Rhein-Neckar Löwen, THW Kiel, SG Flensburg-Handewitt: In der HBL geht der Dreikampf um die deutsche Meisterschaft in die heiße Phase. Die Ausgangslage spricht eindeutig für die Löwen, die mentale Stärke für die Zebras. Flensburg braucht ein kleines Wunder. Wird das historische Herzschlagfinale von 2014 getoppt? SPOX gibt einen Überblick.
RN Löwen (24 Spiele, +144 Tore, 42:6 Punkte, Platz 1)
Die bisherigen Stolperer:
MT Melsungen (A) 23:25
THW Kiel (A) 20:31
SG Flensburg-Handewitt (H) 22:25
Der Saisonverlauf:
Das Team von Coach Nikolaj Jacobsen startete angeführt von seinem genialen Spielmacher Andy Schmid mit 12 Siegen in die HBL-Saison und wirkte dabei wie eine Dampfwalze, die nicht aufzuhalten ist. Zu diesem Zeitpunkt wies Flensburg bereits fünf Minuspunkte auf, Kiel gar sechs.
Schon stellte sich mancher Experte auf einen langweiligen Titelkampf mit einem Durchmarsch der Löwen ein. Die erste Meisterschaft in der Geschichte der Badener schien kaum zu verhindern zu sein. Doch weit gefehlt: Die großen Konkurrenten wurden immer stabiler, die Löwen verloren drei ihrer sechs Partien gegen die drei ärgsten Verfolger.
Darum werden die Löwen Meister:
Obwohl der Vizemeister von 2014 und 2015 sechs seiner acht verbleibenden Spiele in fremder Halle bestreiten muss, haben die Löwen das eindeutig leichteste Restprogramm der Big Three. Die größte Stolpergefahr lauert bei den Auswärtsspielen in Berlin und in Wetzlar, beide Aufgaben sind aber absolut machbar.
Der Kader der Rhein-Neckar Löwen
Das große Plus der Löwen ist die Abwehr in Verbindung mit dem zuverlässigen Torhüter Mikael Appelgren (insgesamt 35,41 Prozent gehaltener Bälle). Die Gelb-Blauen kassierten bislang im Schnitt lediglich 22 Gegentreffer pro Partie, was Ligaspitze bedeutet.
Das Aus im Champions-League-Achtelfinale gegen Zagreb dürfte in Sachen Meisterschaft sogar ein Vorteil sein. Während Kiel und Flensburg zunächst knüppelharte Duelle gegen Barcelona beziehungsweise Kielce ins Haus stehen, können die Löwen abgesehen vom Pokal-Final-Four ein wenig durchatmen.
Darum werden die Löwen nicht Meister:
Eigentlich ist die Mannschaft mittlerweile zu erfahren, um das Nervenflattern zu bekommen. Dafür haben Spieler wie Uwe Gensheimer, der mit 145 Toren viertbester Werfer der Liga ist, einfach zu viel erlebt.
So ganz auszuschließen ist es trotzdem nicht, dass bei dem einen oder anderen Akteur im Hinterkopf das Drama von 2014 noch eine Rolle spielt. Damals machte der THW im Fernduell am letzten Spieltag noch neun Treffer gut und sicherte sich letztlich wegen zwei Törchen den Titel vor den Löwen.
Allerdings hat die Jacobsen-Truppe diesmal nicht nur einen oder zwei Zähler Vorsprung auf die Konkurrenten, sondern auch das um 24 beziehungsweise 29 Treffer bessere Torverhältnis.
Das Restprogramm:
VfL Gummersbach (A)
TBV Lemgo (H)
ThSV Eisenach (A)
Füchse Berlin (A)
SC DHfK Leipzig (A)
HSG Wetzlar (A)
TSV Hannover-Burgdorf (H)
TuS N-Lübbecke (A)
Das sagen die Beteiligten:
Uwe Gensheimer: "Wenn ich eine Ausgangslage wählen müsste, würde ich unsere nehmen."
