Einen symbolischen Sieg feierte der FC Bayern schon vor Anpfiff: Kommentar zum Remis im Topspiel gegen Bayer Leverkusen

Bayern Münchens Trainer Vincent Kompany.
© Getty Images

Der FC Bayern hat im Topspiel gegen Leverkusen zwar nur ein Remis geholt, dafür aber das verlorene Selbstverständnis zurückgewonnen. Ein Kommentar.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Als die Spieler des FC Bayern nach dem Abpfiff vor der Südkurve standen, skandierten ihre Fans lauthals: "Deutscher Meister wird nur der FCB." Normalerweise keine nennenswerte Information - wer denn auch sonst? -, aber die Welt des FC Bayern war zuletzt nicht mehr normal.

Deutscher Meister wurde vergangene Saison tatsächlich Leverkusen, sogar ungeschlagen. Die Münchner verloren nach elf Jahren unterdessen nicht nur die Meisterschale, sondern auch ihr Selbstverständnis. Sie strahlten keine Dominanz aus, sie ließen ein klar erkennbares System vermissen, brachen wiederholt urplötzlich auseinander. Und sie wussten selbst nicht so recht, woran es liegt und wessen Schuld es ist. Wer san mia statt mia san mia.

Beim ersten Wiedersehen mit den Entthronern aus Leverkusen gewann der FC Bayern zwar nicht die Schale zurück, ja nicht einmal drei Punkte. Aber die Münchner gewannen gewissermaßen ihr verlorenes Selbstverständnis zurück. Nach dem spektakulären Saisonstart unter dem neuen Trainer Vincent Kompany traten sie auch im ersten Topspiel der Saison so auf, wie es sich für den Deutscher-Meister-wird-nur-der-FCB gehört. Ganz unabhängig vom Ergebnis. Statement-Leistung statt Statement-Sieg.

xabi-alonso-leverkusen-2024-main-img
© Getty

Bayer Leverkusen spielte gegen den FC Bayern Außenseiterfußball

Einen symbolischen Sieg feierte der FC Bayern schon vor Anpfiff. Und zwar im Kopf von Leverkusens Meistertrainer Xabi Alonso. Beim vorherigen Duell im Februar hatte er seine Mannschaft noch mutig zu einem 3:0-Sieg gecoacht. Diesmal ging es ihm nur um die Vermeidung einer Niederlage. Die Leistungen des FC Bayern bei den bisherigen sechs Siegen haben bei ihm offenbar Eindruck hinterlassen und Respekt geschürt. Was der größte Unterschied zwischen dem FC Bayern der vergangenen und dieser Saison sei, wurde Alonso gefragt. "Die Energie, der Glaube", erwiderte er. "Das kann man fühlen."

Als Konsequenz verschrieb Alonso seinen Leverkusenern eine Mauertaktik. Sie verteidigten beherzt, warfen sich in die Zweikämpfe, schunden Zeit. Der ungeschlagene Meister spielte feinsten Außenseiterfußball und freute sich letztlich über ein ungerechtes Remis. Und so waren am Ende alle Beteiligten zufrieden. Denn beim FC Bayern trauerte man weniger dem verpassten Sieg hinterher, sondern freute sich eher über den dominanten Auftritt. Tabellenführer ist man ja auch trotz des Remis weiterhin.

"Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt, in der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben", befand Sportvorstand Max Eberl. "Wir können sehr stolz sein", sagte Kapitän Manuel Neuer. "Wir haben die ganze Zeit dominiert", freute sich Aleksandar Pavlovic, der mit seinem Fehlpass Anteil am Rückstand hatte und dann mit seinem spektakulären Distanzschuss zum Ausgleich traf. Härtetest bestanden? "Ja, auf jeden Fall."

pavlovic-jubel-bayern-leverkusen-1-1-1200
© getty

FC Bayern: Gegen Leverkusen glänzte vor allem die Abwehr

Kompanys mutiges System mit hohem Pressing und Mann-gegen-Mann-Verteidigung funktionierte zuletzt tadellos gegen eher mittelmäßige Gegner. Beim Duell mit Leverkusen gab es nun die Bestätigung, dass es auch gegen Spitzenmannschaften taugt - obwohl im vorderen Drittel die letzte Zielstrebigkeit fehlte und Torjäger Harry Kane abgemeldet war. Sämtliche Statistiken sprachen für den FC Bayern: 1,32 zu 0,07 erwartbare Tore, 69 Prozent Ballbesitz, 55 Prozent Zweikampfquote, 18:3 Schüsse. Weniger als drei Schüsse ließ in der Amtszeit von Alonso bis dato noch keine Mannschaft gegen Leverkusen zu.

Standen bei den Schützenfesten die Angreifer Kane, Jamal Musiala und Michael Olise im Fokus, beeindruckte diesmal vor allem die Defensive mit dem mittlerweile tadellos eingespielten Innenverteidiger-Pärchen bestehend aus Dayot Upamecano und Min-Jae Kim sowie der Doppelsechs mit Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlovic.

Anders als noch unter Thomas Tuchel hat man als Zuschauer nicht mehr das Gefühl, die Mannschaft könnte jeden Moment auseinanderbrechen. Alles wirkt gefestigt. Das registrieren und honorieren auch die Fans. Immer wieder gab es gegen Leverkusen Szenenapplaus für kleine Aktionen wie gewonnene Laufduelle oder Klärungsmanöver. Selbst die eher blassen Raphael Guerreiro und Michael Olise bekamen bei ihren Auswechslungen Standing Ovations und am Ende hieß es: "Deutscher Meister wird nur der FCB." Den FC Bayern umgibt aktuell eine lange nicht mehr dagewesene Grundzufriedenheit.