessen. Hoffentlich darf ich sie in Zukunft noch mal erleben.
SPOX: Das würde bedeuten, dass Flensburg jetzt öfter beim Champions-League-Final-Four mitmischt.
Gottfridsson: Das muss natürlich unser Ziel sein. Im nächsten Jahr geht alles wieder bei Null los, es ist so ein unglaublich harter Weg bis zum Final Four. Wir werden alles versuchen, wieder nach Köln zu kommen. Aber im Moment ist das weit weg, wir müssen jetzt feiern. Jacob Heinl und Lasse Svan haben das Kommando, ich gehe jetzt zu Ihnen und frage, was wir machen sollen. Ich werde wohl noch ein Bier trinken an diesem Abend, oder vielleicht auch 50.
Jim Gottfridsson im Steckbrief