Bob Hanning ist als DHB-Vizepräsident Leistungssport und Manager der Füchse Berlin der mächtigste Mann im deutschen Handball. SPOX traf den 47-Jährigen in Berlin zum ausführlichen Interview. Was sagt er zu den schweren Vorwürfen von Heiner Brand? Warum ist er so ein streitbarer Kopf? Wie würde er zum FC Bayern Handball stehen? Hanning spricht Klartext.
SPOX: Herr Hanning, Sie gelten als Handball-Besessener, der rund um die Uhr für seinen Sport lebt. Wo bleibt da eigentlich noch Zeit für Ihre Hobbys wie Theater-Besuche oder USA-Trips?
Bob Hanning: (lacht) Es bleibt wenig Zeit, das stimmt schon. Aber wenn man es sich vernünftig einteilt und in verschiedenen Zeitebenen arbeitet, funktioniert es auch, dass man noch ein bisschen Zeit für die Hobbys hat. Ich sage es mal so: Erstklassige Menschen umgeben sich mit erstklassigen Menschen, zweitklassige nur mit drittklassigen. Ich habe das Glück, dass ich viele gute Leute um mich herum habe. Erst im Sommer war ich in San Francisco und Las Vegas, da konnte ich meine Hobbys sogar perfekt verbinden. Ich war in tollen Städten in den USA und habe einige Musicals besucht.
SPOX: Aber selbst da haben Sie wahrscheinlich immer wieder an Handball gedacht.
Hanning: Klar, für mich ist das Ganze auch viel mehr Berufung als Beruf. Ich empfinde es deshalb auch nicht als so zeitintensiv, als dass ich jetzt das Gefühl hätte, täglich aus der Komfortzone raus zu müssen. Es ist für mich ein Teil meiner Entspannung, wenn ich hier in Berlin mit meinen Jugendlichen arbeite. Andere spielen mit der Eisenbahn, ich kümmere mich um meine Jungs - das macht mir viel Freude.
SPOX: Wenn man sich Ihren Lebenslauf anschaut, fällt auf, dass es immer Step by Step nach oben ging. Sie sind bei Ihren Vereinen überall aufgestiegen. Steckte da schon immer ein klarer Karriereplan dahinter?
Hanning: Ich war schon immer ein Mensch, der von hinten raus denkt. Der sich fragt, was am Ende bei der Geschichte herauskommen soll. So bin ich auch von meinen Eltern erzogen worden. Meine Mutter und mein Stiefvater waren beide Psychiater und Psychologen, da habe ich sicherlich etwas mitbekommen. Genauso wie von meinem leiblichen Vater, der Finanzvorstand war. Ich bin mit sehr konservativen Werten groß geworden. Ich habe die Dinge immer durchdacht und hatte immer einen Plan, wo es hingehen soll. Manchmal biegt man dann in Einbahnstraßen ein, dann muss man eben schnell genug wieder umdrehen und schauen, dass man den gleichen Fehler nicht zweimal macht.
SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass Sie im Grunde Ihres Herzens Jugendtrainer sind. Dafür schlägt Ihr Herz am meisten, oder?
Hanning: Das ist definitiv so. Die Jugendarbeit hier bei den Füchsen, die Entstehung unseres Trainingszentrums - das sind die Dinge, die für mich die größte Bedeutung haben. Unser Motto lautet: Motivation durch Identifikation. Ich nenne Ihnen mal eine Zahl: Wir haben 19 Spieler in die 1. oder 2. Liga gebracht, sehr viele davon kamen sogar aus der Region Berlin-Brandenburg. Natürlich nicht alle, Paul Drux stammt aus Marienheide, aber sehr viele sind regional verwurzelt. Für solche Erfolge lohnt es sich zu arbeiten. Nicht für Spieler, die wegen 20.000 Euro die Trikotfarben wechseln, wie sie lustig sind. Das ist nicht meine Lebensphilosophie und dafür stehe ich auch nicht.
SPOX: Ist es dann auch der emotionale Jugendtrainer, der in Ihnen durchkommt, wenn Sie wie in dieser Saison geschehen Ihren Coach Erlingur Richardsson kritisieren, weil er die jungen Spieler nicht genügend spielen lässt?
