Was wird der Deutsche im kommenden Jahr genau machen? Wie passen das Testfahrer-Engagement in der Formel 1 und die WEC zusammen? Und welche Auswirkungen hat das auf die weitere Karriere Schumachers? Werden wir ihn vielleicht überhaupt nicht mehr in der Königsklasse sehen? SPOX beantwortet alle wichtigen Fragen.
Formel 1, Mick Schumachers Zukunft: Was ist passiert?
Mick Schumacher wird in der kommenden Saison für Alpine in der Langstrecken-WM im Einsatz sein. Das bestätigte der französische Rennstall am vergangenen Mittwoch. Damit fährt der Deutsche im kommenden Jahr unter anderem bei einem der prestigereichsten Klassiker im Motorsport mit, den 24 Stunden von Le Mans. Papa Michael Schumacher ging dort im Jahr 1991 an den Start - und wurde Fünfter. Schumacher Jr. will das nun wiederholen.
"Für mich beginnt mit Alpine in der Hypercar-Klasse ein neues Kapitel. Das Auto ist beeindruckend und ich kann es kaum erwarten loszulegen", sagte er über die neue Herausforderung. "Ich habe den Rennsport in diesem Jahr schmerzlich vermisst. Das ist es, was ich seit meiner Kindheit liebe und es war manchmal schwierig, den anderen Fahrern auf der Strecke zuzusehen."
Bereits im Oktober hatte der 24-Jährige in Jerez Testfahrten für Alpine im neuen Hypercar mit der Kennung A424 absolviert und dabei überzeugt. "Wir waren sehr zufrieden mit seiner Leistung und mit der Art und Weise, wie er mit dem Team umgegangen ist. Ich glaube, er war auch zufrieden", hatte Alpines Teamchef Bruno Famin am Rande des Großen Preises von Mexiko gesagt.
Gleichzeitig, das verkündete sein bisheriger Arbeitgeber Mercedes nur wenig später, wird Schumacher nach wie vor als Testfahrer für die Silberpfeile in der Formel 1 agieren. Beide Engagements sollen parallel zueinander verlaufen, auch wenn es für Überschneidungen im Terminkalender klare Regelungen gibt.
Formel 1, Mick Schumachers Zukunft: Wie passen beide Engagements unter einen Hut?
Laut Famin hätte ein Einsatz bei Mercedes in der Formel 1, sollte Schumacher etwa die Möglichkeit bekommen, bei einem Grand Prix anstatt einem der beiden Stammfahrer Lewis Hamilton oder George Russell im Auto sitzen zu dürfen, Priorität gegenüber der Langstrecken-WM. "Der Vertrag ist klar und die Vereinbarung mit Mick ist klar: Wenn er die Möglichkeit hat, in der Formel 1 zu fahren und George [Russell] oder Lewis [Hamilton] zu ersetzen, wird er in die Formel 1 gehen", bestätigte der Alpine-Teamchef.
Fünf Mal überschneiden sich die Termine der Formel 1 und der WEC 2024, darunter beim Saisonauftakt der Königsklasse in Bahrain, wenn zeitgleich die WEC in Katar startet. Auch die WEC-Rennen in Imola (Formel 1 in Schanghai), Austin (Monza), Fuji (Baku) und Bahrain (Sao Paulo) könnte der Deutsche verpassen.
Die Übereinkunft zwischen den beiden Rennställen war deshalb kein Problem, da Mercedes und Renault, speziell in den Junior-Klassen, eng miteinander zusammenarbeiten. In der A-, B- und C-Klasse von Mercedes stecken Renault-Motoren.
Formel 1, Mick Schumachers Zukunft: Wie groß ist der Unterschied zwischen der WEC und der F1?
