Bob Hanning im Interview: "Der Trainer muss seine Entscheidungen seriös aufarbeiten"

Felix Götz
25. Januar 201801:56
Bob Hanning war nach dem EM-Aus des DHB-Teams bedientgetty
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Nach der Niederlage gegen Spanien ist die EM in Kroatien für die deutsche Nationalmannschaft beendet. Bob Hanning stellte sich unmittelbar danach in der Arena Varazdin den Fragen der Journalisten.

Der DHB-Vizepräsident äußerte sich dabei zu Bundestrainer Christian Prokop, zum Thema Finn Lemke und zur Aufarbeitung des ganzen Schlamassels.

Frage: Herr Hanning, die deutsche Mannschaft hat in der zweiten Halbzeit das Spiel komplett aus der Hand gegeben. Was war in dieser Phase mit dem DHB-Team los?

Bob Hanning: Wir sind auseinandergefallen, alle miteinander. Steffen Fäth nehme ich an dieser Stelle in Schutz, weil der einfach erkältet war. Trotzdem musste Christian Prokop ihn irgendwann bringen und es mit ihm versuchen. Da sind wir uns einig, denke ich. Leider konnte uns Steffen in dieser Verfassung aber nicht helfen.

Frage: Spanien hatte einen 8:0-Lauf, Deutschland hingegen blieb rund 12 Minuten ohne eigenen Treffer.

Hanning: Wir haben überhaupt keine Lösung gefunden, gaben in fünf oder sechs Minuten alles aus der Hand, was wir uns zuvor erkämpft hatten. Was in dieser Phase passiert ist, ist schwer verdaulich.

Frage: Warum hat es die Mannschaft über das ganze Turnier hinweg nie geschafft, einmal Konstanz in ihr Spiel zu bekommen?

Hanning: Dafür habe ich auf die Schnelle keine genaue Erklärung. Man muss festhalten, dass wir nicht konstant waren, da stimme ich zu. Alles andere wäre auch nicht ehrlich. Fakt ist: Wir haben viel zu viele Fehler gemacht, auch wiederkehrende Fehler. Und es ist uns nie gelungen, konsequent über 60 Minuten als Einheit aufzutreten. Dann hast du ein Problem, weil eine Europameisterschaft keine Fehler verzeiht.

Frage: Wer trägt die Schuld für das Aus in der Hauptrunde?

Hanning: Es wäre unseriös, so kurz nach dem Spiel eine Abrechnung zu machen. Klar ist: Wir haben unser Ziel verfehlt. Das, was wir uns vorgenommen hatten, haben wir nicht erreicht, keine Diskussion. Dabei wäre es durchaus möglich gewesen, das Ziel, also das Halbfinale, zu erreichen. Jetzt muss man analysieren, woran es gelegen hat. Nach so einem Turnier darf man viele Dinge kritisch hinterfragen. Aber jetzt aus einer Emotion heraus zu sagen: Dies und das war falsch, hier und da hätte man etwas anders machen müssen, wäre unseriös.

Frage: Welche Rolle hat der Trainer bei diesem schlechten Abschneiden gespielt?

Hanning: Der Trainer ist Teil der Mannschaft. Er ist genauso Teil der Truppe, wie ich es bin und wie es jeder einzelne Spieler ist. Deshalb muss der Trainer seine Entscheidungen genauso wie ich meine und die Spieler ihre seriös aufarbeiten. Um dann zu Lösungen zu kommen, wie man es in Zukunft besser machen kann.

Frage: Das Thema rund um die Nichtnominierung von Finn Lemke hat hohe Wellen geschlagen. Wurde diese Personalie von Seiten des Bundestrainers einfach nur schwer unterschätzt?

Hanning: Zum Thema Lemke sage ich nur: Ich glaube, das hat uns nicht gut getan.

Frage: Sie müssten eigentlich noch besser als Prokop wissen, welch wichtige Rolle Lemke innerhalb des Teams spielt. Müssen Sie sich vorwerfen, den Bundestrainer nicht eindringlich gewarnt zu haben?

Hanning: Ich finde, dass die sportliche Entscheidung beim Trainer liegen muss. Und er war nun einmal davon überzeugt, es so richtig zu machen. Nach drei Tagen hat er dann ja schon reagiert.

Frage: Gibt es weitere Dinge, die Prokop falsch gemacht hat?

Hanning: Das müssen wir in Ruhe aufarbeiten. Wir haben unsere Hausaufgaben nicht so gemacht, wie wir sie hätten machen müssen. Das ist das, was ich heute sagen kann. Dass das Kritik hervorbringt, ist klar und auch richtig.

Frage: Rechnen Sie mit heftigem Gegenwind in den kommenden Tagen?

Hanning: Wenn man so spielt wie wir, also schlecht, dann hat man Gegenwind verdient. Das war nicht gut, wir haben es einfach weggeschmissen. Viel zu einfach und viel zu schnell. Es gab zwar durchaus auch gute Momente in diesem Turnier, es ist nicht alles schlecht gewesen. Aber das Ergebnis ist schlecht - und damit ist dann doch alles schlecht.

Frage: Wann wird die Aufarbeitung der Europameisterschaft beginnen?

Hanning: Wir lassen jetzt ein paar Tage vergehen, dann setzen wir uns innerhalb der nächsten drei Wochen zusammen und analysieren die EM. Man muss ein bisschen Zeit verstreichen lassen, bis sich von jedem die Meinung ein Stück weit verfestigt hat.