Deutschland hat sein wichtiges Auftaktspiel bei der EM in Ungarn und der Slowakei mit 33:29 gegen Belarus gewonnen. Bundestrainer Alfred Gislason ist dabei ein großes Risiko eingegangen, nur einer seiner überraschenden Moves ist aufgegangen. Die Erkenntnisse zum DHB-Sieg.
1. Alfred Gislason hat sich verzockt
Hätte Deutschland gegen Belarus die Platte als Verlierer verlassen, wären die Reaktionen auf Alfred Gislasons Vabanquespiel sicher heftiger ausgefallen. Denn klar ist: Der Bundestrainer hat sich im Auftaktspiel mit seiner Entscheidung auf der Torhüter-Position verzockt - und ist mit einem blauen Auge davongekommen.
Völlig unerwartet setzte der Isländer zu Beginn auf Debütant Till Klimpke zwischen den Pfosten. Der 23-Jährige von der HSG Wetzlar hielt keinen einzigen Ball und musste bereits nach gut zehn Minuten für Andreas Wolff auf der Bank Platz nehmen.
"Im Nachhinein ist man immer schlauer. Es kann natürlich schiefgehen in der Anfangsphase. Ich hatte aber lieber Andi in der Hinterhand als einen unerfahrenen Jungen. Till hat viel Talent und wird auch seine Klasse zeigen", sagte Gislason: "Andi wusste schon sehr lange, dass er nicht anfangen wird, sondern Till. Meiner Erfahrung nach hat Andi zuletzt sehr gute Leistungen gezeigt, wenn er von der Bank kam."
Dem war allerdings nicht so. Der in der Vorbereitung überzeugende Wolff hatte große Schwierigkeiten, in die Partie zu finden. Zur Halbzeit stand genau ein gehaltener Ball für das deutsche Torhüter-Duo in der Statistik - eine desaströse Ausbeute. Wolff parierte letztlich immerhin sechs von 26 Würfen, darunter einen Siebenmeter. Seine Quote von 23 Prozent war aber alles andere als berauschend.
imago imagesGislason verwies zwar zurecht auf die schlechte Abwehrleistung in der ersten Halbzeit, weshalb die Torhüter überhaupt nicht ins Spiel kamen. Der Mittelblock mit Johannes Golla und Patrick Wiencek hatte lange Zeit riesige Probleme mit Kreisläufer Artsem Karalek.
Trotzdem: Klimpke statt Wolff beginnen zu lassen, war ein unnötig riskantes Spiel, bei dem es viel zu verlieren, aber kaum etwas zu gewinnen gab. Der 30-Jährige ist nun mal ein Torhüter, der das uneingeschränkte Vertrauen als Nummer 1 spüren muss, um an seine Topleistungen herankommen zu können.
Hätte Wolff das Ende der Partie aus seiner Sicht nicht noch versöhnlich gestaltet, hätte dies negative Folgen für die nächsten Partien haben können. Die Erfahrung der vergangenen Turniere zeigt, wie schnell und nachhaltig den Kielce-Torhüter ein miserabler Auftakt aus dem Konzept bringen kann. Wie Klimpke sein verkorkstes EM-Debüt wegsteckt, wird sich zeigen.
2. Die Rückraum-Achse Kühn, Weber und Häfner funktioniert
Was sich bei den Siegen in den Testspielen gegen die Schweiz und Frankreich angedeutet hatte, wurde gegen Belarus eindrucksvoll bestätigt: Die Rückraum-Achse Julius Kühn, Philipp Weber und Kai Häfner funktioniert und ist in Form.
Das Trio überzeugte im Zusammenspiel besonders in der zweiten Halbzeit und machte damit die wackeligen Auftritte von Abwehr und Torhütern wett. Sebastian Heymann, der im linken Rückraum für Kühn beginnen durfte, hatte noch seine Schwierigkeiten.
Häfner erzielte acht Tore bei zehn Versuchen und war klar bester deutscher Spieler. Kühn versenkte sechs seiner acht Würfe. Weber traf zwar nur zweimal, setzte seine Nebenmänner aber mehrfach mit guten Pässen in Szene.
"Kai war überragend", schwärmte Gislason: "Das war das beste Spiel, das ich überhaupt von ihm gesehen habe. Nicht nur, weil er so viele Tore geworfen hat. Er hat auch viele Assists gegeben. Julius kam ebenfalls sehr gut rein."
3. Nur ein Neuling spielt eine gute Rolle
Acht Turnier-Neulinge weilen unter den 17 Spielern, die Gislason im Moment in Bratislava versammelt hat. Mit dem nominellen rechten Rückraumspieler Christoph Steinert, der auf Rechtsaußen den Vorzug vor Timo Kastening erhielt, konnte sich im ersten Spiel nur ein Debütant in den Vordergrund spielen.
Anders als bei den Torhütern ist dieser überraschende Gislason-Move gut aufgegangen. Der 31-Jährige vom HC Erlangen traf drei seiner vier Würfe und zeigte auch in der Deckung eine solide Vorstellung.
Und sonst? Klimpkes misslungener Auftritt wurde bereits erwähnt, Heymann durfte im Rückraum zwar beginnen, kam aber in Angriff und Abwehr deutlich weniger zur Geltung, als es zu vermuten war.
Julian Köster, Lukas Mertens, Luca Witzke und Djibril M'Bengue kamen keine Sekunde zum Einsatz. Lukas Zerbe schaffte es nicht in den 16 Akteure umfassenden Spieltagskader.
Grundsätzlich bleibt festzuhalten: Der Auftakt ist mit dem Sieg gelungen. Wirklich schlauer, was die junge deutsche Mannschaft im Stande zu leisten ist, sind wir bislang aber noch nicht. Das könnte sich schon gegen Österreich (So., 18 Uhr im LIVETICKER) ändern.
Handball-EM: Der Spielplan der deutschen Gruppe
Datum | Uhrzeit | Team 1 | Team 2 |
So., 16. Januar | 18 Uhr | Deutschland | Österreich |
So., 16. Januar | 20.30 Uhr | Belarus | Polen |
Di., 18. Januar | 18 Uhr | Polen | Deutschland |
Di., 18. Januar | 20.30 Uhr | Belarus | Österreich |