Handball-WM - Erkenntnisse zum Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Katar: Wenn Juri Knorr Monopoly spielt

Von Stefan Petri
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Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einem 31:27-Erfolg über Katar in die Handball-WM in Polen und Schweden gestartet. Dabei offenbart das DHB-Team in Halbzeit zwei bekannte Schwächen, hat aber für den weiteren Turnierverlauf auch einige Trümpfe in der Hinterhand. Die Erkenntnisse zum Spiel.

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Handball-WM, Deutschland, Katar
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Gewinner: Juri Knorr

Wer ihm regelmäßig bei den Rhein-Neckar Löwen zuschaut, ganz besonders in der aktuellen Saison, der wird von Knorrs Leistung nicht überrascht sein. Andere werden erst jetzt so wirklich registrieren, welches Juwel der DHB in seiner Auswahl stehen hat, zumal der 22-Jährige bei der EM 2022 noch passen musste, weil er sich nicht gegen das Corona-Virus hatte impfen lassen.

Es ist nicht Knorrs erstes großes Turnier, auch bei den Olympischen Spielen in Tokio und sogar bei der WM 2021 war er schon dabei. Mittlerweile spielt er aber keine Nebenrolle mehr, sondern die absolute Hauptrolle im Team von Alfred Gislason. Und das völlig zu Recht.

Schon bei den Tests gegen Island hatte Knorr über weite Strecken überzeugt. Gegen Katar zeigte er sein ganzes Können, mit acht Toren (8/10 Trefferquote), perfekter Bilanz bei den Siebenmetern (4/4) und mehreren tollen Assists an den Kreis. Der Mann mit dem Zopf ist schnell, beweglich und körperlich stark - nicht umsonst gehört er auch zur ersten Defensivformation.

Der "Spieler des Spiels" hatte auch den einen oder anderen Ballverlust zu viel in seinem Spiel und tauchte in der zweiten Halbzeit, als Deutschland zu kämpfen hatte, zwischenzeitlich etwas ab. Aber er übernahm auch Verantwortung - und feuerte den Ball beim Stand von 28:25 zur Vorentscheidung oben rechts in den Knick. Gerade seine ansatzlosen, brettharten Schlagwürfe sind so etwas wie eine "Du kommst aus dem Gefängnis frei"-Karte, wenn das deutsche Offensivspiel ins Stocken gerät.

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Gewinner: Andreas Wolff und Patrick Groetzki

Wolff und Groetzki sind zwei von fünf Überbleibseln aus der "Bad Boys"-Truppe, die 2016 den EM-Titel gewonnen hatte. Schon damals hatte der deutsche Keeper die Konkurrenz mit seinen Paraden in die Verzweiflung getrieben - und pünktlich zur WM ist der 31-Jährige von Kielce in absoluter Topform.

15 von 40 Würfen auf sein Tor entschärfte Wolf, eine starke Quote von 38 Prozent gehaltenen Bällen. Gerade aus der Distanz war er kaum zu bezwingen. Will Deutschland in Polen und Schweden weit kommen, muss Wolff genauso weitermachen. Dass sich seine Verletzung und anschließende Auswechslung kurz vor Schluss nur als leichte Zerrung in der Wade herausstellte, sorgte im DHB-Lager für Erleichterung.

Von Wolff profitierte an diesem Abend auch Groetzki. In Halbzeit eins wurde der 33-Jährige gleich zweimal nach Paraden auf die Reise geschickt - und wie: Wolffs lange Bälle wurden von Groetzki aus vollem Lauf perfekt vor dem gegnerischen Kreis heruntergepflückt und verwandelt.

Vier Treffer bei fünf Versuchen verbuchte der Altmeister, der seine siebte WM spielt, am Ende. In zwei Jahren könnte der Rechtsaußen zu seiner achten Endrunde fahren und damit zum alleinigen deutschen Rekordhalter aufsteigen.

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Verlierer: Deutschlands zweite Halbzeit

"Wir haben in der Halbzeit angesprochen, dass wir in der 2. Hälfte zuletzt immer so einen Durchhänger hatten", verriet Kai Häfner (5/6) nach der Partie am ZDF-Mikrofon. Gefruchtet hatte diese Erkenntnis gegen Katar noch nicht. Aus einem 13:19-Rückstand machte der Außenseiter ein 20:22, anschließend blieb das Spiel bis zu den Schlussminuten richtig eng.

Am Ende "verlor" das DHB-Team den Spielabschnitt mit 13:14, auch wenn es insgesamt zum Sieg reichte. Woran lag es? Man habe das hohe Level nicht kontinuierlich hoch gehalten, befand Gislason. Es war ein Mix aus allem: Vorn trieben den Coach leichte Ballverluste zur Weißglut, hinten wurden gerade in der Zentrale nicht mehr konsequent gearbeitet und zugestellt, außerdem landeten viel zu viele Abpraller beim Gegner, der am Ende zehnmal häufiger (!) aufs Tor geworfen hatte als Deutschland (52:42).

