Vierjahressperre und doppeltes Olympia-Aus: Russland ist für seine anhaltenden Betrügereien im Dopingskandal historisch hart bestraft worden.
Das Exekutivkomitee der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) schloss erstmals ein Land wegen Dopingvergehen für vier Jahre weitestgehend vom internationalen Sport aus.
Damit darf Russland als Nation unter anderem nicht an den beiden kommenden Olympischen Spielen in Tokio 2020 und Peking 2022 sowie der Fußball-WM 2022 in Katar teilnehmen.
"Das russische Doping hat dem sauberen Sport viel zu lange geschadet. Russland wurde jede Gelegenheit gegeben, reinen Tisch zu machen. Aber stattdessen hat es sich entschieden, weiter zu täuschen und zu leugnen", sagte WADA-Präsident Craig Reedie.
Strafe kein "Komplett-Ausschluss"
Die Strafe, die auch die erneute Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA einschließt, ist allerdings kein "Komplett-Ausschluss". Denn russische Sportler dürfen als "neutrale Athleten" an diesen Events teilnehmen, wenn sie zuvor nachgewiesen haben, dass sie nicht Teil des Dopingsystems waren.
"Wir bestrafen diejenigen, die für die Manipulationen verantwortlich sind, und lassen die Tür für jene offen, die unschuldig sind", sagte der designierte Reedie-Nachfolger Witold Banka.
Massive Manipulationen an Daten
Grund für die einstimmig abgesegneten Sanktionen sind massive Manipulationen an Daten aus dem Moskauer Kontrolllabor. Damit sollten laut WADA das Ausmaß des Dopingskandals vertuscht und individuelle Strafen gegen Sportler verhindert werden.
Die Ermittler gehen von mindestens 145 russischen Sportlern aus, die so geschützt wurden. Diese Sportler seien bekannt, teilte Jonathan Taylor, Vorsitzender der WADA-Prüfkommission CRC am Montag mit, und würden von den betreffenden Wettkämpfen ferngehalten. Ob die Namen der Sportler veröffentlicht werden, sei noch offen.
Russland hat nun 21 Tage Zeit, gegen das Urteil vorzugehen. RUSADA-Chef Juri Ganus zeigte sich allerdings wenig hoffnungsvoll. "Es gibt keine Möglichkeit, diesen Fall vor Gericht zu gewinnen", sagte Ganus der französischen Nachrichtenagentur AFP. Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezeichnete die Sanktionen derweil als "antirussische Hysterie".
Hörmann: "Rote Karte die logische Konsequenz"
Laut Ganus wird am 19. Dezember auf einer RUSADA-Aufsichtsratssitzung über einen Einspruch entschieden. Diesen würde der Internationale Sportgerichtshof CAS abschließend verhandeln.
Wann es dazu käme, ist unklar - es droht wie schon vor Rio 2016 eine Hängepartie, die bis kurz vor der Eröffnungsfeier der am 24. Juli 2020 beginnenden Spiele in Tokio andauern könnte.
"Wer über Jahre hinweg die Werte des Sports mit Füßen tritt, gehört auf die Strafbank. Insofern ist die heutige Rote Karte seitens der WADA nur die logische Konsequenz für das unablässige Manipulieren und Verstoßen gegen die Regeln des Weltsports", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann: "Es bleibt die Befürchtung, dass nun erhebliche juristische Auseinandersetzungen folgen werden, aber dennoch ist dieser Weg alternativlos.
Fußball-EM 2020 nicht betroffen
Russland darf in den vier Jahren auch keine Weltmeisterschaften ausrichten oder sich um solche bewerben. Die WADA teilte bereits mit, dass die Fußball-EM 2020 nicht betroffen ist, da es sich um ein "kontinentales Einzelsportereignis" handele.
Russland darf die Qualifikationsspiele zur Fußball-WM 2022 voraussichtlich ganz normal als Russland austragen. Nur wenn die Sbornaja sich für die WM-Endrunde in drei Jahren qualifiziert, würden die Sanktionen greifen. Der Weltverband FIFA wollte keinen Kommentar zu möglichen Konsequenzen abgeben.
Russischen Regierungsvertretern und Sportfunktionären ist der Besuch der internationalen Veranstaltungen untersagt. Bereits vor den Winterspielen in Pyeongchang 2018 hatte es eine ähnliche Konstellation gegeben. Letztlich starteten 168 Sportler als "Olympic Athletes from Russia", die insgesamt 17 Medaillen gewannen.
Wenige Tage nach den Spielen wurde das russische Olympia-Komitee ROC wieder aufgenommen, obwohl es während der Spiele zwei russische Dopingfälle gab.