Hanning: Ganz klar ja. (lacht) Wir haben mit Erlingur einen Trainer verpflichtet, der mit jungen Leuten arbeiten kann und der auch den Mut haben muss, auf sie zu setzen. In dem Fall war es in der Tat so, dass ich zu dem Zeitpunkt nicht so ganz glücklich darüber war, wie es gelaufen ist. Wir wollen unsere jungen Spieler spielen sehen. Zum Wohle der Jugend verzichte ich auch auf die Champions League. Zumal wir bewiesen haben, dass man auch mit jungen Leuten Erfolge feiern kann, wenn man nachhaltig auf sie baut. Fabian Wiede hat in sieben Jahren sieben Titel gewonnen, das macht mir dann besonders viel Freude. Und wir müssen realistisch bleiben. Wir haben in Berlin 128 Erst- und Zweitligisten und haben bei den Füchsen keinen Mäzen oder Konzern im Rücken, wir sind ein kleiner Familienverein. Der SC Freiburg der HBL. Aber viele Vereine, die in all den Jahren 30, 40 oder 50 Millionen mehr ausgegeben haben, hätten gerne die Hälfte unserer Titel. Das macht Spaß und darauf dürfen wir auch alle miteinander stolz sein.
SPOX: In dieser Saison läuft es mit dem aktuell fünften Rang sehr ordentlich für die Füchse, auch wenn der Abstand an die Spitze beträchtlich ist. Wie sehen Sie den Titelkampf? Ist das Jahr der Löwen jetzt gekommen?
Hanning: Ähnlich wie beim FC Bayern im Fußball würde es dem Handball gut tun, wenn mal ein anderer Klub eine Chance hätte, den Titel zu gewinnen. Wenn es in dieser Saison die Löwen sein sollten, hätte da außerhalb von Kiel niemand etwas dagegen - es würde die Liga ein Stück weit befruchten, einfach weil es mal ein anderer Name wäre. Aber wenn der THW am Ende doch wieder gut genug sein sollte, dann müsste man das wie bei den Bayern auch respektvoll akzeptieren, weil er dann eben wieder mal besser war als alle anderen.
SPOX: Egal ob beim DHB oder in der HBL, Sie sind aktuell der Kopf im deutschen Handball - und definitiv auch ein streitbarer Kopf. Sie haben wahrscheinlich genauso viele Feinde wie Freunde. Aus Ihrer Sicht: Warum ist das so?
Hanning: Als ich zum DHB gegangen bin, wusste ich schon, dass ich mir mit meiner Art und Herangehensweise keine neuen Freunde machen würde. Da kommt jemand, der Veränderungen will, der alte Strukturen aufreißt, der neue Ideen installiert und sich mit dem Establishment reibt. Das führt ganz automatisch zu Reaktionen. Dass es aber so niveaulos wird, hätte ich einzelnen Protagonisten nicht zugetraut. Es war aber auch interessant zu beobachten. Wie ich zu Beginn erwähnte, spielt die Psychologie in meinem Leben eine große Rolle. Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass ich nie einen Psychiater brauchen werde, womit sie auch Recht hat. Dennoch habe ich in meiner Trainerkarriere immer gerne mit Psychologen zusammengearbeitet und einer hat mir das Bild der Dartscheibe beschrieben. Stelle dich daneben und schaue, wie sie die Dartscheibe treffen. Nur deine Freunde treffen dich. Das ist ein Bild, das ich auch verfolge.
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SPOX: Heißt, Freundschaft ist mit Vorsicht zu genießen im Handball, aber wohl generell in jedem Business.
Hanning: Ich weiß, dass es im Leben viele Freunde auf Zeit gibt. Viele Leute mögen mich aufgrund meiner Funktion, das kann ich realistisch genug einschätzen. Ich habe mir im Leben vorgenommen, mich nicht zu verbiegen. Ich bin ehrlich und geradlinig - und ich spreche auch unbequeme Dinge an, wenn es sein muss. Als ich festgestellt habe, dass es im Verband Veränderungen bedarf, war mir klar, dass ich die Härte zu mir selbst haben muss, das auszuhalten. Auch wenn mir viele geraten haben, dass ich mir das nicht antun solle. Es ist immer dann schwierig, wenn nicht mehr das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht. In meinem Programm, das ich 2012 auf die Beine gestellt habe und auf dem die Agenda 2020 in Teilen basiert, habe ich einen klaren Plan dargelegt. Wir kümmern uns zuerst um die Männer-Nationalmannschaft, danach um die Finanzen und dann um die Frauen-Nationalmannschaft. Das war die genau richtige Prioritätenliste, nach der ich auch einstimmig gewählt wurde. Dass man dennoch mit Vorwürfen konfrontiert wird, dass man andere Dinge nicht maximal verfolgt hat, damit muss ich wohl leben und standhaft bleiben. Wenn du immer bei der Wahrheit bleibst, brauchst du auch nicht zu überlegen, wem du was erzählst. Das ist ein kluger Spruch. Das gleiche gilt auch für die Arbeit mit meinen jungen Spielern. Und wenn ich dann sehe, dass es keinen Spieler gibt, der sich in der Sommerpause oder an Weihnachten nicht bei mir meldet, dann ist es das, was für mich wichtig ist. Was andere über mich denken, abgesehen von meinem inneren Zirkel, ist mir völlig egal.