Ein "typisches Eröffnungsspiel" hatte ZDF-Experte Markus Baur, Weltmeister von 2007, am Ende gesehen: "Man will viel, es klappt nicht immer alles." Knorr sprach von Nervosität, Gislason von Müdigkeit beim einen oder anderen. Auf den "zweiten Anzug", wie noch beim ersten Test gegen Island am vergangenen Wochenende, wollte er es aber nicht schieben. Der sitzt mittlerweile etwas besser.

Dennoch sind diese regelmäßigen Schwächen besorgniserregend, was den weiteren Turnierverlauf angeht. Gerade wenn das Spiel etwas hitziger und ruppiger wird und die Gegner auch mal aggressiver verteidigen und nicht brav in der 6-0-Deckung verharren, verliert das Team noch zu oft den Faden.

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Verlierer: Johannes Golla

Der Kapitän verzeichnete gegen Katar 54:46 Minuten auf der Platte - nur Andreas Wolff und Linksaußen Lukas Mertens (4/6) kamen auf noch mehr Spielzeit. Er machte kein "schlechtes" Spiel, gerade im Abschluss war aber noch Luft nach oben: Nur drei der sechs Würfe des Kreisläufers landeten im Netz. Damit war er der einzige deutsche Spieler, der eine Trefferquote von unter 66 Prozent aufwies (insgesamt 73 Prozent).

Mehrfach ließ Golla völlig freie Würfe liegen, so kennt man den 25-Jährigen gar nicht. Zudem kassierte er die einzige Zeitstrafe.

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Taktische Erkenntnisse und Statistiken

Die deutsche Strategie gegen offensiv doch recht limitierte Katarer war von Beginn an offensichtlich: Mit einem massiven Mittelblock sollte durch die Mitte und über den Kreis nichts zugelassen werden, gesteuert wurden die Angriffe in die Halbräume - aber wenn möglich nicht ganz über die freien Außen.

Besonders in der ersten Halbzeit ging dieses Rezept auf: Golla, Christoph Steinert und Co. ließen wenig zu und blockten sogar gleich mehrere Würfe, die dann harmlos in den Armen von Wolff landeten. Die Abstimmung zwischen Block und Keeper funktionierte wunderbar. Die offizielle Statistik zum Spiel weist bei zwölf Würfen aus dem Rückraum ganze zwei Treffer für Katar auf. Auch aus den Halbpositionen lief es nicht viel besser (3/10). Nur vom Kreis, an den sich der deutsche Gegner in der zweiten Halbzeit öfter durchtanken konnte (7/11) und von außen (5/7) stimmte die Trefferquote.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Katar gleich sechsmal den Pfosten traf und in Einzelaktionen besser durchbrechen konnte als Deutschland (4/6 gegenüber 1/1). Wieso hatte Deutschland am Ende zehn Würfe weniger auf dem Konto? Die Siebenmeterversuche waren fast gleich (4:3), allerdings hatte Deutschland am Ende zehn Turnover - fast doppelt so viele wie der Gegner (6).

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Deutschlands Trumpf: Die Zuschauer

Es ist vielleicht kein Zufall, dass Deutschland das letzte Turnier in Polen 2016 für sich entscheiden konnte. Knapp sieben Jahre später herrschte in Kattowitz Heimspiel-Atmosphäre: Rund 2500 Zuschauer waren in der Halle, deutsche Schlachtenbummler machten davon den Löwenanteil aus.

So wurden die deutschen Treffer gefeiert, während eine Gelbe Karte für Trainer Gislason umgekehrt für ein Pfeifkonzert sorgte. Als Knorr in der 19. Minute ansatzlos zum 14:8 einschweißte, hörte man im ZDF sogar "Juri! Juri!"-Sprechchöre in der Halle.

Einen derartigen Vorteil wird Deutschland nicht immer genießen, gegen Serbien dürfte es direkt etwas ausgeglichener werden. Allerdings finden die beiden verbleibenden Gruppenspiele ebenfalls in Kattowitz statt - und das war am Freitag fest in der Hand der deutschen Fans.

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Vorschau auf Deutschland - Serbien

Bei der EM 2022 verlor Serbien die Gruppenspiele gegen Kroatien und Frankreich, 2021 verpasste das Team die Qualifikation für die WM-Endrunde in Ägypten komplett. Dennoch ist Deutschland gewarnt, schließlich geht es aller Voraussicht nach schon um den Gruppensieg.

Und um Punkte für die Hauptrunde: Die besten drei Teams kommen weiter, nehmen ihre Punkte gegen die anderen beiden Teams aber mit in die Zwischenrunde - und dort geht es dann um Tickets fürs Viertelfinale. Eine Niederlage gegen Serbien, und dieses Ticket wäre dann schon kaum noch zu bekommen.

Gegen Algerien hatte Serbien am Freitagabend beim 36:27 am Ende wenig Mühe. Bester Schütze war der Berliner Mijajlo Marsenic mit neun Treffern. Wie gefährlich das Team sein kann, bewies ein knappes 34:35 gegen Schweden in der Vorbereitung.

Trotzdem: Wenn Wolff fit ist und die Form aus dem Katar-Spiel konservieren kann, ist die DHB-Auswahl Favorit. Tipp: 27:25 Deutschland.