Es war nur eine kurze Meldung, die RB Leipzig am Mittwochmittag veröffentlichte: Timo Werner kann wegen Adduktorenbeschwerden nicht trainieren. Kein Wort verloren die Sachsen darüber, wie es mit der Einsatzfähigkeit des Stürmers im am Samstag anstehenden Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg aussieht.
Überspitzt formuliert ist es aber auch egal, ob Werner fit ist oder nicht: Eine entscheidende Rolle hätte er für RB bei den Wölfen ohnehin höchstwahrscheinlich nicht gespielt. Denn Werner ist in Leipzig nicht mehr Haupt-, sondern nur noch Nebendarsteller in einem für ihn eher traurigen Film.
Timo Werner: Nur noch Stürmer Nummer vier
18 Pflichtspiele hat das Team von Trainer Marco Rose in dieser Saison bislang gemacht - und in nur vier davon stand Werner in der Startelf. Zwei Tore gelangen ihm in der Bundesliga, der Siegtreffer in Gladbach und ein Tor beim deutlichen 6:0 gegen Köln. Nur insgesamt 370 Spielminuten in allen Wettbewerben sind mit Sicherheit nicht das, was sich Werner selbst vorgestellt hat.
Was sich sein Trainer aktuell lieber vorstellt, ist ein 4-4-2-System, in dem der schnelle Lois Openda und der wuchtige Benjamin Sesko die beiden Plätze ganz vorne besetzen. Und wenn einer der beiden ausgewechselt wird, gibt es auch noch Yussuf Poulsen bei den Leipzigern.
Stürmer Nummer vier - das ist aktuell die Realität für Werner. "Warum reden wir immer so schnell über Timo?", fragte Coach Rose im September bei einer Pressekonferenz, als der Champions-League-Sieger von 2021 bereits nur eine Nebenrolle bei ihm spielte. Weil der sich in einem "Karriere-Tief" befindet, wie schon manche Medien titelten. Weil die Erwartungen, die mit den 20 Millionen Euro Ablöse und einem angeblichen Jahresgehalt in Höhe von zehn Millionen Euro verbunden sind, bei RB ganz andere waren. Weil niemand erklären kann, warum es bei Werner gerade gar nicht läuft.
"Im Moment bringt er das nicht so konstant auf den Platz, wie wir uns das alle wünschen", sagte Rose und blieb eine konkretere Begründung schuldig.
RB macht die Wechsel-Tür für Timo Werner auf
Die drei Konkurrenten Werners sind aktuell besser oder bekommen einfach mehr Chancen beim RB-Übungsleiter. "Timo hat die Möglichkeit, sich hier wieder ins Team zu arbeiten", beteuerte Rose. Aber was soll er auch sonst sagen? Werner jetzt schon öffentlich abzuschreiben, wäre aus Vereinssicht pure Kapitalvernichtung. "Es ist wichtig, dass Timo den Kopf oben behält, dass er dranbleibt", sagte der Coach.
Den Kopf oben behalten könnte er auch, damit er sich nach einem anderen Klub umschauen kann. "Wenn einer das Thema hat, er möchte was anderes tun, dann werden wir uns damit beschäftigen", sagte RB-Sportdirektor Rouven Schröder zuletzt der Mitteldeutschen Zeitung ganz allgemein. Und auf den konkreten Fall Werner angesprochen antwortete er in der Bild auf die Frage, ob ein Abschied im Winter ausgeschlossen sei: "Das würde ich jetzt nicht sagen."
Wie Werner selbst seine aktuelle Situation sieht, ist allerdings nicht bekannt, denn er äußerte sich zuletzt nicht. Ein Wechsel im Winter ist jedoch theoretisch vorstellbar, denn es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich seine Lage unter Trainer Rose in absehbarer Zeit ändern könnte.
Welcher Klub könnte der Ausweg für Timo Werner sein?
Doch welcher Klub käme für ein Leihgeschäft oder gar einen fixen Transfer ganz praktisch in Frage? An einer Rückkehr nach England, wohin Werner einst für 53 Millionen wechselte und nach zwei mäßigen Jahren beim FC Chelsea als Champions-League-Sieger wieder gehen durfte, ist laut Sport Bild nichts dran.
In der letzten Woche brachte dann die spanische Sportzeitung Sport Werner in Verbindung mit Real Madrid. Der Flügelspieler sei eine mögliche, weil günstige Alternative, um bei den Königlichen den verletzten Vinícius Júnior kurzfristig zu ersetzen. Warum der Stürmer Nummer vier von RB Leipzig nun - abgesehen vom angeblichen Schnäppchengehalt - ausgerechnet eine exzellente Wahl für den Welt-Klub Real sein sollte, konnte das Blatt aber auch nicht näher erklären.
Die Werner-Wahrheit ist wohl, dass die Zahl der Interessenten sehr begrenzt sein dürfte. Dabei benötigt er aller Voraussicht nach einen Wechsel und eine starke Rückrunde, um vielleicht doch noch im Deutschland-Kader für die Heim-EM zu stehen. Denn das eine hängt natürlich mit dem anderen zusammen: Schlechte Karten in Leipzig bedeuten auch schlechte Karten bei seinem Ex-Coach und jetzigen Bundestrainer Julian Nagelsmann. Werners letzte DFB-Einladung war im Juni, sein letztes Länderspiel im März. Ein wenig ist Werner im Nationalteam schon in Vergessenheit geraten, denn auf der fieberhaften Suche nach Lösungen für die schwer kriselnde Mannschaft fiel sein Name in dieser Woche gar nicht mehr.
Dass Werner versuchen wird, das zu ändern, wenn man ihn auch mal spielen lässt, dürfte klar sein. Eine Meldung wie die vom Mittwochmittag hilft bei diesem Vorhaben aber mit Sicherheit nicht.