Nicht schon wieder patzen!

Stefan Petri
03. September 201403:29
Leistungsträger unter sich: Heiko Schaffartzik und Robin Benzinggetty
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Nach der verpassten WM-Quali gilt es für die deutschen Basketballer nun, zumindest die Teilnahme an der EM 2015 sicherzustellen. Vor dem Auftaktspiel in Polen am Sonntag ist das Team von Trainer Emir Mutapcic allerdings noch auf der Suche nach der eigenen Bestform. Kann Dennis Schröder die Kohlen aus dem Feuer holen? Und wo führt der Weg von "Muki" hin? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie lief die Vorbereitung?

Eher mittelprächtig, muss man sagen. Auf dem Papier hat der Bundestrainer das Team schon seit dem Trainingslager Anfang Juli beisammen, das wären mittlerweile fünf Wochen. So einfach ist das allerdings nicht: Aufgrund der NBA Summer League stießen einige Profis erst kurz vor dem Supercup am ersten August-Wochenende zum Team. Maximilian Kleber fehlte krank, Daniel Theis verletzte sich an der Wade. "Man spricht immer von vier Wochen, aber es sind keine vier Wochen gewesen", lamentierte der Bundestrainer am Rande des Supercups. Eigentlich sei es sogar weniger als eine Woche gewesen.

Dazu kommt der Ärger mit den Big Men Tibor Pleiß und Tim Ohlbrecht. Pleiß würde gerne dabei sein, darf aber nicht: Sein spanischer Klub Laboral Kutxa Vitoria muss den 24-Jährigen eigentlich verkaufen, aber die Verhandlungen ziehen sich hin - und Pleiß muss zuschauen. Er könnte im Verlauf der Qualifikation zum Team stoßen, hofft Mutapcic.

Tim Ohlbrecht dagegen hat es sich mit "Muki" verscherzt: Aufgrund seiner Teilnahme an der Summer League hatte der Center die Lehrgänge verpasst und danach schlecht trainiert. Der Neu-Ulmer sei darüber hinaus nicht mehr erreichbar gewesen. "Den habe ich 15 Mal angerufen und er hat nicht geantwortet", so Mutapcic bei "Sport1". Die Mannschaft "verdiene Respekt".

Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic schlägt im Interview mit der "Abendzeitung" in die gleiche Kerbe: "Ich finde die Einstellung der Spieler katastrophal. Sie kommen nicht zur Nationalmannschaft, weil sie lieber Urlaub machen oder in der Summer League spielen."

So ging es mit viel Stückwerk, unterschiedlichen konditionellen Voraussetzungen und wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten in den Supercup, bei dem man zwar den Titel holte, aber nur selten wirklich überzeugen konnte. Gerade die Niederlage gegen abgezockte Israelis offenbarte Schwächen in der Defense und im Rebounding. Schwarzsehen wollte Mutapcic dann aber doch nicht: "Wenn wir wirklich vier Wochen trainiert hätten und diese Fehler machen würden, wäre es ein Problem." So wolle man sich mit weiteren Einheiten noch weiter steigern.

Schröder als Hoffnungsträger?

Wer beim Supercup in Bamberg vor Ort war, konnte zwar keinen Klassenunterschied, aber zumindest doch einen Qualitätsunterschied zwischen NBA-Spielern und europäischen Akteuren erkennen. Die deutsche Hoffnung ist nicht mehr Dirk Nowitzki, auch wenn der Mavs-Star ein Comeback zur EM nicht kategorisch ausschließt. Dennis Schröder soll den Unterschied machen.

Der Point Guard der Atlanta Hawks hat ein Jahr lang NBA-Luft geschnuppert und will trotz seiner 20 Jahre gleich Führungsspieler sein - dabei hatte er erst im Testspiel gegen Finnland vor dem Supercup im DBB-Jersey debütiert. "Er spielt auf einem sehr hohen Niveau", lobte Heiko Schaffartzik, der gegen Israel gemeinsam mit Schröder für den Spielaufbau sorgen durfte. Von einem "Riesentalent" sprach Elias Harris.

Auch Mutapcic ist angetan von seiner neuesten Waffe. Mit seiner Schnelligkeit und dem Drang zum Korb sorgt Schröder für Chaos in der gegnerischen Defensive. "Er ist ein großer Gewinn für die Nationalmannschaft", sagte der Bundestrainer. "Er will nicht nur in der NBA spielen und dort Geld verdienen, sondern dem deutschen Basketball etwas zurückgeben."

Allerdings müsse Schröder auch weiter "hart arbeiten" und besonders körperlich zulegen. In Sachen Rhythmuswechsel und Kontrolle über das Spiel müsse er ihm von außen aber auch helfen, denn: "Man darf nicht vergessen, dass er erst 20 ist." Auch in Sachen Trefferquote ist noch Luft nach oben. In den drei Spielen in Bamberg landeten nur elf von 35 Würfen im Ziel.

Wie wird man spielen?

Abgesehen von Dennis Schröder weist das das DBB-Team wenig internationales Format auf. Zumal noch immer unklar ist, ob der mögliche Neuzugang des FC Barcelona, Tibor Pleiß, noch zur Mannschaft stößt. Dies würde das Spiel der Nationalmannschaft verändern.