SPOX: Aber was macht es mit Ihnen, wenn Heiner Brand, DIE deutsche Handball-Persönlichkeit und auch noch ein alter Weggefährte, Ihnen Narzissmus vorwirft, Sie für die Spaltung im DHB verantwortlich macht, Ihnen vorwirft, dass Sie Leute nur benutzen würden und auch er auf Sie hereingefallen wäre. Diese krasse Abrechnung können Sie ja nicht einfach wegwischen.
Hanning: Doch, ich kann das wegwischen und ich erkläre Ihnen auch warum. Um das Interview zu genießen, musst du das Interview ganz lesen. Auszüge reichen da nicht, man muss es wirklich ganz lesen, um die Absicht der Brandstiftung zu verstehen. Nur ein Beispiel: Wenn von Wettbewerbsverzerrung die Rede ist, weil ich auch in der HBL tätig bin. Mit Hotti Bredemeier hat er dieses Modell zwölf Jahre wunderbar zusammen gelebt und da war das alles kein Problem. Man kann jede seiner Aussagen auseinandernehmen. Es war letzten Endes so selbstentlarvend, dass ich es amüsiert zur Kenntnis genommen habe. Aber gut, für mich ist es okay.
SPOX: Gab es seitdem ein Gespräch, oder hätten Sie überhaupt Interesse?
Hanning: Ganz ehrlich: Ich glaube, dass es nichts mehr hinzuzufügen gibt. Was willst du dazu noch sagen? Also lassen wir es lieber.
SPOX: Unabhängig der Brand-Episode hat der deutsche Handball aufgrund der unbeschreiblichen Posse um das DHB-Präsidentenamt in diesem Jahr ein verheerendes Bild abgegeben. Jetzt ist seit dem Amtsantritt von Andreas Michelmann Ruhe eingekehrt. Wie bewerten Sie im Rückblick das Chaos?
Andreas Michelmann im SPOX-Interview: "Hilfe? Brand ist herzlich eingeladen"
Hanning: Wir haben leider einen Selbstzerstörungsmechanismus einzelner Personen erlebt, der für den Handball mehr als schädlich und völlig verantwortungslos war. Das war auch der Grund, warum ich mich sieben Monate dazu nicht geäußert habe. Mit allem, was ich gesagt hätte, hätte ich mich auf die gleiche Ebene begeben. Das wollte ich nicht und dafür musste ich dann einiges aushalten. Es ist zwischenzeitlich klar aus dem Ruder gelaufen und es ist auch unverzeihlich, aber ich hoffe einfach, dass die Beteiligten daraus gelernt haben und dem neuen Präsidenten jetzt die Möglichkeit gegeben wird, die erfolgreiche Arbeit in Ruhe fortzusetzen. Die Arbeit ist nämlich in allen Belangen erfolgreich. Wir haben wirtschaftlich gesehen ein so gutes Ergebnis wie viele Jahre nicht und wir haben eine komplette Umstrukturierung umgesetzt. Wir haben beispielsweise jetzt einen Sportdirektor und einen hauptamtlichen Nachwuchskoordinator, auch in der Aus- und Weiterbildung der Trainer sind wir jetzt viel professioneller aufgestellt. Es sind Erfolge sichtbar, aber in diesem Stil muss es jetzt auch weitergehen. Zwischendurch haben wir uns mit uns selbst beschäftigt, aber das ist nicht unser Auftrag. Wir müssen der Verantwortung, die wir für 800.000 Mitglieder haben, wieder gerecht werden. In der Vereinsarbeit kann man, wenn man will, von einer Sache leben. In der Verbandsarbeit muss man für eine Sache leben.
SPOX: Positiv ist auf jeden Fall das Bild, das die Nationalmannschaft zuletzt abgegeben hat. Auch wenn der Supercup mit Vorsicht zu genießen ist, macht es wieder Spaß, dem Team zuzuschauen.
