SPOX: Philipp Schwethelm, Deutschland hat gegen Bosnien-Herzegowina ein starkes Spiel abgeliefert und mit 86:64 gewonnen. Wie ordnen Sie die Partie ein?
Philipp Schwethelm: Das war ein riesiger Schritt nach vorne für uns. Wir haben uns zuletzt schon sehr verbessert, aber dieses Spiel war ein ganz großer Sprung für uns. Wir sind noch nicht so lange zusammen, also müssen wir in kurzer Zeit viel bewegen. Das ist uns mit dem Spiel gegen Bosnien sehr gut gelungen, es war ein sehr wichtiges Spiel für uns.
SPOX: Die Homogenität der Mannschaft hat überrascht.
Schwethelm: Das ist die erfreulichste Entwicklung. Wir haben gezeigt, dass wir als Team funktionieren. Alle zwölf gehören zusammen, alle zwölf haben Verantwortung übernommen. Wir haben den Ball super laufen lassen und tolle Würfe kreiert. Das war der Grund dafür, dass wir so hochprozentig schießen konnten. In der Verteidigung wird die Abstimmung immer besser.
SPOX: Woran gilt es jetzt noch zu arbeiten?
Schwethelm: In der ersten Halbzeit hat es in der Defense noch gehakt. Es gibt da schon noch kleine Abstimmungsprobleme. In den letzten beiden Testspielen müssen wir jetzt an der Feinjustierung arbeiten, auf allen Gebieten. Das Gerüst steht schon, jetzt geht es an die Feinheiten. Dann kann das Turnier auch los gehen.
SPOX: Werden die Gegner in Deutschland also mehr erwarten können als "nur" zwei NBA-Stars?
Schwethelm: Die Ausgeglichenheit innerhalb der Mannschaft wird sehr wichtig sein. Natürlich sind Chris und Dirk überragende Spieler, die Spiele alleine entscheiden können. Aber würden wir uns nur auf sie verlassen, wären wir viel zu leicht auszurechnen. Viele sagen zurecht: "Chris und Dirk ziehen die Gegenspieler auf sich, also stehen andere bei uns im Team frei." Ich sehe es aber auch andersrum: Wenn wir anderen gut funktionieren, werden wir auch aggressiver gedeckt - und dann haben Chris und Dirk etwas mehr Freiraum, um ihre Stärken auszuspielen.
SPOX: Was bedeuten zwei so überragende Spieler im Team? Wie ändert sich Ihr persönliches Spiel dadurch?
Schwethelm: Chris und Dirk sind im Eins-gegen-eins von keinem Gegner in Europa zu stoppen. Für mich als Shooter ist das eine perfekte Ausgangslage: Der Gegner wird mehr aushelfen und rotieren müssen. Das ermöglicht uns von draußen offenere Würfe.
SPOX: Wie viel fehlt noch im Offensivspiel?
Schwethelm: Gegen Bosnien wussten wir 90 Prozent der Zeit, was wir tun. Das ist schon ziemlich gut. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass bei der EM ganz andere Kaliber auf uns warten. Es sind noch einige Schritte zu gehen bis zur Topform - auch wenn das jetzt schon sehr gut aussieht.
SPOX: Wie ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft?
Schwethelm: Locker, aber dennoch fokussiert. Der Trainer fordert akribisches Arbeiten ein, wir arbeiten hart. Wir kommen alle super miteinander aus, haben jetzt schon einen tollen Teamgeist entwickelt.
SPOX: Wie sehen Sie Ihre eigene Entwicklung im DBB-Team?
Schwethelm: Als ich letztes Jahr zum ersten Mal dabei war, wollte ich nur ins Team kommen. Jetzt bin ich hier, um mehr Verantwortung zu übernehmen. In den ersten Spielen hat das noch ein bisschen gehakt. Aber gegen Bosnien ist auch mir persönlich ein kleiner Befreiungsschlag gelungen.
SPOX: Dirk Bauermann hat vor einigen Jahren sehr viele sehr junge Spieler mit zu großen Turnieren genommen und stieß damit nicht immer auf Verständnis. Zahlt es sich heute aus, dass Spieler wie Robin Benzing, Lucca Staiger oder Tibor Pleiß jetzt schon mit internationaler Erfahrung im Gepäck zu so einem Turnier fahren?
Schwethelm: Dirk Bauermann ist ein Trainer, der langfristig denkt. Der wusste und weiß genau, was er da tut. Es wird sich vielleicht schon bei diesem Turnier auszahlen, was vor zwei, drei Jahren mit Weitblick forciert wurde. Wir spielen mit sehr viel Selbstvertrauen, funktionieren als Mannschaft schon erstaunlich gut und sind einfach abgezockter. Das ist das Resultat der guten Arbeit der letzten Jahre.
SPOX: Wie schätzen Sie die Gegner in der Vorrunde ein?
Schwethelm: Da sind einige harte Brocken dabei. Es wird die größte Herausforderung sein, zunächst mal die Gruppenphase zu überstehen. Das wird schwer genug. Ich hoffe, dass wir das schaffen - und nebenbei die Spiele auch nutzen können, um uns noch besser einzuspielen. Denn danach wird es brutal werden. Aber unser Minimalziel steht: die Qualifikation für Olympia.