Ein Zweifach-Weltmeister mit grenzenlosem Selbstvertrauen, ein "giftiger" Herausforderer und bis einen Tag vor dem ersten Gongschlag Wirbel um die medizinischen Risiken einer Rekordveranstaltung.
Die Profibox-WM zwischen IBF/WBO-Champion Wladimir Klitschko und Ersatz-Herausforderer Ruslan Tschagajew heute in der WM-Arena auf Schalke (ab 22.00 Uhr, live bei RTL) sorgte im Vorfeld für ordentlich Zündstoff.
Box-Europarekord wird fallen
"Ich muss beweisen, dass ich der stärkste Mann im Schwergewicht bin, und das werde ich auch", sagte der 33-jährige Klitschko, der als eindeutiger Favorit in den Ring steigt.
"Am 20. Juni werden im Ring die Fäuste fliegen. Ich werde alles für das Kampf-Motto "Knockout auf Schalke" tun."
52 von 55 Profikämpfen gewann "Dr. Steelhammer", 46 davon vorzeitig. "Ich freue mich wahnsinnig auf diese 60.000 Zuschauer, die live dabei sind", sagte der Ukrainer.
Weil das Dach des WM-Stadions geschlossen sein wird, bedeutet dies wohl Europarekord für eine Indoorveranstaltung im Boxen. 2007 hatten Joe Calzaghe und Mikkel Kessler vor 51.000 Zuschauern im damals geschlossenen Millennium Stadium in Cardiff gekämpft.
Geringere Körpergröße für Tschagajew kein Nachteil
Tschagajew, aktuell bei der WBA Weltmeister im Wartestand, zeigte sich unbeeindruckt.
"Ich bin kleiner, aber ich bin giftig. Darauf muss er sich mit seiner Größe auch einstellen", sagte der 30 Jahre alte und in 26 Kämpfen noch ungeschlagene Usbeke (25 Siege/17 K.o., 1 Unentschieden).
Hinter den beiden Spitzenathleten liegen nicht nur drei Monate harte Vorbereitung, sondern auch turbulente drei Wochen. Am Kampftag 30. Mai sagte der finnische Box-Verband wegen Tschagajew Hepatitis-B-Infektion den WM-Fight gegen WBA-Weltmeister Nikolaj Walujew in Helsinki ab.
Wenige Tage später (3. Juni) platzte das Duell zwischen Klitschko und dem englischen Flegel David Haye, weil der sich im Training verletzt hatte. Innerhalb kurzer Zeit einigten sich die Klitschko Management Group (KMG) und die Universum Box-Promotion auf einen (Ersatz-)-Kampf.
"Einmalige" Chance für Tschagajew
"Ich habe ihm meinen Respekt dafür gezollt, dass er den Kampf angenommen hat, trotz der Absage von Nikolaj Walujew", sagte Weltbürger Klitschko, und Tschagajew meinte zu der unverhofften Anfrage nach der Absage.
"Dann wollte plötzlich Wladimir Klitschko gegen mich kämpfen, das ist für mich echtes Glück. So eine Chance kommt nur einmal im Leben."
In der Kampfwoche ging der Wirbel um die Gesundheit des Herausforderers aber erst richtig los. Der Berliner Box-Manager Mario Pokowietz und am Donnerstag dann die Vereinigung der US-Ringärzte hatten wegen der gesundheitlichen Risiken für die Menschen unmittelbar am Ring eine Absage des Kampfes gefordert.
Das Gesundheitsamt Gelsenkirchen sieht sich aufgrund der vorliegenden medizinischen Fakten aber nicht zum Einschreiten veranlasst.
Wahrscheinlichkeit einer Infektion "gleich Null"
"Wir haben uns mit den Medizinern beraten und halten das Risiko einer Ansteckung für so gering, dass es hinter den Bedenken zurücksteht", sagte Gelsenkirchens Gesundheitsdezernentin Henriette Reker.
Tschagajew ist Träger eines sogenannten Hepatitis-B-Antigens, in seinem Blut zirkuliert aber kein Virus. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bezeichnet sein Arzt Dr. Michael Ehner als "gleich Null". Weltmeister Klitschko ist durch seine Unesco-Reisen gegen Hepatitis B geimpft.
So darf man sich bei der größten Stadion-Box-Veranstaltung seit der Ära Schmeling auf ein sportlich interessantes Duell freuen. Tschagajew, 2001 Amateur-Weltmeister im Superschwergewicht, ist bei einer Körpergröße von 1,85m größere Konkurrenz gewohnt.
"Der Schlüssel zum Sieg wird in der Schnelligkeit liegen"
Als Amateur gewann der Rechtsausleger zwei von drei Fights gegen das kubanische Idol Felix Savon, Walujew entthronte er 2007 als WBA-Weltmeister. "Er ist vielleicht nicht außergewöhnlich schnell und körperlich beeindruckend. Aber er ist ein intelligenter Boxer. Der Schlüssel zum Sieg wird in der Schnelligkeit liegen", sagt Klitschkos Meistertrainer Emanuel Steward.
Möglicherweise steigt Ruslan Tschagajew ja am Samstag doch noch als WBA-Weltmeister in den Ring. Promoter Klaus-Peter Kohl hat jedenfalls einen entsprechenden Sonderantrag gestellt.
Dagegen hat sein Konkurrent, Walujew-Promoter Wilfried Sauerland, umgehend Protest eingelegt. Eine Entscheidung könnte noch bis unmittelbar vor dem Kampf fallen.
Klitschko geht gegen Ruslan Tschagajew erwartungsgemäß als der schwerere Athlet in den Ring. Der Zwei-Meter-Mann aus der Ukraine brachte beim offiziellen Wiegen am Freitag 109 Kilogramm auf die Waage und damit sieben Kilogramm mehr als der Ersatzherausforderer.