SPOX: Kann der ungeduldige Präsident Uli Hoeneß etwas mit dem Konfuzius-Spruch anfangen?
Pesic: Mit ihm habe ich bisher nur über die aktuelle Situation gesprochen. Und das Ziel lautet, so schnell wie möglich sich von unten abzusetzen und unter den ersten Sechs zu etablieren. Von ihm gibt es definitiv kein Ultimatum. Wir müssen nicht das Finale erreichen oder den Titel gewinnen. Irgendwann, wenn die richtige Zeit gekommen ist, reden wir über die mittelfristigen Ziele.
SPOX: Erschreckte sich Herr Hoeneß nicht darüber, dass Sie in Ihrer Wortwahl an Jürgen Klinsmann erinnerten? Der in Unfrieden von den Bayern gegangene Fußball-Trainer hatte gesagt: "Ich will jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen." Eine Äußerung, die ihm bis heute nachhängt.
Pesic: Ich möchte Herrn Klinsmann nicht zu nahe treten, aber als er die Bayern übernahm, arbeitete er erst zwei Jahre als Trainer. Ich hingegen bin seit 30 Jahren in dem Job. Dass die Medien Parallelen zwischen uns sehen wollen, liegt wohl daran, dass in Deutschland alles mit dem Fußball in Zusammenhang gebracht wird.
SPOX: Drängt sich der Zusammenhang nicht bei den Bayern auf? Jetzt arbeitet mit Egon Coordes sogar ein Hoeneß-Vertrauter aus dem Fußball in Ihrem Trainerstab mit, um die Kondition der Basketballer zu verbessern. Eine Entscheidung, die für viele Basketball-Experten unverständlich ist.
Pesic: Wieso ist das unverständlich? Egon kommt einmal die Woche zu uns und die Spieler sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit. In meinen zwei Jahren beim FC Barcelona ging ich genauso vor. Wir Basketballer hatten zwar unsere eigenen Ärzte, Physios und Konditionstrainer, gleichzeitig nutzten wir das Knowhow der Fußballer: Sie hatten einen Ernährungsexperten, einen Psychologen und einen Athletikexperten, der auf Fußarbeit und Balancegefühl spezialisiert war. Fußarbeit und Balancegefühl ist im Basketball genauso wichtig - warum also hätte ich ihn nicht um Rat fragen sollen? Egon ist genauso ein Experte - der außerdem genau weiß, was die Marke "FC Bayern" bedeutet und welche Erwartungen in Deutschland damit einhergehen.
SPOX: Unter anderem erwartet die BBL, dass mit Hilfe der Bayern der Rückstand zur spanischen Liga verkleinert wird. Wie gut ist die Bundesliga?
Pesic: Die Tendenz ist positiv: Mittlerweile hat fast jeder Klub eine neue Halle, ein professionelles Ticketing-Programm, einen eigenen Trainerstab, eine medizinische Abteilung. Das war vor 10, 15 Jahren nicht der Fall. Zwei zentrale Dinge haben sich leider nicht verändert. Erstens: Das Vertrauen in deutsche Spieler ist immer noch zu gering. Zweitens: Die meisten Ausländer sind immer noch mittelmäßig und bringen die Liga nicht voran.
SPOX: Ist das Weiterkommen von Bamberg und Berlin in die Top 16 der Euroleague sowie von Ulm in die Top 16 des Eurocups, dem Äquivalent zur Fußball-Europa-League, nicht ein Zeichen für die gestiegene sportliche Qualität der BBL?
Pesic: Wir sollten es nicht überbewerten. Die Erfolge sind respektabel, aber mit Alba standen wir schon 1998 unter den besten Acht. Das sollte der Anspruch der BBL sein.
SPOX: Artland verpflichtete mit Ryan Gomes einen gestandenen NBA-Profi im besten Alter. Sie selbst holten letztes Jahr Adam Morrison, ehemaliger Nummer-3-Pick, zu Roter Stern Belgrad. Wann bekommen die Bayern einen ähnlich prominenten Namen?
Pesic: Ehrlich gesagt ist für mich der Name völlig uninteressant. Adam Morrison hatte nur einen Namen, weil er von irgendjemandem irgendwann hoch gedraftet wurde. Am Ende entscheidet jedoch die Qualität - und die hatte bei ihm leider nicht ausgereicht. Adam ist ein offensiv sehr gut ausgebildeter Basketballer, der wegen gesundheitlichen Problemen zu selten trainieren konnte. So ein Spieler würde den Bayern nur bedingt weiterhelfen.
SPOX: Wie wäre es mit SPOX-Kolumnist Tibor Pleiß, um den im Internet plötzlich wilde Gerüchte über einen feststehenden Wechsel zu den Bayern erzählt wurden?
Pesic: Das waren wirklich wilde Gerüchte, die vermutlich nur aufkamen, weil wir bei der Nationalmannschaft gemeinsam einen guten Sommer erlebt hatten. Tibor traf mit dem Wechsel nach Spanien eine gute Entscheidung, besitzt bei Caja Laboral einen langen Vertrag und hat mit Zan Tabak den richtigen Coach an der Seite. Tabak hat es als europäischer Center in die NBA geschafft, von dieser Erfahrung wird Tibor profitieren. Er ist in Spanien gut aufgehoben. Dort kann er am besten lernen, wie es ist, sich im Ausland durchzusetzen.
SPOX: Grundsätzlich: Wie sind Sie in die Kaderplanung der Bayern für die kommende Saison eingebunden?
Pesic: Überhaupt nicht, ich denke nur an die Gegenwart. Mein Vertrag endet nach der Saison.
SPOX: Wie realistisch ist das Szenario, wonach Sie den Vertrag bei den Bayern auslaufen lassen und die deutsche Nationalmannschaft für die EM 2013 erneut übernehmen?
Pesic: Das ist ausgeschlossen. Der DBB traf die Entscheidung, auf Kontinuität zu setzen und Frank Menz zum Bundestrainer zu machen. Ich begrüße die Wahl. So jung ist Frank nicht mehr, die Zeit war also gekommen für die Herausforderung. Ich hoffe, dass die EM erfolgreich verläuft. Das Bundestrainer-Amt ist für jeden schwierig, wenn man nicht von den BBL-Coaches unterstützt wird. Wir müssen alle Frank helfen.
SPOX: Neben Menz wurde Triers Coach Henrik Rödl, einer Ihrer Lieblingsspieler zu Berliner Zeiten, als neuer Bundestrainer gehandelt. Enttäuscht, dass es nicht Rödl wurde?
Pesic: Ich finde, Hendrik hätte es auch machen können. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Warum sollte Hendrik nicht irgendwann Frank als Bundestrainer beerben?
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