Seit seiner Galavorstellung in Polen hetzt Deutschlands neuer Hexer Andreas Wolff von Termin zu Termin. SPOX traf den frischgebackenen Europameister am Münchner Flughafen und sprach mit dem Torhüter der HSG Wetzlar über den Knackpunkt der EM, das geile Finale gegen Spanien, die Bodenständigkeit von Handballern, den FC Bayern und einen Heiratsantrag von Frank Buschmann.
SPOX: Herr Wolff, Sie waren im Aktuellen Sportstudio zu Gast, beim Ball des Sports, losen das DFB-Pokal-Halbfinale aus, sind nur noch als gefeierter EM-Held unterwegs. Das war vor zwei bis drei Wochen noch nicht wirklich absehbar, oder?
Andreas Wolff: Nein, ganz und gar nicht. Vor allem hätte ich nie gedacht, dass ich so viel in Fußball-Sendungen unterwegs sein würde. Wahrscheinlich wäre ich als Fußballer nämlich in der Kreisliga B gelandet. Aber wir haben in Polen nun mal diesen Hype ausgelöst, den wir jetzt nutzen müssen. Der Fußball ist der beste Weg, das zu vermarkten. Grade war ich ja auch noch im Doppelpass.
SPOX: Konnten Sie Ihre Expertise als Fußball-Fachmann einbringen?
Wolff: Man hat mir mein fundiertes Wissen zu jeder Sekunde angemerkt, finde ich. Gerade was die Hintergründe angeht. (lacht) Jetzt mal ehrlich. Es hat Spaß gemacht, ich hab da ein bisschen rumgelabert. Es war eine angenehme Erfahrung, Expertenmeinungen aus dem Fußball aus nächster Nähe zu hören. Ich zähle mich aber selbstverständlich nicht zu den Experten.
SPOX: Böse Zungen im DHB-Team behaupten, das erkenne man schon alleine daran, dass Sie Bayern-Fan sind.
Wolff: Wer sagt das denn? Naja, egal. Jedenfalls könnten wegen mir die Bayern jedes Jahr Meister werden und Köln Zweiter. Ich hoffe, dass es für die Bayern in dieser Saison mit dem Triple klappt.
SPOX: Sie haben die Bayern-Stars ja kürzlich an der Säbener Straße besucht.
Wolff: Genau. Ich konnte kurz mit Thomas Müller sprechen, Sebastian Rode hat seine Glückwünsche überbracht. Das Hauptgespräch hat aber mit Manuel Neuer stattgefunden. Leider konnten wir uns bisher nur recht oberflächlich austauschen. Ich hoffe, wir holen das nach. Zumindest haben wir vereinbart, dass wir uns mal kurzschließen. Leider ist die Zeit relativ knapp.
SPOX: Vor allem momentan. Hatten Sie bei all dem Trubel überhaupt schon Gelegenheit zu begreifen, was Sie und das ganze Team in Polen geschafft haben?
Wolff: Ich war seit meiner Rückkehr aus Polen kaum zu Hause, habe mein Bett erst zwei Mal gesehen. Trotzdem mache ich das alles gerne mit. Wir müssen versuchen, den deutschen Handball insgesamt in den Medien präsenter zu machen. Was aktuell auf uns zukommt, ist natürlich ein riesiges Pensum, das in der Art und Weise eigentlich überhaupt nicht mit dem Sport zu vereinbaren ist. Ich hatte bisher nicht die Zeit, mich in aller Ruhe hinzusetzen, das alles sacken zu lassen und wirklich zu realisieren, was da passiert ist. Ich kann den Wahnsinn noch nicht ganz fassen.
SPOX: Zumal sich der Siegeszug der deutschen Mannschaft nicht ansatzweise angekündigt hat. Das Auftaktspiel gegen Spanien war zwar ordentlich, trotzdem entstand der Eindruck, dass es gegen absolute Topnationen wohl nicht reichen wird. Es folgte die erste mäßige Halbzeit gegen Schweden. Dann kam der Knackpunkt mit der Aufholjagd und dem Sieg in den zweiten 30 Minuten.
Wolff: Wir haben die Gegner damit ganz klassisch angefüttert, dann abgeschossen. (lacht) Nein, Sie haben natürlich Recht. Es hat am Anfang etwas gefehlt, meiner Meinung nach war es das Selbstvertrauen. Dann haben wir in der Halbzeit gegen Schweden die Deckung umgestellt und plötzlich hat es funktioniert. Da hat jeder von uns gemerkt, was eigentlich in uns steckt. Ab diesem Moment war es fast ein Selbstläufer. Eine Welle, die wir erwischt haben, wie Dagur Sigurdsson immer sagt. Das Selbstbewusstsein ist anschließend natürlich von Spiel zu Spiel immer größer, das Team in sich immer gefestigter geworden.
