"Die Möglichkeit, die Zukunft grundlegend zu verändern": Futsal, Premier League, 47-Millionen-Mann! Die irre Geschichte von Max Kilman

Von Stanislav Schupp
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Einst im Nachwuchsbereich von Fulham aussortiert, ist Max Kilman inzwischen 47,5 Millionen Euro wert. Seine verrückte Geschichte.

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Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Kylian Mbappé sind nur einige Beispiele, die für einen kometenhaften Aufstieg vom talentierten Jugendspieler zum absoluten Weltstar stehen. Doch nicht alle genießen das Privileg eines reibungslosen Karriereverlaufs. Einige gelangen erst über zahlreiche Leihgeschäfte bei meist unterklassigen Vereinen wieder in die Spur, andere schaffen dagegen trotz ihres Talents nie den Sprung in die Fußball-Elite.

Max Kilman hat es geschafft, allerdings weder auf dem Wege der drei genannten Superstars noch dank diverser Leihen. Er nahm einen gleichermaßen eindrucksvollen wie einzigartigen Umweg, der ihn mittlerweile zu einem Spieler gemacht hat, der 47,5 Millionen Euro wert ist. Für diese Ablösesumme ist der Innenverteidiger nämlich jüngst von Wolverhampton zu West Ham gewechselt - inklusive Geldregen für einen Fünftligisten.

Max Kilman: Der Traum vom Fußball-Profi war eigentlich schon geplatzt

Der heute 27-Jährige hatte den Traum von der Profikarriere eigentlich schon aufgegeben. Im Alter von neun bis 15 Jahren spielte der gebürtige Londoner im Nachwuchsbereich des FC Fulham, ehe er bei den Cottagers aussortiert wurde. Fortan kickte Kilman bei den unterklassigen Jugendteams von Welling United, Marlow FC und Maidenhead United. Letzterer Verein aus der fünften englischen Liga kassierte bei Kilmans Wechsel zu West Ham nun jüngst eine Millionen-Nachzahlung.

Denn Maidenhead hatte sich 2018 bei Kilmans Verkauf nach Wolverhampton eine Weiterverkaufsklausel zusichern lassen. Laut BBC schreibt diese Klausel vor, dass Maidenhead zehn Prozent der Transfersumme, also in diesem Fall 4,75 Millionen Euro erhält. Unglaublich viel Geld für einen Amateurklub. Und nie wurde für einen Spieler aus der fünften Liga Englands mehr bezahlt.

"Dies ist ein bedeutender Tag für Maidenhead United FC, der uns die Möglichkeit gibt, die Zukunft des Vereins grundlegend zu verändern. Zu gegebener Zeit wird ein Treffen mit den Fans stattfinden, um weitere Einzelheiten preiszugeben, wie die Finanzspritze auf und neben dem Platz eingesetzt werden soll", frohlockte Maidenheads Vorstandsboss Peter Griffin.

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Aber zurück zu Kilmans bemerkenswertem Werdegang. Mit 14, also rund um sein Aus im Nachwuchs von Fulham, hatte er in einem Park eine neue Leidenschaft für sich entdeckt. Eine, die ihm später doch noch den unverhofften Sprung ins Profigeschäft ermöglichen sollte: Futsal.

"Ich bin in den Futsal eingestiegen und habe dienstags und donnerstags trainiert", erzählte Kilman im Gespräch mit SPORTbible: "Es war etwas Anderes und erlaubte mir, an meinen technischen Fähigkeiten zu arbeiten". Die Ausgewogenheit zwischen Fußball und Futsal "machte es angenehmer".

Futsal sollte jedoch nicht nur ein Hobby bleiben. Kilmans Gabe wurde schnell deutlich, er avancierte im Laufe der Zeit sogar zum englischen Nationalspieler und kam auf 25 Partien für sein Land. Nebenbei lief er auf dem großen Feld für das fünftklassige Maidenhead auf.

Transfer am Deadline Day: Kilmans Sprung vom Futsal in die Premier League

Im Sommertransferfenster des Jahres 2018, genauer gesagt am Deadline Day, kam der Moment, der alles veränderte. "Mein Trainer bei Maidenhead sagte mir, dass Wolverhampton mich zu einem Probetraining einladen wolle", erinnerte sich Kilman. Einem zweiwöchigen Probetraining folgte schließlich der Last-Minute-Wechsel zu den Wolves. Das gleichzeitige Ende seiner Futsal-Karriere konnte er sicherlich verschmerzen.

Sein Premier-League-Debüt gab Kilman im Mai 2019 mit einem Kurzeinsatz in der Nachspielzeit der Partie gegen - natürlich - Fulham. Den Klub, der ihm zuvor den Traum von Englands höchster Spielklasse zunichte gemacht hatte.

Damit gelang dem Linksfuß Historisches: Er war der erste Spieler seit dem Wechsel von Chris Smalling von Maidstone United zu Fulham im Jahr 2008, der ohne zwischenzeitliche Leihen den direkten Sprung aus dem Amateurfußball in die Premier League meisterte.

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Max Kilman schaffte es beinahe zur EM

Kilman musste aber viel Geduld aufbringen, um sich in Wolverhampton dann tatsächlich auch durchzusetzen. Auch in seiner zweiten Saison kam er nur sporadisch zum Einsatz, erst im dritten Jahr bei den Wolves wurden die Einsatzzeiten signifikant mehr.

Und in der Saison 2021/22 gelang dann der endgültige Durchbruch, Kilman wurde Stammspieler bei Wolverhampton, war fortan im Abwehrzentrum gesetzt und avancierte letztlich sogar zum Kapitän des Tabellen-14. der abgelaufenen Premier-League-Saison.

Und Kilman hatte sich schon weit zuvor so gut entwickelt, dass er beinahe ukrainische Nationalspieler geworden wäre. Da sein Vater in Odessa geboren wurde, wäre der Abwehrspieler theoretisch für die Ukraine spielberechtigt. Und der damalige Nationaltrainer, Sturmlegende Andriy Shevchenko, wollte ihn kurz vor der EM 2021 sogar nominieren. Doch hier machte Kilman seine Futsal-Vergangenheit einen Strich durch die Rechnung.

Denn da er einst eben 25 Futsal-Pflichtländerspiele für England absolviert hatte, untersagte es ihm eine FIFA-Regel, den Verband zu wechseln - selbst, wenn es sich um Fußball und damit streng genommen um eine andere Sportart handelte.

So wurde aus der EM-Teilnahme und den Länderspielen für die Ukraine leider nichts. Aber zumindest die Hoffnung, vielleicht vom Nachfolger von Gareth Southgate mal für Englands A-Nationalmannschaft nominiert zu werden, bleibt Kilman ja. Bei West Ham, wo er bis 2031 unterschrieben hat, kann er nun die nächsten Schritte auf diesem Weg gehen.