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NBA Playoffs - 5 Fragen zum Playoff-Debakel der Milwaukee Bucks: Titelfenster sind oft kleiner als man denkt

Von Robert Arndt
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Völlig überraschend mussten die Milwaukee Bucks bereits in der ersten Playoff-Runde die Segel streichen. Das Team um Superstar Giannis Antetokounmpo konnte seinem Status als Topfavorit auf den Titel nie gerecht werden. Wie geht es nun weiter in der Bierstadt?

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Nicht nur aufgrund des Ausscheidens steht den Bucks ein wichtiger Sommer bevor, gleich zwei Stützen könnten gehen und auch Antetokounmpo könnte eine Entscheidung treffen.

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Milwaukee Bucks: Wie konnte man gegen Miami verlieren?

Wir haben es bereits am Donnerstag angerissen, aber Miami gelang es wie vor drei Jahren, die Stärken der Bucks zu minimieren. Natürlich schmerzte der Ausfall von Giannis Antetokounmpo in den ersten 2,5 Spielen, gleichzeitig verloren die Bucks auch die Minuten mit dem Griechen überraschend deutlich (-16 in 91 Minuten). Auch hier war ein wenig Glück involviert, die Heat versenkten über die Serie 18 von 33 eng oder sehr eng verteidigte Dreier, nachdem es in der Regular Season nicht einmal 36 Prozent waren.

Es ist also keine Übertreibung zu sagen, dass die Heat klar über ihren Möglichkeiten spielten. Dennoch: Selbst ohne Antetokounmpo waren die Bucks in jedem ihrer Spiele favorisiert und gewannen letztlich nur Spiel 2, in welchem gefühlt jeder Dreier durch die Reuse ging (25 um genau zu sein).

In den entscheidenden Momenten gehörte aber immer wieder Jimmy Butler das Rampenlicht. In Spiel 4 verdaddelte Milwaukee eine 12-Punkte-Führung im vierten Viertel, im Elimination Game reichte auch ein Polster von 16 Zählern bzw. 8 Punkten gut drei Minuten vor Schluss nicht. Der Blick richtet sich auf die Offense, welche einmal mehr zum Problem für Milwaukee wurde.

Bucks vs. Heat: Die Serie in der Übersicht

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
116. April23.30 UhrMilwaukee BucksMiami Heat117:130
220. April3 UhrMilwaukee BucksMiami Heat138:122
323. April1.30 UhrMiami HeatMilwaukee Bucks121:99
425. April1.30 UhrMiami HeatMilwaukee Bucks119:114
527. April3.30 UhrMilwaukee BucksMiami Heat126:128 OT
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Während Miami durch die Crunchtime-Künste von Butler überhaupt erst in die Postseason kam (54 "Clutch"-Spiele waren NBA-Rekord), spielten die Bucks gerade einmal 35 dieser engen Spiele - nur die tankenden Spurs hatten weniger. Über die Serie hatten die Bucks ein Offensiv-Rating von 88 (!) im vierten Viertel und genau hier liegt der Hund begraben.

Coach Mike Budenholzer hat es in seinen fünf Jahren nicht geschafft, den Bucks eine gute Halbfeld-Offense einzuverleiben. Mit Ausnahme des Middleton-Giannis-Pick'n'Rolls fehlten Optionen und genau jenes Play sahen wir in dieser Serie viel zu selten. Middleton wirkt seit seiner Verletzung nicht wie der Alte, Giannis war sicherlich durch seine Rückenverletzung etwas eingeschränkt und sicher nicht erpicht, dutzende von Blöcken zu stellen.

Stattdessen stagnierte die Offense und endete in Postups und Pullups des Griechen, welche Miami mit Kusshand nahm. Die Heat zwangen Milwaukee so ihr Spiel auf, indem sie eines der gefährlichsten Transition-Teams fast komplett an die Kette legten. Auch Butler hatte hier seine Finger im Spiel, für ihn hatten die Bucks keine Lösungen parat.

"Jrue hat sein Bestes gegeben", meinte Antetokounmpo nach der Serie und verteidigte seinen Mitspieler, der es gegen den Heat-Star über weite Strecken versuchte. "Am Ende war er müde, weil er so viel machen musste und dann auch noch Jimmy verteidigt hat. Das macht eben müde." Blöd, dass dies nur nicht für Butler selbst galt.

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Milwaukee Bucks: War es das für Coach Mike Budenholzer?

Die Müdigkeit von Holiday hätte man auch durchaus in Grenzen halten können, das gab auch Giannis zu. "Wir hätten ihn vielleicht doppeln können, damit er den Ball abgibt", meinte der Grieche. "Einfach damit Jrue mal zwei, drei Minuten Pause bekommt. Ich glaube aber, dass wir uns als Team gegen ihn nicht gut genug angepasst haben." Man kann dies durchaus auch als Kritik am Coach wahrnehmen, gleichzeitig gab Antetokounmpo bei der Pleite vor drei Jahren ähnliche Kommentare ab.