Abgesehen von dem Fakt, dass in beiden Serien Rennen gefahren wird, haben die Formel 1 und die WEC nur wenig Gemeinsamkeiten. In der Langstrecken-WM fährt man im Gegensatz zum Formel-Sport mit einem Dach über dem Kopf und dementsprechend in einem geschlossenen Cockpit, zudem können die Rennen bis zu 24 Stunden dauern.
Eine weitere Neuheit für Schumacher: Er wird sich sein Cockpit künftig mit zwei anderen Piloten teilen müssen, mit denen er sich am Steuer abwechselt. Für das kommende Jahr werden das der Österreicher Ferdinand Habsburg und der Franzose Paul-Loup Chatin sein.
Der Unterschied zur Formel 1 sei "immens", meinte Schumacher nach den Tests in Jerez. "Es ist ein relativ schweres Auto. Wir reden von 1.030 statt 800 Kilo. Und natürlich mit weniger Leistung. Aber Motorsport ist Motorsport. Die Essenz des Rennfahrens ist immer noch die gleiche: Man will schnell fahren und gewinnen."
Formel 1, Mick Schumachers Zukunft: Was bedeutet das für ihn?
Nach seinem Formel-1-Aus Ende des vergangenen Jahres waren viele skeptisch, ob Schumacher je wieder Fuß in der Königsklasse des Motorsports fassen würde. Die Testfahrer-Anstellung in der abgelaufenen Saison hielt ihn zumindest in direktem Kontakt zu Teams, Fahrern und Verantwortlichen, richtig Kapital konnte der Deutsche daraus aber nicht schlagen.
Lediglich ein paar Testeinsätze für Mercedes und McLaren, die als Motorenpartner der Silberpfeile ebenfalls auf Schumacher zurückgreifen konnten, sprangen heraus, ernsthaft beweisen konnte sich der 24-Jährige allerdings nie. Im Zuge der Testfahrten wurde immer wieder betont, dass Schumacher ausgezeichnete Arbeit als Testpilot leiste und man mehr als zufrieden mit ihm sei. Bei der Vergabe der F1-Cockpits für das Jahr 2024 war er dennoch nirgends ein ernsthafter Kandidat.
Nun allerdings ändert sich für den Sohn von Rekordweltmeister Michael (sieben Titel wie Lewis Hamilton) die Situation fundamental: Endlich wieder der Benzin-Geruch, endlich wieder echtes Racing mit wilden Rad-an-Rad-Duellen, endlich wieder Bestzeiten jagen, endlich wieder das Gaspedal durchdrücken.
Durch das Engagement in der Langstrecken-Weltmeisterschaft bekommt er nicht nur wichtige Zeit und Kilometer auf der Strecke, er kehrt auch zurück in den kompetitiven Rennsport. Für einen mit 24 Jahren vergleichsweise jungen Fahrer ist das deshalb wichtig, um für mentale Drucksituationen gewappnet zu sein, die es in seinen zwei Jahren bei Haas ein ums andere Mal gab.
Darüber hinaus ist er bei Alpine bei einem Team unter Vertrag, das einen eigenen Rennstall in der Formel 1 unterhält und damit aus erster Hand seine Leistungen beurteilen und einschätzen kann. Macht Schumacher in der WEC einen guten Job, werden die Franzosen zwangsweise bei einer Neubesetzung eines ihrer F1-Cockpits über den Deutschen diskutieren müssen.
Ohnehin ist ein Comeback bei Alpine in der Formel 1 deutlich wahrscheinlicher als bei Mercedes, wo Hamilton dem Vernehmen nach am liebsten bis zu seinem achten Weltmeistertitel fahren möchte und Russell als junger Pilot beste Zukunftsaussichten hat und auf absehbare Zeit mit Sicherheit nicht abgelöst wird. Schumacher bekommt also gewisser Weise das Beste aus beiden Welten: Einerseits hält er Kontakt zur F1, andererseits darf er sich aber im Wettkampf beweisen.
