"Das war keine leichte psychologische Situation, wir konnten nicht viel gewinnen, aber viel verlieren", sagte Prokop am ZDF-Mikrofon: "Wir hatten das Spiel bis zur 48. Minute gut im Griff, aber dann haben wir aus dem Tor nicht mehr so viel Unterstützung gekriegt, und es wurde noch richtig eng. Wichtig ist: Wir sind weiter."
"Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", sagte Julius Kühn: "Auch so ein Spiel muss man erstmal gewinnen, letztlich konnten wir das Ding dann doch noch nach Hause schaukeln."
Als Zweiter der Gruppe C bekommt es das DHB-Team im ersten Hauptrundenspiel in der Wiener Stadthalle am Donnerstag mit Weißrussland zu tun. Zwei Tage später steht bereits das Schlüsselspiel gegen Kroatien auf dem Programm. Die beiden weiteren Gegner stehen noch nicht fest, ergeben sich aber aus der Gruppe B aus Österreich, Nordmazedonien, Tschechien und der Ukraine.
Deutschland erwischt zähen Start
Gegen Lettland änderte Prokop seine Anfangsformation im Vergleich zum Debakel gegen Spanien gleich auf mehreren Positionen. Jogi Bitter erhielt im Tor erstmals den Vorzug vor dem zuletzt enttäuschenden Andreas Wolff. Philipp Weber gab den Spielmacher, während Paul Drux im linken Rückraum agierte. Zudem begann Timo Kastening auf Rechtsaußen anstatt Tobias Reichmann.
Trotzdem kam die DHB-Auswahl zäh in die Partie. Die Angriffsbemühungen wirkten einmal mehr ideenlos, die Abwehr überzeugte ebenso wenig. Die Folge: Nach zwölf Minuten führte der krasse Außenseiter, der seine ersten beiden Partien gegen Spanien und die Niederlande jeweils deutlich verloren hatte, mit 6:5.
Erst nach einem gehaltenen Siebenmeter von Bitter gegen Maris Versakovs in der 15. Minute ging es bergauf. Die Abwehr packte nun konsequenter zu, außerdem spielte Kühn im Angriff immer stärker auf. Mit einem 4:0-Lauf setzte sich Deutschland ab und ging schließlich mit einer beruhigenden Fünf-Tore-Führung in die Pause.
DHB-Team in der zweiten Halbzeit desaströs
Deutschland, das mittlerweile wieder vom ordentlichen Drux als Spielmacher angeführt wurde, bekam zu Beginn der zweiten Hälfte etwas mehr Lockerheit in sein Angriffsspiel. Allerdings nur vorübergehend: Danach leistete sich der Europameister von 2016 immer wieder haarsträubende Ballverluste.
Auch in der Abwehr hatte das DHB-Team wieder überraschend große Schwierigkeiten. Der 2,15-Meter-Riese Dainis Kristopans wurde häufig zu spät attackiert. Entweder schloss der Skopje-Profi daraufhin selbst ab oder er setzte seine Teamkollegen - vor allem Kreisläufer Ingars Dude - toll in Szene.
Da außerdem nach der Herausnahme des mäßigen Bitter (5 von 26, 19 Prozent) in der 42. Minute Wolff (0 von 6, 0 Prozent) keinen einzigen Ball zu packen bekam, kamen die Letten bis zur 50. Minute auf 22:25 heran. Prokop wurde zu einer Auszeit gezwungen.
Lettland verkürzte in der 56. Minute in doppelter Überzahl auf 25:27 und erzielte 60 Sekunden vor dem Ende sogar das 26:27. Das nun desaströse DHB-Team zitterte unglaublich gegen die Halb-Profis aus dem Baltikum, brachte den Sieg letztlich aber mit viel Mühe nach Hause.
Deutschland vs. Lettland: Die Daten zum Spiel
Anfangsformation DHB: Bitter - Gensheimer, Drux, Weber, Häfner, Kastening, Pekeler.
Torschützen Deutschland: Kühn (8), Kastening, Drux, Gensheimer (alle 4), Reichmann (3 - 3 von 3 Siebenmeter), Kohlbacher (2), Weber, Pekeler, Schmidt (alle 1)
Torschützen Lettland: Kristopnas (7), Kreicbergs (6 - 1 von 1 Siebenmeter), Dude, Jurdzs (beide 5), Ermanis (2), Strazdins, Politers (beide 1)
Zwei-Minuten-Strafen: Deutschland 6 - Lettland 6
Der Star des Spiels: Julius Kühn
Kühn war mit Abstand der beste Spieler im deutschen Rückraum. Der Melsunger agierte schwungvoll und war mit acht Toren bester Werfer der Partie. Kühn vergab nur einen seiner Würfe und setzte seine Mitspieler mehrfach stark in Szene.
Der Flop des Spiels: Raitis Purins
Lettlands zweiter Keeper kam in der zweiten Halbzeit für den mäßigen Edgars Kuksa (6 von 27, 22 Prozent) ins Spiel - und hielt gar nichts. Alle sieben Würfe auf sein Tor waren drin.