Trotzdem sagte Antetokounmpo das, was viele dachten. Budenholzer zeigte sich mal wieder wenig flexibel und ließ im vierten Viertel und in der Overtime gleich drei Auszeiten ungenutzt. Seinen Fehler zum Ende der Regulation gab Bud zu, in der Overtime sah er dies aber anders, als Grayson Allen keinen Wurf mehr zum möglichen Ausgleich losbekam.

"Giannis hat attackiert, danach hat Khris attackiert. So spielen wir immer und das hat uns gut getan. Diesmal hat es einfach nicht geklappt." Dieser eine Satz bleibt hängen: "So spielen wir immer!" Ein Fundament ist wichtig, ähnlich wie die Fähigkeit, sich gewissen Situationen anzupassen.

Dies war immer die Schwäche in der Giannis-Budenholzer-Ära. Den Bucks fehlten zu häufig die Konter, wenn Plan A keine Wirkung zeigt. Zugegeben, dieser Plan A war stets verdammt gut und machte die Bucks zu einer Maschine, die erst gegen die besten Teams ins Stottern geriet. In seinen fünf Jahren gewann kein Team in der Regular Season mehr Partien als Milwaukee (271). Es ist dennoch nicht das erste Mal, dass Budenholzer in der Kritik steht.

2020 überlebte er das erste Debakel gegen die Heat, ein Jahr später hätte ihn eine Pleite gegen die Brooklyn Nets in den Conference Semifinals wohl sicher den Job gekostet (wir erinnern uns: die Fußspitze von Durant machte den Unterschied), stattdessen wurden die Bucks wenige Wochen später Meister. Noch gibt es keine Stimmen oder Gerüchte aus dem Bucks-Camp, doch selbst die gute Beziehung zu Giannis könnte für den 53-Jährigen bald nicht mehr genug sein.

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Milwaukee Bucks: Was bedeutet das Aus für die Zukunft von Giannis Antetokounmpo?

Apropos Giannis! Der 28-Jährige kann ab Mitte September schon wieder seinen Vertrag verlängern, wenn er die Option für 2025/26 aus seinem Supermax-Deal streicht. Stattdessen könnte der Grieche zwei weitere Jahre für knapp 120 Millionen Dollar bekommen, der ihn bis 2028 in der Bierstadt binden könnte.

Dies alles erscheint noch sehr weit weg, doch der Kader der Bucks wird nicht jünger (dazu später mehr) und das Championship-Fenster wird nicht für ewig offen bleiben. Die Kommentare nach dem Aus waren dann aber wieder ganz Giannis-like, die Zweifel an seiner Loyalität zerstreuten. Bezeichend war dabei seine Antwort auf die Frage, ob die Bucks in dieser Saison "versagt" hätten.

"Im Sport gibt es kein Versagen. Es gibt gute und schlechte Tage. An manchen hast du Erfolg, an manchen nicht. Darum geht es im Sport. Man kann nicht immer gewinnen, manchmal gewinnen andere. Und dieses Jahr wird jemand anderes gewinnen. So einfach ist das."

Giannis Antetokounmpo: Seine Stats in Regular Season und Playoffs

/SpieleMINPTSFG%REBAST
Regular Season6332,531,155,311,85,7
Playoffs330,323,352,811,05,3
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Gleichzeitig gab Antetokounmpo auch an, dass dies "die schlimmste Postseason" seiner Karriere war. Ein Zeichen für einen Abschied ist das nicht. Antetokounmpo wird seine Lehren daraus ziehen, so wie er es auch vor drei Jahren tat. "Ich glaube, dass Miami uns einfach schlagen wollte, während wir daran gedacht haben, wie wir wieder Meister werden können."

Dafür muss sich aber auch der Grieche steigern. Womöglich beeinträchtigte ihn der Rücken, aber schon während der Regular Season hatte Giannis nicht das Niveau der Vorjahre. Seine Effizienz litt, der Jumper verließ ihn komplett, was auch in der Serie gegen Miami ein Problem war (nur 2/11). Ebenso auffällig: Seine Stats für Steals und Blocks (jeweils 0,8) sanken während der Saison auf das Niveau seiner Rookie-Saison. Das muss nichts heißen, sollte aber beobachtet werden.

Antetokounmpo lebt von seiner Athletik und mit nun 28 Jahren kommt der Forward langsam in ein Alter, in dem erste Verschleißerscheinungen keine Seltenheit sind. Es ist nicht auszuschließen, dass Giannis seinen Peak bereits hinter sich hat. Für die Bucks wäre das kein gutes Zeichen.