Ohne Pleiß gibt es mit Maik Zirbes nur noch einen Big Man, der gerne mit dem Rücken zum Korb agiert. Gegen stärkere Gegner werden die Qualitäten des Ex-Bambergers nicht ausreichen, in der EM-Quali sollte er jedoch viele Bälle von den Point Guards bekommen und sich in Szene setzen können.

Überhaupt hängt viel von Heiko Schaffartzik und Dennis Schröder ab. Schaffartzik kann immer einen Wurf für sich kreieren, die Geschwindigkeit von Dennis Schröder macht das deutsche Spiel unberechenbarer. Dies funktionierte beim Supercup in Bamberg teilweise, wie etwa beim Sieg gegen Russland. Gut möglich, dass Mutapcic im Backcourt auf ein Schröder-Schaffartzik-Tandem setzt, um die eher drögen Flügel in Schwung zu bekommen.

Bei der Niederlage gegen Israel hingegen suchten die DBB-Herren ihr Heil im Distanzwurf. Der Bundestrainer setzt auf den Wurf von außen, aber nur innerhalb einer gesunden Mischung. Hier gibt es Grund zum Optimismus. Schaffartzik, Lucca Staiger und Elias Harris sind starke Distanzschützen. Aber auch Schröder und die Defensiv-Spezialisten Karsten Tadda und Akkem Vargas sind immer wieder für den einen oder anderen Dreier zu haben.

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Was passiert mit Mutapcic?

Über der EM-Quali schwebt die Personalie des Bundestrainers. Der 54-Jährige wurde bekanntlich erst im Mai von Bayern München für drei Monate freigestellt, um das DBB-Team zur EM 2015 zu führen. Sein Vertrag läuft nur bis Ende des Monats, dann geht es zurück nach München an die Seite von Svetislav Pesic - oder?

Wenn die EM-Quali misslingen sollte, sind seine Chancen auf ein weiteres Engagement beim DBB quasi nicht existent. Aber davon geht niemand aus. Die Frage ist also eher: Bleibt er bei erfolgreicher Quali bis 2015? Dem "SID" sagte er: "Wir haben besprochen, dass ich auch im nächsten Jahr Bundestrainer bin, wenn alles normal läuft." Das klang beim Supercup noch etwas vorsichtiger: "Ich habe noch einen Monat Vertrag. Nach der Quali sehen wir, was kommt."

Der Verband würde ihn nach einer überzeugenden Quali wohl auch kaum abschießen, sieht die Doppelfunktion aber kritisch. "Es ist kein Geheimnis, dass wir uns grundsätzlich einen hauptamtlichen Bundestrainer wünschen", so Präsident Ingo Weiss. Darüber werde man nach der Quali sprechen. Dass die Bayern "Muki" nicht freigeben, wenn er sich für die Nationalmannschaft entscheidet, gilt als unwahrscheinlich.

In Sachen Konzept habe er sich ohnehin von seinem Klubteam gelöst: "Bei Bayern sind es andere Spieler, hier gibt es auch andere Ansätze, je nach unseren Qualitäten, aber auch nach unseren Schwächen." Er entscheide, wo es lang geht: "Für das Konzept ist der Trainer verantwortlich. Das ist kein Wunschkonzert."

Wie stark sind die Gegner?

Bei allem Respekt vor den Gruppengegnern Polen, Österreich und Luxemburg: Dass Deutschland nach der WM nun auch die EM verpasst, ist eigentlich unvorstellbar. Zumal sich auch die sechs besten Gruppenzweiten der sieben Gruppen qualifizieren. Die ersten zwei Spiele bestreitet man in der Fremde, dann kommen drei Heimspiele in Serie, eigentlich sollte also schon vor dem letzten Spiel in Luxemburg alles klar sein.

Die schwerste Aufgabe wartet unglücklicherweise zu Beginn mit dem Auswärtsspiel in Polen - etwas mehr Zeit zum Einspielen wäre dem Trainerteam sicherlich lieber gewesen. "Polen hat eine sehr gute Mannschaft. Ich habe in Polen gearbeitet und kenne viele Spieler. Da müssen wir hochkonzentriert sein", warnt dementsprechend auch Mutapcic vor dem einsetzenden Schlendrian.

Ohne NBA-Star Marcin Gortat setzt der osteuropäische Nachbar vor allem auf Flügelspieler Adam Waczynski. Dem 24-Jährigen von Trefl Sopot stehen mit Center Przemylav Karnowski und Forward Tomasz Gielo zwei Teamkollegen zur Seite, die an amerikanischen Colleges aktiv sind. Das Team ist jung, vier Spieler holten 2010 bei der U17-WM die Silbermedaille.

Zu Österreich und Luxemburg muss man nicht viel sagen. Alles andere als vier Siege wären eine herbe Enttäuschung.

Fazit

Eine optimale Vorbereitung sieht anders aus: Die Mannschaft muss sich noch finden, zudem brachte die eine oder andere Personalie Unruhe ins Team. Bei 100 Prozent ist man also noch nicht. Andererseits muss man konstatieren, dass es sich um keine EM oder WM handelt, sondern "nur" um die Qualifikation. Die Gegner verdienen ohne Zweifel Respekt, aber der Talentvorteil der Deutschen ist so groß, dass nichts schiefgehen sollte. Und mit Mutapcic hat man einen erfahrenen Trainerfuchs an der Seitenlinie. Nowitzki sollte sich den kommenden Sommer also schon einmal freihalten. Für alle Fälle.

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