Kim Ekdahl Du Rietz: "Die Kieler müssen normalerweise jedes Jahr Meister werden. Aber wir waren oft nah dran und wissen, was wir leisten können. Jetzt ist die Chance da - und die wollen wir nutzen. Jetzt gibt es nichts anderes mehr, als jedes Spiel zu gewinnen und die Meisterschaft zu holen."
Fazit: Wenn nicht jetzt, wann dann? Restprogramm, Tabellensituation, Torverhältnis - alles spricht für die Löwen. Gerade darin könnte allerdings die Gefahr liegen.
Flensburg-Handewitt (24 Spiele, +120 Tore, 40:8 Punkte, Platz 2)
Die bisherigen Stolperer:
MT Melsungen (H) 32:33
HSG Wetzlar (A) 21:24
Füchse Berlin (H) 30:30
Rhein-Neckar Löwen (H) 25:32
TSV Hannover-Burgdorf (A) 25:25
Der Saisonverlauf:
Könnten die Flensburger den September aus dem Kalender streichen, sie würden es ohne zu zögern tun. Fünf der acht Minuspunkte setzte es in diesem Monat, zu den Niederlagen gegen Melsungen und in Wetzlar kam ein Remis gegen Berlin.
Die hochgehandelte SG hatte da ihre Titelambitionen bereits begraben. Die vielen Neuzugänge zu integrieren, erwies sich für Trainer Ljubomir Vranjes als kompliziertere Aufgabe als erhofft. Allerdings kam Flense immer besser in Fahrt, seit dem 7. Spieltag steht eine Ausbeute von 33:3 Zählern zu Buche.
Mit dem 25:22-Sieg bei den Löwen am 22. Spieltag meldete sich der Champions-League-Sieger von 2014 endgültig im Titelrennen zurück.
Darum wird Flensburg Meister:
"Ich habe ein Luxusproblem und kann wählen. Habe ich das jemals gehabt?" Diese Aussage von Vranjes beschreibt perfekt, wie gut Flensburg aufgestellt ist. Die Nordlichter verfügen über den breitesten Kader und sind deshalb taktisch enorm flexibel.
Der Kader der SG Flensburg-Handewitt
Drei Mann ragten in den letzten Wochen und Monaten besonders heraus: Rasmus Lauge, Holger Glandorf und Lasse Svan.
Während Spielmacher Lauge gerade in den großen Spielen zur Höchstform aufläuft, sorgt Glandorf im rechten Rückraum für Durchschlagskraft. Svan ist mit 122 Treffern bester Werfer der Flensburger. Über Keeper Mattias Andersson muss ohnehin nicht viel gesagt werden.
Darum wird Flensburg nicht Meister:
Flensburg hat mit acht Minuspunkten nicht nur die schlechteste Ausgangslage des Top-Trios, sondern auch das härteste Programm. Unter anderem müssten in Kiel und in Melsungen Siege her, um eine ernsthafte Chance auf die Meisterschaft zu haben.
Die Jungs von der Förde sind zwar das beste Auswärtsteam der Liga (21:3), haben aber ausgerechnet in der sonst so gefürchteten Hölle Nord vergleichsweise viele Zähler liegen gelassen (19:5).
Besonders bitter war zudem das 25:25 am 24. Spieltag in Hannover, als in einer desolaten Schlussviertelstunde eine Sechs-Tore-Führung einfach weggeworfen wurde.
Das Restprogramm:
TuS N-Lübbecke (H)
SC Magdeburg (A)
Frisch Auf Göppingen (H)
MT Melsungen (A)
THW Kiel (A)
ThSV Eisenach (H)
TVB 1898 Stuttgart (A)
Bergischer HC (H)
Das sagen die Beteiligten:
Rasmus Lauge: "Wir wollen natürlich mitkämpfen, aber wir haben klar das schwierigste Programm."
Dierk Schmäschke (Geschäftsführer): "Unser Ziel ist es, oben dranzubleiben. Wir wollen nur von Spiel zu Spiel denken. In den letzten beiden Jahren haben die Löwen und der THW einen Zweikampf um den Titel geführt. In diesem Jahr sind es eben drei Mannschaften."