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Milwaukee Bucks: Welche Fehler wurden bei der Kaderplanung gemacht?

Im Nachhinein ist man immer schlauer und nicht wenige lobten die Arbeit der Bucks. Auf dem Papier sieht vieles auch gut aus. Milwaukee rüstete auf dem Flügel nach und war deutlich tiefer als in den Jahren zuvor. Auf der anderen Seite ist das der älteste Kader der NBA, die jüngsten Rotationsspieler sind Jevon Carter und Grayson Allen, die bald ihren 28. Geburtstag feiern werden.

Für Jae Crowder (bald 33) wurden im Februar fünf Zweitrundenpicks auf den Tisch gelegt, in den letzten beiden Partien spielte der Forward jedoch nur ein paar Sekunden, stattdessen erhielt Wes Matthews (36) den Vorzug. Crowder kann Milwaukee im Sommer wieder verlassen und die Bucks hätten diese Assests für die Zukunft weiter gut gebrauchen können, schließlich haben die Bucks erst 2028 wieder die Kontrolle über den eigenen First Rounder.

Im Prinzip haben die Bucks also nichts mehr übrig, um den Kader zu verbessern, junge Spieler sind mit der Ausnahme von MarJon Beauchamp Fehlanzeige. Im Hinblick auf die Zukunft kann man dies dem Front Office vorwerfen. Milwaukee ist ein Team voller Veteranen, dass es verpasst oder versäumt hat, dieses mit einigen jungen Spielern zu ergänzen. Dass dies möglich ist, zeigten nicht zuletzt (ausgerechnet) die Miami Heat, welche Meister darin sind, brauchbare Spieler auf der Resterampe zu finden und diese in ihre Rotation zu integrieren.

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Milwaukee Bucks: Was passiert in der Offseason?

Die Bucks stehen vor ähnlichen Problemen wie die L.A. Clippers, wenn auch nicht so drastisch. Ziehen alle Spieler ihre Option, liegen die Bucks mit nur zehn Akteuren knapp unter der Luxussteuer und dabei ist noch nicht einmal der kommende Free Agent Brook Lopez inkludiert. Der Center war einer der besten Verteidiger der Saison und wird sicherlich dafür gerne noch einmal entsprechend bezahlt werden.

Gleiches gilt auch für Middleton, der eine Spieler-Option über 40,4 Millionen Dollar hält. Es ist möglich, dass er diese verstreichen lässt und lieber jetzt noch einmal einen langfristigen Vertrag unterzeichnet, um mehr Geld über die Jahre zu erhalten. Mit Joe Ingles, Crowder, Matthews, Carter (Spieler-Option) und Thanasis Antetokounmpo könnten weitere Spieler gehen.

Milwaukee Bucks: Alle Free Agents in der Übersicht

SpielerPositionAlterAnmerkung
Khris MiddletonForward31Spieler-Option (40,4 Mio.)
Brook LopezCenter35Unrestricted
Jae CrowderForward32Unrestricted
Joe InglesForward35Unrestricted
Jevon CarterGuard27Spieler-Option (2,2 Mio.)
Thanasis AntetokounmpoForward30Unrestricted
Wesley MatthewsGuard36Unrestricted
Goran DragicGuard36Unrestricted
Meyers LeonardCenter31Unrestricted
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Es ist ein schmaler Grat für die Bucks, die finanziell kaum Spielraum haben, gleichzeitig ihrem Superstar eine Zukunft aufzeigen müssen. Wie viele Jahre kann ein Kern aus Holiday, Middleton, Lopez und Giannis noch zur Spitze im Osten gehören? Eigentlich ist es für die Bucks keine Frage, weil ihnen die Alternativen fehlen. Gleichzeitig besteht unter diesen Vier echter Zusammenhalt, auch das sollte nicht unterschätzt werden. Es ist möglich, dass die Bucks deswegen die Truppe zusammenhalten und es in ähnlicher Besetzung noch einmal versuchen werden.

Milwaukee wird dann erneut als einer der Contender in die Spielzeit gehen, allerdings immer kritisch beäugt. Für die Bucks zählen dann wieder nur die Playoffs, in diesem Jahr konnten sie nicht liefern und das könnte sich langfristig rächen. Titelfenster sind immer kleiner, als man es vermutet.

Milwaukee Bucks: Diese Spieler stehen schon unter Vertrag

Spieler (Position)23/2424/2525/26
Giannis Antetokounmpo (F)45,648,851,9*
Jrue Holiday (G)36,939,4*UFA
Bobby Portis (C)11,712,613,4*
Pat Connaughton (G)9,49,49,4*
Grayson Allen (G)8,9UFA
MarJon Beauchamp (F)2,62,7**4,8**

* Spieler-Option, ** Team-Option

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