Hanning: Umso trauriger war es, dass der Sport nach der tollen WM nicht mehr im Vordergrund stand. Es ist schön zu sehen, dass unser Weg funktioniert und dass wir sehen, dass die Veränderungen im Umfeld Früchte tragen. Dass ich merke, wie die Mannschaft von innen heraus brennt. Der Supercup war den Spielern nicht lästig, sie wollten ihn unbedingt gewinnen. Man spürt deutlich, dass sich etwas bewegt. Ich möchte das Wort Wildcard in meiner Amtszeit ehrlich gesagt auch nie wieder hören, wir müssen es ab jetzt immer aus eigener Kraft schaffen. Nichtsdestotrotz sehe ich es auch nicht alles rosarot, es werden auch Enttäuschungen auf uns zukommen. 2020 soll ein großer Erfolg stehen und wir nehmen jeden vorzeitigen Erfolg bis dahin gerne mit, aber wir werden Schwankungen unterlegen sein. Es ist toll, dass beim Supercup die zweite oder sogar dritte Mittelblock-Besetzung funktioniert hat, aber das heißt nicht, dass es bei einem großen Turnier auf höchstem Niveau auch funktioniert. Brasilien, Slowenien und Serbien in der Verfassung beim Supercup sind nicht Frankreich, Dänemark oder Kroatien - da bitte ich auch um eine richtige Einordnung. Ich warne vor zu großer Euphorie. Ich verspreche aber auch, dass unser Weg erfolgreich sein wird, wenn wir den Weg zusammen mit der Liga so weitergehen. Der Erfolg wird sich nicht vermeiden lassen. Die Bundesliga hat erkannt, dass sie etwas tun muss und wir können die Ergebnisse bereits sehen. Die erste Sieben der Junioren hat komplett auch zentrale Verantwortung bei ihren Männer-Mannschaften.
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SPOX: Welchen Anteil hat Bundestrainer Dagur Sigurdsson am leichten Aufschwung?
Hanning: Wir haben mit Dagur einen herausragenden Trainer. Punktetechnisch ist er mit 76 Prozent gewonnenen Spielen der erfolgreichste DHB-Coach, den wir je hatten. Er ist ein Trainer, der sich vor allem auf Situationen perfekt einstellen kann. Er hat kein starres Konzept, sondern arbeitet mit dem Material, das ihm zur Verfügung steht. Der Mittelblock in der 6-0 steht jetzt viel defensiver, weil es die Spielertypen einfach nicht anders hergeben. Er ist auch immer in der Lage, den Gegner zu überraschen. Und er wird von der HBL extrem respektiert und akzeptiert. Außerdem haben wir rund um das Team eine Oase des Wohlfühlens geschaffen. Viele haben mich für die Neubesetzung der medizinischen Abteilung maximal kritisiert und mir sogar Vetternwirtschaft vorgeworfen, was absoluter Schwachsinn ist. Ich habe Professor Steuer als neuen Teamarzt installiert, weil er die nötigen 120 Tage im Jahr abdecken kann, nicht weil er mein Freund ist. Wir haben das Team insgesamt kleiner gemacht, wir sind weg aus den Sportschulen und rein in die größeren Städte - es macht den Jungs wieder mehr Spaß in der Nationalmannschaft. Dennoch wird es, wie angesprochen, Rückschläge geben. Ich hoffe nicht, dass es jetzt bei der EM passiert, aber es wird passieren. Genauso wie es sicher ist, dass der Erfolg kommen wird.
SPOX: Aber auch wenn es sportlich wieder etwas nach oben geht, hat der Handball etwas an Strahlkraft verloren.
Hanning: Stopp.
SPOX: Die miserablen Zuschauerzahlen beim Supercup sind doch ein eindeutiges Indiz, oder nicht?
Hanning: Einige Fußball-Zweitliga-Spiele haben ähnliche Zuschauerzahlen im Bereich 4000-4500. Es war der falsche Standort für den Supercup, weil du dort jede Woche Champions League auf dem Niveau sehen kannst und es ist auch kein zeitgemäßes Format mehr. Aber wenn ich uns mal mit dem Basketball vergleiche, das soll gar nicht despektierlich sein, aber wenn ich sehe, wie desaströs die Quoten von ARD und ZDF waren, trotz toller Spiele, dann sind wir weiterhin klar die Ballsportart Nummer eins hinter dem Fußball. Wenn wir bei der EM erfolgreich sind, werden wir ein Millionenpublikum haben. Wenn der Adler fliegt, dann fliegt der Adler - das gilt im Handball nach wie vor.