Fazit: Der Titelgewinn der SG wäre angesichts der Ausgangslage schon ein kleines Wunder. Letztlich dürfte die Bürde der Punktverluste im schwarzen September einfach zu groß sein.
THW Kiel (23 Spiele, +115 Tore, 39:7 Punkte, Platz 3)
Die bisherigen Stolperer:
SG Flensburg-Handewitt (A) 25:30
Frisch Auf Göppingen (A) 21:29
Rhein-Neckar Löwen (A) 20:24
TSV Hannover-Burgdorf (A) 30:30
Der Saisonverlauf:
Ähnlich wie bei der SG begann die Saison auch für den THW holprig mit den beiden Pleiten im September in Flensburg und in Göppingen. Ein treuer Begleiter des Rekordmeisters war dabei das Verletzungspech.
Rene Toft Hansen und Patrick Wiencek zogen sich Kreuzbandrisse zu, Steffen Weinhold wird von einem bei der EM erlittenen Muskelabriss im Adduktorenbereich außer Gefecht gesetzt. Und Christian Dissinger wurde erst kürzlich am Meniskus operiert.
Weitere Spieler wie Rune Dahmke, Christian Sprenger, Joan Canellas oder Domagoj Duvnjak waren immer wieder angeschlagen. Die Zebras waren gezwungen, mit Dener Jaanimaa, Blazenko Lackovic und Ilija Brozovic Nachverpflichtungen zu tätigen.
Allen Widrigkeiten zum Trotz spielt Kiel, das zu Hause alle Spiele gewonnen hat, eine gute Saison. Die letzte Liga-Niederlage datiert vom 7. Oktober 2015.
Darum wird Kiel Meister:
Wer in den vergangenen elf Jahren zehn deutsche Meisterschaften gewonnen hat und wenige Spieltage vor Schluss vorne mit dabei ist, kann natürlich den Titel holen. Niemand hat in der Vergangenheit häufiger als der THW bewiesen, dass man ihn niemals abschreiben darf.
Trotz der Verletzungen verfügt Kiel über Spieler von allerhöchster Qualität. Top-Werfer Duvnjak (106 Treffer), Canellas oder Torhüter Niklas Landin - um nur ein paar Namen zu nennen. Der THW ist mental stark und erfahren, was ein großes Pfund im Titelkampf darstellt.
Zudem hat die Truppe von Trainerfuchs Alfred Gislason noch eine Partie mehr als die Konkurrenz zu absolvieren. Werden alle Spiele gewonnen, landet man zumindest schon mal vor Flensburg.
Der Kader des THW Kiel
Darum wird Kiel nicht Meister:
Das Restprogramm hat es mit Auswärtsspielen in Magdeburg und Melsungen sowie dem Heimspiel gegen Flensburg in sich. Gleich drei Mal herrscht also akute Stolpergefahr, wobei der Auftritt beim SCM noch die leichteste der drei Hürden ist.
Dazu kommt die weiterhin enorm hohe körperliche Belastung durch die Auftritte in der Königsklasse. Sicher ist: Verletzungen dürfen keine mehr dazukommen.
Das Restprogramm:
Frisch Auf Göppingen (H)
HBW Balingen-Weilstetten (A)
TuS N-Lübbecke (H)
HSG Wetzlar (H)
SC Magdeburg (A)
SG Flensburg-Handewitt (H)
MT Melsungen (A)
ThSV Eisenach (A)
TVB 1898 Stuttgart (H)
Das sagen die Beteiligten:
Alfred Gislason: "Die Löwen haben das deutlich einfachere Restprogramm. Jetzt sind wir im Rückstand. Wenn sie bei sechs Minuspunkten bleiben, werden sie zu Recht Meister."
Christian Sprenger: "Unsere Situation hat sich grundsätzlich verbessert im Vergleich zu den vergangenen Monaten. Es gab ja auch schon Zeiten, als die Löwen ohne Minuspunkte durch die Liga gegangen sind."
Fazit: Der THW ist im Vergleich zu den Löwen aktuell klarer Außenseiter im Titelkampf. Das den Kielern scheinbar angeborene Sieger-Gen kann allerdings zum entscheidenden Faktor werden.
Die HBL im Überblick
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