Das Ende der Ära Dagur Sigurdsson, der nun Nationaltrainer in Japan wird, war eine herbe Enttäuschung. Genau genommen war es allerdings die einzige wirkliche Enttäuschung überhaupt während seiner fast zweieinhalb Jahre als Bundestrainer.
Gegen Katar hat sich der Isländer erstmals größere Fehler geleistet, seine Reaktionen unmittelbar nach dem Spiel machten deutlich: er wusste es selbst. Der 43-Jährige hätte vor dem letzten Angriff eine Auszeit nehmen müssen, um sein Team zu beruhigen. Er hat es erstmals nicht geschafft, einen brauchbaren Plan B in der Tasche zu haben, die Mannschaft schien mental nicht vorbereitet gewesen zu sein.
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Trotzdem kann die WM in Frankreich nicht als Debakel gewertet werden. Das DHB-Team schied nicht aufgrund von schlechter Leistungen am Fließband folgerichtig aus. Nach fünf teils überzeugenden Siegen in der Vorrunde kam der Knockout gänzlich unerwartet. Es war dieses eine Drecksspiel zum falschen Zeitpunkt, vor dem Handballer bei Turnieren immer Angst haben.
Mut zu bedingungslosem Vertrauen
Sigurdssons Zeit als DHB-Coach rückt dies keinesfalls in ein schlechtes Licht. Ganz im Gegenteil: Alle, die am Handball in Deutschland interessiert sind, müssen dem Mann aus Reykjavik auf ewig dankbar sein.
Er hat es nicht nur geschafft, die Nationalmannschaft mit seiner Fähigkeit, normalerweise auf Situationen reagieren zu können und jedem Spieler exakt zu vermitteln, was er auf dem Feld zu tun hat, aus ihrem tiefsten Tal mit dem Verpassen großer Turniere zu führen.
Er hat es nicht nur geschafft, den EM-Titel in Polen sowie Bronze bei den Olympischen Spielen in Rio zu holen. Er hat das Kunststück fertiggebracht, den gesamten deutschen Handball in eine neue Richtung zu führen.
Sigurdsson hatte den Mut, jungen Spielern bedingungsloses Vertrauen zu schenken. Nur so war es möglich, in die Weltspitze zurückzukehren. Deshalb ist das DHB-Team vom Spielermaterial her auch heute für die Zukunft gut gerüstet.
Sigurdsson hinterlässt riesige Fußstapfen
Die Fußstapfen, die Sigurdsson seinem Nachfolger hinterlässt, sind dennoch riesig. Egal ob nun Christian Prokop oder Markus Baur das Amt übernehmen - beide Kandidaten müssen erst einmal zeigen, ob sie in der Lage sind, Sigurdssons großartige Arbeit fortzusetzen.
Sigurdsson hinterlässt ein bestelltes Feld. Eins zu eins dürfte das sympathische Nordlicht allerdings kaum zu ersetzen sein.
Die WM 2017 im Überblick