SPOX: Herr Hanning, Sie gelten als Handball-Besessener, der rund um die Uhr für seinen Sport lebt. Wo bleibt da eigentlich noch Zeit für Ihre Hobbys wie Theater-Besuche oder USA-Trips?
Bob Hanning: (lacht) Es bleibt wenig Zeit, das stimmt schon. Aber wenn man es sich vernünftig einteilt und in verschiedenen Zeitebenen arbeitet, funktioniert es auch, dass man noch ein bisschen Zeit für die Hobbys hat. Ich sage es mal so: Erstklassige Menschen umgeben sich mit erstklassigen Menschen, zweitklassige nur mit drittklassigen. Ich habe das Glück, dass ich viele gute Leute um mich herum habe. Erst im Sommer war ich in San Francisco und Las Vegas, da konnte ich meine Hobbys sogar perfekt verbinden. Ich war in tollen Städten in den USA und habe einige Musicals besucht.
SPOX: Aber selbst da haben Sie wahrscheinlich immer wieder an Handball gedacht.
Hanning: Klar, für mich ist das Ganze auch viel mehr Berufung als Beruf. Ich empfinde es deshalb auch nicht als so zeitintensiv, als dass ich jetzt das Gefühl hätte, täglich aus der Komfortzone raus zu müssen. Es ist für mich ein Teil meiner Entspannung, wenn ich hier in Berlin mit meinen Jugendlichen arbeite. Andere spielen mit der Eisenbahn, ich kümmere mich um meine Jungs - das macht mir viel Freude.
SPOX: Wenn man sich Ihren Lebenslauf anschaut, fällt auf, dass es immer Step by Step nach oben ging. Sie sind bei Ihren Vereinen überall aufgestiegen. Steckte da schon immer ein klarer Karriereplan dahinter?
Hanning: Ich war schon immer ein Mensch, der von hinten raus denkt. Der sich fragt, was am Ende bei der Geschichte herauskommen soll. So bin ich auch von meinen Eltern erzogen worden. Meine Mutter und mein Stiefvater waren beide Psychiater und Psychologen, da habe ich sicherlich etwas mitbekommen. Genauso wie von meinem leiblichen Vater, der Finanzvorstand war. Ich bin mit sehr konservativen Werten groß geworden. Ich habe die Dinge immer durchdacht und hatte immer einen Plan, wo es hingehen soll. Manchmal biegt man dann in Einbahnstraßen ein, dann muss man eben schnell genug wieder umdrehen und schauen, dass man den gleichen Fehler nicht zweimal macht.
SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass Sie im Grunde Ihres Herzens Jugendtrainer sind. Dafür schlägt Ihr Herz am meisten, oder?
Hanning: Das ist definitiv so. Die Jugendarbeit hier bei den Füchsen, die Entstehung unseres Trainingszentrums - das sind die Dinge, die für mich die größte Bedeutung haben. Unser Motto lautet: Motivation durch Identifikation. Ich nenne Ihnen mal eine Zahl: Wir haben 19 Spieler in die 1. oder 2. Liga gebracht, sehr viele davon kamen sogar aus der Region Berlin-Brandenburg. Natürlich nicht alle, Paul Drux stammt aus Marienheide, aber sehr viele sind regional verwurzelt. Für solche Erfolge lohnt es sich zu arbeiten. Nicht für Spieler, die wegen 20.000 Euro die Trikotfarben wechseln, wie sie lustig sind. Das ist nicht meine Lebensphilosophie und dafür stehe ich auch nicht.
SPOX: Ist es dann auch der emotionale Jugendtrainer, der in Ihnen durchkommt, wenn Sie wie in dieser Saison geschehen Ihren Coach Erlingur Richardsson kritisieren, weil er die jungen Spieler nicht genügend spielen lässt?
Hanning: Ganz klar ja. (lacht) Wir haben mit Erlingur einen Trainer verpflichtet, der mit jungen Leuten arbeiten kann und der auch den Mut haben muss, auf sie zu setzen. In dem Fall war es in der Tat so, dass ich zu dem Zeitpunkt nicht so ganz glücklich darüber war, wie es gelaufen ist. Wir wollen unsere jungen Spieler spielen sehen. Zum Wohle der Jugend verzichte ich auch auf die Champions League. Zumal wir bewiesen haben, dass man auch mit jungen Leuten Erfolge feiern kann, wenn man nachhaltig auf sie baut. Fabian Wiede hat in sieben Jahren sieben Titel gewonnen, das macht mir dann besonders viel Freude. Und wir müssen realistisch bleiben. Wir haben in Berlin 128 Erst- und Zweitligisten und haben bei den Füchsen keinen Mäzen oder Konzern im Rücken, wir sind ein kleiner Familienverein. Der SC Freiburg der HBL. Aber viele Vereine, die in all den Jahren 30, 40 oder 50 Millionen mehr ausgegeben haben, hätten gerne die Hälfte unserer Titel. Das macht Spaß und darauf dürfen wir auch alle miteinander stolz sein.
SPOX: In dieser Saison läuft es mit dem aktuell fünften Rang sehr ordentlich für die Füchse, auch wenn der Abstand an die Spitze beträchtlich ist. Wie sehen Sie den Titelkampf? Ist das Jahr der Löwen jetzt gekommen?
Hanning: Ähnlich wie beim FC Bayern im Fußball würde es dem Handball gut tun, wenn mal ein anderer Klub eine Chance hätte, den Titel zu gewinnen. Wenn es in dieser Saison die Löwen sein sollten, hätte da außerhalb von Kiel niemand etwas dagegen - es würde die Liga ein Stück weit befruchten, einfach weil es mal ein anderer Name wäre. Aber wenn der THW am Ende doch wieder gut genug sein sollte, dann müsste man das wie bei den Bayern auch respektvoll akzeptieren, weil er dann eben wieder mal besser war als alle anderen.
SPOX: Egal ob beim DHB oder in der HBL, Sie sind aktuell der Kopf im deutschen Handball - und definitiv auch ein streitbarer Kopf. Sie haben wahrscheinlich genauso viele Feinde wie Freunde. Aus Ihrer Sicht: Warum ist das so?
Hanning: Als ich zum DHB gegangen bin, wusste ich schon, dass ich mir mit meiner Art und Herangehensweise keine neuen Freunde machen würde. Da kommt jemand, der Veränderungen will, der alte Strukturen aufreißt, der neue Ideen installiert und sich mit dem Establishment reibt. Das führt ganz automatisch zu Reaktionen. Dass es aber so niveaulos wird, hätte ich einzelnen Protagonisten nicht zugetraut. Es war aber auch interessant zu beobachten. Wie ich zu Beginn erwähnte, spielt die Psychologie in meinem Leben eine große Rolle. Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass ich nie einen Psychiater brauchen werde, womit sie auch Recht hat. Dennoch habe ich in meiner Trainerkarriere immer gerne mit Psychologen zusammengearbeitet und einer hat mir das Bild der Dartscheibe beschrieben. Stelle dich daneben und schaue, wie sie die Dartscheibe treffen. Nur deine Freunde treffen dich. Das ist ein Bild, das ich auch verfolge.
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