Diskussionen über die Bundesjugendspiele: "Reform geht nicht weit genug"

SID
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Die Reform der Bundesjungendspiele sorgt erneut für reichlich Diskussion - auch über mögliche Alternativen.

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Bevor auch die Grundschulkinder aus Landau in der Pfalz in der kommenden Woche in die ersehnten Sommerferien starten, stand am Dienstag noch ein besonderer Termin an: Die Bundesjugendspiele. Ein Tag, dem sportliche Kinder entgegenfiebern. Viele Heranwachsende verbinden mit der jährlichen Herausforderung aber auch Ängste oder Frust.

Mit der Ankündigung einer Reform zum kommenden Schuljahr ist die Debatte über die Sportveranstaltung neu entbrannt. Die Anpassungen sollen zu mehr Bewegung animieren - die Meinung von Experten und Interessenvertretern über den neuen Modus gehen aber teils weit auseinander.

"Ich finde die Reform absolut sinnvoll, meiner Meinung nach geht sie aber nicht weit genug", sagte Filip Mess, Professor für Sport- und Gesundheitsdidaktik an der Technischen Universität München, dem SID. Die Landesschülervertretung Rheinland-Pfalz hätte sich sogar eine komplette Abschaffung gewünscht. Die Bundesjugendspiele seien eine "Zwangsveranstaltung" mit einem "starken und absolut unfairen" Wettbewerbsdruck, sagte Landesschulsprecher Pascal Groothius.

Dieser Druck soll nun immerhin gemildert werden. Die neuen Vorgaben sehen vor allem in den Grundschulen eine Verschiebung von "Wettkämpfen" mit starren Leistungskriterien hin zu weniger strikt vorgegebenen "Wettbewerben" vor. Die Stoppuhr und das Maßband dürften dann eine untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen soll es beispielsweise beim Weitsprung Zonen geben. Die Bewertung der Leistung wird insgesamt freier, der gesamte Ansatz ist spielerischer. Urkunden werden weiterhin vergeben. Mess ist das System "immer noch zu sehr auf die Leistung im Vergleich mit anderen ausgerichtet".

Bundesjugendspiele: "Kinder wollen ihre Leistung wissen"

Dass Kinder aber insgesamt Spaß an der eigenen Leistung haben, schätzen Universitäts-Professor Mess und Isabelle Baumann ähnlich ein. Die frühere Bundestrainerin im Deutschen Leichtathletik-Verband arbeitet heute als Gymnasiallehrerin an der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen und plädiert dafür, dass der Wettkampfgedanke nicht völlig aufgeweicht wird. "Man stellt vor allem bei den Kindern fest, dass die ihre Leistung wissen möchten", sagte sie dem SID: "Wenn ein Kind weiß, ich bin 10,12 Sekunden über 50 m gelaufen, und sechs Wochen später laufe ich 9,20 Sekunden - das ist ein persönlicher Erfolg. Und den können die einordnen."

Baumann verweist auf "unheimliche Leistungseinbußen" im Freizeitbereich und im Schulsport, die quantitativ und qualitativ messbar seien. Ein Gegensteuern könne vor allem über Teamerlebnisse erfolgen. "Es wird ganz wichtig sein, das Gruppenerlebnis zu fördern, und da müssen eben auch Individualsportarten darüber nachdenken, wie man die Gruppe stärkt", sagte sie.

Der erfahrenen Trainerin und Pädagogin ist es bei den Sportveranstaltungen wichtig, "alle mit ins Boot zu holen und auch motorisch schwächeren Schülern ein gemeinsames Gewinnen zu ermöglichen". Die bewegungsaffinen Kinder seien eh schon im Sport sozialisiert: "Ich muss ja schauen, dass ich mehr Kinder zur Bewegung motiviere."

Das gilt nach den Sommerferien auch wieder für Landau in der Pfalz.