Weinhold zog sich Sekunden vor Schluss eine Adduktorenverletzung zu, Dissinger erwischte es an der Hüfte. "Es sieht leider schlecht aus", sagte Sigurdsson und kündigte die Nachnominierung von Kai Häfner und Julius Kühn an. "Mein Gefühl ist, dass beide nicht spielen können", erklärte auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Für Deutschland war es nach der Auftaktpleite gegen Spanien der vierte Sieg in Serie. Vor den Russen wurden Schweden, Slowenien und Ungarn aus dem Weg geräumt.
Bester deutscher Werfer beim Fight in der Jahrhunderthalle von Breslau war Dissinger mit sieben Toren. Erik Schmidt erzielte sechs Treffer, es folgten Tobias Reichmann (5), Weinhold, Steffen Fäth (beide 4), Rune Dahmke (2), Jannik Kohlbacher und Fabian Wiede (beide 1)
DHB vs. Russland im BOXSCORE
Auf Seiten der Russen war Timur Dibirov sieben Mal erfolgreich. Mikhail Chipurin traf fünf Mal.
Die Reaktionen:
Dagur Sigurdsson: "Das war eine Schlacht. Kompliment an die Jungs. Wir haben es über die Bühne gebracht. Unglaublich."
Carsten Lichtlein: "Das war ein unglaubliches Gefühl beim Abpfiff. Wir sind einfach nur ausgerastet. Als ich gesehen habe, dass der isländische Eisblock auch so jubelt, gab es kein Halten mehr."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Spiel: Sigurdsson beginnt mit Wolff im Tor und Dahmke auf Linksaußen. Halblinks startet Dissinger, Fäth gibt den Spielmacher, Weinhold spielt im rechten Rückraum, Reichmann auf Rechtsaußen. Am Kreis darf erstmal Pekeler ran.
3.: Katastrophaler Start der deutschen Mannschaft. Keeper Victor Kireev pariert die ersten beiden Bälle, auf der anderen Seite ist die Abwehr noch nicht im zuletzt gesehenen, aggressiven Modus. Die Russen kommen zum dritten Mal leicht durch und führen mit 3:0. Aufwachen!
14.: Russlands Abwehr macht den Deutschen schwer zu schaffen. Trotzdem beißt sich das DHB-Team allmählich rein in die Partie, die Deckung steht nun etwas besser. Wiede spielt einen starken Pass an den Kreis zu Schmidt. Und der macht seine dritte Bude - nur noch 6:7 der Rückstand.
Roundup: Alle Spiele, alle Ergebnisse, alle Topscorer
21.: Da ist die erste Führung für Deutschland. Fäth verschafft sich mit einer Körpertäuschung Platz und feuert den Ball ins Tor - 11:10.
30.: Halbzeit in Breslau. Freunde, das ist ein hartes Stück Arbeit. Da Dissinger in den letzten Minuten mächtig aufdreht und Raketen aus dem Rückraum loslässt und der für Wolff gekommene Lichtlein voll da ist, geht Deutschland trotzdem mit einer Führung in die Kabine. Es steht 17:16.
36.: Das DHB-Team zieht zwischenzeitlich auf drei Tore davon, doch die Russen nutzen eine Überzahlsituation eiskalt aus. Der im ersten Durchgang völlig abgetauchte Shelmenko bricht durch und verkürzt auf 18:19.
39.: Einen Mann interessieren die russischen Abwehr-Giganten überhaupt nicht, nämlich Christian Dissinger. Der steigt zum wiederholten Male im Rückraum hoch und feuert den Ball ins Tor. 22:19 für Deutschland.
45.: Die Abwehr steht, Lichtlein hält gut und die Russen lassen viel liegen. Im Angriff zaubert das deutsche Team. Dissinger mit einem Bodenpass an den Kreis zu Schmidt. Der fängt den Ball mit einer Hand, behält schräg fallend die Orientierung und macht das 25:20. Das sieht doch jetzt richtig gut aus.
52.: Was macht das DHB-Team denn jetzt. Plötzlich sind viele leichte Fehler dabei, die Russen nutzen das und holen einen zwischenzeitlichen Fünf-Tore-Rückstand auf. 26:26 - den Krimi wollten wir doch gar nicht.
60.: Sieg! Aber was für ein Drama am Ende. Erst sorgen die Schiedsrichter mit der einen oder anderen Entscheidungen für Kopfschütteln. Wiede leistet sich 15 Sekunden vor Schluss einen technischen Fehler, die Russen greifen noch einmal an. Doch der letzte Wurf wird von Lichtlein entschärft.
Wiede im SPOX-Interview: "Sigurdsson tut dem Handball einfach gut"
Der Star des Spiels: Christian Dissinger. Der Kieler, in den letzten Spielen so etwas wie Sigurdssons Sorgenkind, spielte über weite Strecken groß auf und schenkte den Russen aus dem Rückraum ordentlich ein. War mit sieben Toren bester DHB-Werfer und kam auf eine Trefferquote von 70 Prozent - doch dann verletzte er sich. Ebenfalls ganz stark: Erik Schmidt.
Der Flop des Spiels: Sergei Shelmenko. Der Rückraumspieler war bisher einer der wichtigsten Scorer der Russen. Diesmal ging aber nichts. Machte nur einen von fünf Würfen rein. Auch Sergey Gorbok (3 von 7) war schwach.
Das fiel auf:
- Wenn die russische Abwehr um den Mittelblock mit Gleb Kalarash und Lev Tcelishchev (beide 2,05 Meter groß) erstmal stand, war sie schwer zu knacken. Machte die deutsche Mannschaft aber Tempo und brachte die Deckung in Bewegung, ergaben sich immer wieder Lücken. Auch die Schnelle Mitte mit Dahmke war ein wirkungsvolles Mittel.
- Weinhold (4 von 8) erwischte nicht seinen besten Tag, übernahm aber in den letzten Minuten Verantwortung und unterband unter vollem Einsatz den letzten Angriff der Russen. Dabei verletzte er sich.
- Sigurdsson brachte nach dem Fehlstart Schmidt. Der übernahm für den diesmal mäßigen Pekeler nicht nur im Angriff am Kreis, sondern auch in der Abwehr. Offensiv machte Schmidt seine Sache klasse, die Abwehr insgesamt ließ in der ersten Halbzeit aber einige leichte Tore zu. Nach der Halbzeit stellte Sigurdsson zeitweise auf eine 5:1-Deckung um, in der teils Pekeler den offensiven Part übernahm. Das funktionierte gerade zu Beginn der zweiten Halbzeit gut. In der Schlussphase bildeten Lemke und Schmidt den Mittelblock.
- Nach 23 Minuten wechselte Sigurdsson den Torhüter - Lichtlein kam für den diesmal nicht so glücklich agierenden Wolff (4 von 15, 27 Prozent). Und siehe da: Jetzt ist auch Lichtlein bei der EM angekommen. Der Gummersbacher zeigte einige starke Paraden und brachte es auf eine Quote von 31 Prozent (8 von 26).
- In Unterzahl brachte Sigurdsson wie schon meistens in den Spielen zuvor immer einen Feldspieler für den Torhüter und mit Kohlbacher und Schmidt zwei Kreisläufer. Eine Variante, die immer wieder aufging.
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