Denn weiterhin ist es Schumachers erklärtes Ziel, das machte er bei der Verkündung seines neuen Arbeitgebers einmal mehr klar, in die Formel 1 zurückzukehren. Der Weg dorthin ist ohne Frage mehr als schwierig, Beispiele aus der Vergangenheit - etwa das von Nico Hülkenberg, der nach mehrjähriger Pause in der gerade zu Ende gegangenen Saison wieder im Cockpit saß - zeigen aber, dass es möglich ist. Auch für Schumacher.
"Mein Ziel ist es, wieder in die Formel 1 zu kommen", stellte der Deutsche klar. Dafür sei es "entscheidend", dass er sich wieder "präsentieren kann. Für mich ist es wichtig, wieder im Auto zu sitzen und zu zeigen, ich kann es." Nur so könne sich der Mercedes-Ersatzpilot für den Fall der Fälle vorbereiten. "Wenn die Situation kommt, wo ich fahren müsste, dass ich dann einfach ins Auto springen kann und genau weiß, was Sache ist", sagte Schumacher.
Auch Ex-Weltmeister und "Mentor" Sebastian Vettel glaubt, dass der Wechsel in die WEC der Karriere des 24-Jährige gut tun werde. Er muss hinter das Lenkrad und Rennen fahren", sagte der Heppenheimer dem SID bei der Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in Düsseldorf. Nur so habe Schumacher "das beste" Paket "für nächstes Jahr", so Vettel weiter.
Formel 1, Mick Schumachers Zukunft: Was bedeutet das für die "deutsche Brille" in der F1?
Deutsche Formel-1-Fans werden weiter auf einen deutschen Piloten bei einem Top-Team warten müssen. Für das kommende Jahr steht lediglich Nico Hülkenberg bei einem F1-Rennstall unter Vertrag, der Emmericher hat im Haas jedoch keinerlei Chancen auf Siege und Podestplätze. Selbst mit Platzierungen in den Punkten wird es schwierig werden, gelingt den US-Amerikanern im Winter kein Meisterwerk.
Abgesehen davon findet auch 2024 der Motorsport in Deutschland kaum statt. An die glorreiche Vergangenheit von und mit Michael Schumacher und Sebastian Vettel gibt es nur noch Erinnerungen, die Gegenwart und Zukunft sehen indes eher düster aus. Der Nachwuchs hat es schwer, neue Talente sind rar gesät - und haben noch einen ganz, ganz weiten Weg vor sich.
"Der deutsche Motorsport, speziell in puncto Formel-Sport, hat sich schon vor einigen Jahren selbst abgemeldet", meinte Sky-Experte Ralf Schumacher, da die Formel 3 als Sprungbrett auf nationaler Ebene de facto abgeschafft wurde: "Wir haben keine ordentlichen Kartbahnen mehr. Alle, die im Automobil- und Formel-Sport was werden wollen, müssen daher nach Italien."
Im F1-Unterbau Formel 2 gibt es keinen einzigen deutschen Fahrer, in der Formel 3 wird mit Sophia Flörsch, Oliver Goethe und Tim Tramnitz hingegen wohl ein Trio mit deutscher Lizenz unterwegs sein. Während Schumacher Flörsch sportlich nicht viel zutraut, seien Goethe und Tramnitz - beide werden seit Kurzem von Red Bull unterstützt - "gut". Doch "den zwei jungen Piloten muss man Zeit geben." Und es "werden auf weite Sicht leider erstmal die Letzten sein."
Immerhin kommt neben Mercedes ab der Saison 2026 mit Audi ein weiterer Hersteller hinzu, vielleicht geling dort mit einem wiedererstarkten Mick Schumacher ein Comeback für die deutsche Szene. "Alles in allem eine riesige Herausforderung", findet Ralf Schumacher. Einen wie Weltmeister Max Verstappen wird der deutsche Motorsport aber für lange Zeit nicht mehr herausbringen, da sind sich alle Experten einig.