"Größeres Interesse aus Russland"

Von Interview: Haruka Gruber
Bauermann übernahm das Traineramt beim litauischen Topklub Lietuvos Rytas
© getty

Das Leben nach den Bayern: Ex-Bundestrainer Dirk Bauermann (55) spricht erstmals über seine beiden neuen Top-Jobs beim litauischen Spitzenklub Lietuvos Rytas und dem polnischen Verband. Und das Interesse zweier europäischer Basketball-Giganten.

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SPOX: Nach dem Posten als Polens Nationaltrainer nahmen Sie vergangene Woche überraschend einen zweiten Top-Job an: als Coach des litauischen Topklubs Lietuvos Rytas Vilnius. Was hat Sie überzeugt?

Dirk Bauermann: Es ist eine hochinteressante Aufgabe, einen Verein zu trainieren, der super professionell organisiert ist, seriös wirtschaftet und mit der Siemens-Arena über eine traumhafte Spielstätte verfügt, die zur europäischen Spitze gehört. Ich kenne die Arena noch von der EM 2011, als wir mit Deutschland dort vor 11.000 fantastischen Fans spielten.

SPOX: Ist die Freude nach der unschönen Entlassung beim FC Bayern umso größer?

Bauermann: Es ist ein Zeichen des Respekts vor dem, was ich bisher geleistet habe. Aber auch ein Zeichen des Respekts gegenüber dem deutschen Basketball. Noch nie hat ein deutscher Spieler oder deutscher Trainer in Litauen gearbeitet. In einem Land, wo Basketball so wichtig ist, dass er doppelt so oft im Fernsehen gezeigt wird wie Fußball. Ich hoffe, die eine oder andere Tür in Litauen öffnen zu können.

SPOX: Wie entstand der Kontakt?

Bauermann: Über Maurizio Gherardini.

SPOX: Gherardini ist Vizepräsident der Toronto Raptors und gilt gemeinhin als einer der best vernetzten Basketball-Manager der Welt. Gherardini war ein Befürworter, dass Toronto das Rytas-Supertalent Jonas Valanciunas im Sommer an Nummer 5 draftet.

Bauermann: Ich kenne Maurizio noch aus der Zeit, als er bei Benetton Treviso tätig war. Rytas-Präsident Gedvydas Vainauskas und Maurizio sind seit Jahren miteinander bekannt und als dieser ihn fragte, ob er den richtigen Trainer kennen würde, empfahl er mich. So kam es, dass mich der Verein sehr schnell anrief und innerhalb von 48 Stunden sagte ich zu.

SPOX: Der litauische Basketball ist im Umbruch: Rytas' verhasster Erzrivale Zalgiris Kaunas findet sich in einer Existenzkrise wieder, nachdem der umstrittene Gönner Vladimir Romanov aufgrund finanzieller Probleme die Zuwendungen beendet hat. Kann Rytas davon profitieren?

Bauermann: Rytas ist finanziell absolut solide aufstellt. Da wird jeder pünktlich bezahlt. Dennoch müssen wir erst schauen, welche Auswirkungen es hat. Ein Verein wie Zalgiris ist eine Institution, die nicht Bankrott gehen kann. Die Spieler von Zalgiris drohten zwar mit einem Streik, wobei es wohl mehr aus Kalkül war, um Sponsoren zu aktivieren. Beim Sieg in der Euroleague gegen Anadolu Efes zeigte die Mannschaft Emotionen und Leidenschaft. Wir dürfen uns keine falschen Hoffnungen machen: Zalgiris bleibt ein starker Konkurrent.

SPOX: Wie stark ist Rytas selbst? Letzte Saison wurde Ihr neuer Verein Dritter im Eurocup, dem Pendant zur Fußball-Europa-League, sowie in der VTB United League, der Liga der 20 besten osteuropäischen Teams. In der litauischen Liga gab es zumindest die Vizemeisterschaft hinter Zalgiris. In diesem Jahr hingegen scheiterte man frühzeitig in der Euroleague. In der VTB United League verpasste man die nächste Runde trotz des 75:56-Siegs gegen die Ukrainer von Azovmash bei Ihrem Debüt am Sonntagabend. Und in der litauischen Liga liegt Ihr Team nur auf Platz 4 nach 2 Niederlagen in 9 Spielen.

Bauermann: Man darf nicht aus der Vergangenheit auf die Gegenwart schließen: Die Voraussetzungen sind andere. In der letzten Saison war die Mannschaft wesentlich besser besetzt, unter anderem gingen ja Tyrese Rice und Lawrence Roberts zu den Bayern und Valanciunas nach Toronto. Dennoch interessiert mich das nur bedingt: Ich schaue nur darauf, welches Potenzial die aktuelle Mannschaft besitzt - und die ist sehr beachtlich. Ich mag die Mannschaft. Zwei Monate vor Saisonende einen Verein zu übernehmen, ist immer schwierig, aber es sind auch in Kürze der Zeit Entwicklungsmöglichkeiten vorhanden. Wir müssen uns auf die litauische Liga konzentrieren: Wenn wir die letzten 3 Regular-Season-Spiele gewinnen, können wir als Dritter oder Zweiter in die Playoffs einziehen und würden ein vorzeitiges Duell mit dem Ersten Zalgiris vermeiden.

SPOX: Sie sprechen die Herausforderung an, zu einem solch späten Zeitpunkt bei einem neuen Verein zu beginnen. Warum unterschrieben Sie dennoch nur einen Vertrag bis Sommer 2013 mit einer Option?

Bauermann: Nein, das stimmt nicht, was berichtet wurde. Wir einigten uns auf einen Vertrag bis 2014. Ansonsten hätte es für mich keinen Sinn gemacht. Es geht um eine gewisse Kontinuität. In den verbleibenden zwei Monaten in dieser Saison geht es darum, das Umfeld so vorzubereiten, dass wir im kommenden Jahr voll angreifen können.

SPOX: Sie sprachen vom Potenzial der Mannschaft.

Bauermann: Die ist definitiv vorhanden, vor allem auf den Flügeln. Renaldas Seibutis wurde nicht zufällig von Dallas gedraftet und ist ein Spieler von höchster europäischer Qualität. Genauso wie Kapitän Steponas Babrauskas, Simas Buterlevicius ist ebenfalls ein hervorragender Mann. Den Letten Janis Blums und seine Qualitäten kennen wir von der Nationalmannschaft ja nur zur Genüge. Ein unglaublich explosiver Schütze.

SPOX: Außerdem trainieren Sie nun den Serben Nemanja Nedovic, 21 Jahre alt und einer der größten Point-Guard-Talente Europas.

Bauermann: Ein hoch interessanter Spieler. Athletisch sehr stark, extrem explosiv. Nur: Er ist noch sehr jung - und er spielt auf der schwierigsten Position im Basketball. Er macht es sehr ordentlich, doch ihm fehlt noch die Konstanz.

SPOX: Was ist mit den prominentesten Namen: NBA-Veteran Milt Palacio und Patrick O'Bryant, der beim Draft 2006 als großes Center-Talent von Golden State an Nummer 9 gewählt wurde?

Bauermann: Milt ist mittlerweile 35 Jahre alt, aber er versteht noch immer das Spiel und ist wichtig als Klebstoff in der Kabine. Patrick bringt eine Menge Talent mit. Wenn er noch etwas härter spielt, das Phlegma ablegt, mehr Energie liefert und den Motor schneller auf Temperatur bringt, kann er noch sehr wichtig für uns werden.

Hier geht's zu Teil II: Bauermann über russisches Interesse und Hoeneß' falsche Anschuldigungen