SPOX: Das ist sicher richtig, dennoch muss der Handball aufpassen. Nicht nur bei der SPOX-Userschaft liegt Handball zum Beispiel weit hinter US-Sport. Muss man sich keine Gedanken machen, wie der Handball auch die jüngeren Zielgruppen erreicht?
Hanning: Die müssen wir uns machen und die machen wir uns auch. Punkt eins ist eine erfolgreiche Nationalmannschaft. Wir müssen wieder Erfolg haben. Punkt. Haben wir wieder Erfolg, werden wir automatisch auch wieder mehr Gesichter bekommen, die wir ja auch dringend brauchen, um den Handball zu vermarkten. Wir müssen viel mehr mit unseren Spielern in Sendungen rein, das wissen wir, aber wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung. Die Öffentlichkeitsarbeit in der DHB-Zentrale wird von einem Mitarbeiter und einem Volontär gemacht, da sind wir erst im Aufbau und brauchen noch Zeit. Ich bin bis vor einem halben Jahr noch mit einem Nokia 6410 herumgelaufen. (lacht) Wir haben alle erkannt, dass wir uns der Aufgabe stellen müssen und die jungen Zielgruppen in ihrer Sprache ansprechen müssen, das wird alles kommen.
SPOX: Wie sieht es mit Veränderungen beispielsweise im Modus aus? Wir waren beim US-Sport, der einen großen Reiz aus den Playoffs zieht. Im Handball gab es früher mal Playoffs, immer wieder mal wird über eine Wiedereinführung diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Hanning: Ich bin grundsätzlich offen für Neuerungen, aber meine Stimme würden die Playoffs nicht bekommen. Die Fußball-Bundesliga braucht auch keine Playoffs. Wenn du Meister bist, bist du Meister. Wie oft kommt der eigentliche Meister im Playoff-Modell nicht durch, obwohl er doch eigentlich Meister geworden ist?
SPOX: Relativ oft, aber ist das schlecht?
Hanning: Für mich ist die Tabelle nach 34 Spieltagen einfach das ehrlichste und glaubhafteste Resultat, das es gibt. Aber wenn Playoffs den Handball nach vorne bringen würden und alle Leute wollen das, würde ich mich nicht dagegenstellen. Ich werde nur nicht die Fahne nehmen und dafür loslaufen.
SPOX: Okay, anderer Vorschlag: Der FC Bayern steigt auch im Handball ein. Das Thema wird ja immer mal wieder angerissen. Wie würden Sie dazu stehen?
Hanning: Zu einem solchen Projekt stehe ich grundsätzlich positiv. Wenngleich es Vorteile in der Wahrnehmung mit sich bringt, würde es aber wohl auch den Kostenapparat für die Vereine nach oben treiben. Wir sehen beim Basketball, dass sich sehr schnell eine Preisspirale für Spieler nach oben entwickeln kann. Dies gibt der Handball in der jetzigen Situation eigentlich nicht her.
SPOX: Letzte Frage, was sind die Träume, die Sie sich noch unbedingt erfüllen wollen?
Hanning: Mein Wunsch und mein großer Traum ist es, die Nationalmannschaft erfolgreich zu machen. Und zwar mit einer Nachhaltigkeit für die nachfolgenden Generationen. Dass man mal sagt, dass meine Generation ihrer Verantwortung für den deutschen Handball vollumfänglich gerecht geworden ist. Außerdem wünsche ich mir, dass es uns gelingt, den Handball so neu zu erfinden, dass er wieder an Popularität und Glaubwürdigkeit gewinnt. Wie gesagt, ich bin da auch offen für neue Formate. Eine Weltliga könnte beispielsweise funktionieren, wenn sie vernünftig in ein Gesamtsystem eingebettet wird. Bei den Füchsen wünsche ich mir, dass wir unser Motto Motivation durch Identifikation weiter leben und es schaffen, immer drei bis fünf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die Mannschaft zu integrieren, ohne dabei den Blick für Europa zu verlieren. Persönlich habe ich den Traum, dass ich eines Tages in die Halle komme und sich alle freuen, dass ich da bin, auch wenn ich gar keine Funktion mehr innehabe. Das ist eine schöne Vorstellung.
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