Alfred Gislason huschte ein Lächeln über sein Gesicht, ehe der Bundestrainer nach dem souverän bestandenen WM-Stresstest der deutschen Handballer seine Spieler abklatschte. Eine Woche vor Beginn der Weltmeisterschaft in Ägypten besiegte das neu formierte DHB-Team in der EM-Qualifikation Österreich souverän mit 36:27 (22:16) - und machte dabei vor allem in der Offensive Lust auf mehr.
"Wir haben überragend gearbeitet, wir können zufrieden sein", analysierte ein zufriedener Gislason, der insbesondere im ersten Abschnitt eine gnadenlos effektive Vorstellung seiner Mannschaft sah. Sein neuer Abwehrchef Johannes Golla lobte am ZDF-Mikrofon: "Wir sind auf einem guten Weg, das hat man heute gesehen."
Linksaußen Marcel Schiller war beim Geisterspiel in der Steiermark mit elf Treffern bei elf Versuchen der beste Werfer für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB). "Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht", lobte Gislason seinen Back-up für Kapitän Uwe Gensheimer, der am Mittwoch geschont wurde.
Dass die deutsche Mannschaft ihr Ticket für die Europameisterschaft 2022 in Ungarn und der Slowakei nach ihrem dritten Sieg im dritten Quali-Spiel fast schon sicher in der Tasche hat, war Gislason unterdessen nicht so wichtig. "Das Spiel war unser erstes Vorbereitungsspiel auf die WM", sagte der Isländer: "Natürlich wollten wir gewinnen, aber wichtiger war es, Erkenntnisse zu gewinnen."
DHB-Team glänzt bei Tempogegenstößen und Siebenmetern
Schiller freute sich über seinen perfekten Auftritt, "hinten haben mir die Torhüter allerdings auch ein paar Mal den Arsch gerettet". Tatsächlich überzeugten Andreas Wolff und Johannes Bitter mit etlichen Paraden - und bestätigten so das Vertrauen ihres Trainers, der dem Duo den Vorzug gegenüber Silvio Heinevetter gegeben hatte.
Bereits am Sonntag (18.10 Uhr) trifft das DHB-Team in Köln ein weiteres Mal auf das Nachbarland, ein erneuter Sieg würde die vorzeitige EM-Qualifikation bedeuten. Das Spiel ist zugleich die Generalprobe für das Mega-Turnier am Nil, wo die DHB-Auswahl den Absagen von gleich sieben Stammkräften zum Trotz vom großen Wurf träumt.
"Wir haben sehr, sehr gut angegriffen und viel Druck aus der Abwehr gemacht", sagte Gislason, der aber selbstredend auch noch Verbesserungspotenzial erkannte: "In der Abwehr war es wie erwartet, wir haben sie manchmal zu nah rangelassen. Beim Zurücklaufen kassieren wir zu viele Tore", sagte er nach der insgesamt gelungenen Vorstellung.
Gislason testete zu Beginn der Partie in Graz wie erwartet eine 6:0-Deckung mit dem Flensburger Johannes Golla und Erlangens Sebastian Firnhaber im Innenblock. Der Start in die Partie verlief noch recht zäh. Deutschland geriet nach einer Zeitstrafe gegen Golla früh in Unterzahl, ließ den Gegner aber auch beim Sechs gegen Sechs zu nah ans eigene Tor herankommen.
Nach und nach kam die hochmotivierte DHB-Auswahl besser in die Partie, das Tempospiel nach Ballgewinnen war dabei stets eine Waffe. Gislason, der vor seinem ersten Turnier als DHB-Coach viele Anweisungen von außen gab, tauschte zudem fleißig Personal. So verteidigte der Hannoveraner Fabian Böhm zeitweise als Spitze einer 5:1-Deckung, im Angriff durfte sich auch Youngster Juri Knorr beweisen.
Nach einem 5:0-Lauf und dank des sicheren Siebenmeterschützen Schiller wuchs der Vorsprung komfortabel auf sechs Tore an. Der Start in den zweiten Durchgang missglückte jedoch, Gislason nahm beim 24:21 (38.) eine Auszeit und kritisierte leichte Fehlwürfe in der Offensive. Deutschland traf anschließend wieder regelmäßiger, Bitter kam nach der Pause zudem ebenfalls gut ins Spiel.
Der Vorsprung wuchs wieder, auch weil Schiller bei Siebenmetern immer neue Wurfvariationen zeigte und eiskalt blieb. Gislasons dritter Sieg im dritten Spiel als DHB-Coach geriet nicht mehr in Gefahr.