SPOX: Der ganze Wahnsinn gipfelte in einem Finale, in dem die deutsche Mannschaft Spanien regelrecht auseinandergenommen hat.
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Wolff: Was wir im Finale gezeigt haben, war schon geil. Das hat sich unwirklich angefühlt. Und auch für mich persönlich lief es ziemlich gut.
SPOX: Das ist eine ziemliche Untertreibung.
Wolff: Klar freue ich mich über meine Leistung. Ich hoffe, ich habe meine Position in der Nationalmannschaft gefestigt und bin auch in Zukunft dabei. Aber bei der EM ging es doch nicht um mich, sondern eindeutig um die Mannschaft und den Teamerfolg. Wir alle können stolz sein, was wir als echte Mannschaft erreicht haben.
SPOX: Ein gutes Beispiel für die Harmonie im Team ist Carsten Lichtlein. Er ging als Nummer 1 ins Turnier, wurde von Ihnen abgelöst. Er hat sich aber trotzdem nicht hängenlassen, sondern seine neue Rolle voll angenommen und auch Sie nach Kräften unterstützt. Wie seid Ihr miteinander umgegangen?
Wolff: Das war absolut top, wir haben ein super Verhältnis. Er ist mit Jose Hombrados zusammen, mit dem ich in Wetzlar ein Duo bildete, der vielleicht angenehmste Gespannpartner, den ich je hatte. Es hat unglaublichen Spaß mit Lütti gemacht. Er ist total professionell, ein Teamplayer durch und durch. Ihm ist es nicht so wichtig, welche Rolle er im Team ausfüllt, er identifiziert sich voll mit ihr. Außerdem ist er für das DHB-Team mit seiner Erfahrung, Einstellung und Klasse ohnehin so unglaublich wichtig. Egal, ob er die Nummer 1 oder die Nummer 2 ist.
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SPOX: Trotzdem fokussiert sich ein großer Teil der Aufmerksamkeit logischerweise auf Sie.
Wolff: Man merkt den Unterschied zu vorher tatsächlich an ein paar Stellen, ich werde beispielsweise viel häufiger angesprochen.
SPOX: Kein Wunder. Noch während des Endspiels ist in den sozialen Medien ein wahnsinniger Hype um Sie entbrannt. Sie wurden als "deutsches Tier" oder "Super-Wolff" gefeiert, haben im Überschwang der Gefühle sogar einen Heiratsantrag von Frank Buschmann bekommen. Wie schafft man es, trotzdem mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben?
Wolff: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es ein Grund zum Abheben ist, wenn Frank Buschmann dich heiraten will. (lacht) Ich muss dich enttäuschen, Buschi. Ich bin heterosexuell und habe kein Interesse. Sorry.
SPOX: Ich meinte eher den generellen Hype.
Wolff: Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass dieser Hype, der uns derzeit zu Teil wird, nur von kurzer Dauer ist. Das wird sich alles normalisieren, weshalb man spätestens dann automatisch wieder bodenständiger wird. Insgesamt behaupte ich aber, neigen Handballer eher nicht dazu, mit den Köpfen in den Wolken zu schweben. Ich sehe also keine große Gefahr.
SPOX: Ganz im Gegensatz zur Gefahr der Geister?
Wolff: (lacht) Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass es Geister gibt. Und es fällt mir außerdem schwer, alleine in meiner Wohnung zu schlafen, wenn ich mir einen gruseligen Film angesehen habe. Meine Freundin macht sich darüber ziemlich lustig.
SPOX: Lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft werfen. Wie geht es mit dieser Mannschaft weiter, was ist bei den Olympischen Spielen im Sommer in Rio möglich?
Wolff: Wir wollen uns weiter verbessern und unser Potenzial weiter ausschöpfen. Ob das dann für eine Medaille reicht, sei mal dahingestellt. Aber wir fahren natürlich mit dem Ziel nach Rio, das Ding zu gewinnen. Das Problem ist ja immer, dass diesen Plan auch noch andere Mannschaften verfolgen.
SPOX: Fürchten Sie Rückschläge, wie sie von DHB-Vizepräsident Bob Hanning bereits angekündigt wurden?
Wolff: Es werden Rückschläge kommen, da hat Bob absolut Recht. So ist das im Sport, das geht jeder Mannschaft so. Aber wir hoffen natürlich, dass wir diese Rückschläge zu günstigen Zeitpunkten erleben. Also nicht gerade während Olympischen Spielen oder bei einem anderen großen Turnier.
SPOX: Zunächst steht ohnehin erst einmal wieder der Alltag an. Am Samstag spielen Sie mit Wetzlar in der Bundesliga in Balingen. Ein Kulturschock?
Wolff: Überhaupt nicht. Ich freue mich, dass es wieder losgeht. Und ich habe mit der HSG noch große Ziele. Wir würden gerne Fünfter werden, um uns für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren.
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