SPOX: Herr Vargas, vor zwei Jahren haben Sie noch in der Pro A für Göttingen gespielt - jetzt geht es in der Euroleague gegen die besten Teams Europas. Wie schwierig war es, sich an das neue Niveau anzupassen?
Akeem Vargas: Wenn mir jemand vor zwei Jahren erzählt hätte, dass ich heute in der Euroleague spiele, hätte ich denjenigen wahrscheinlich für verrückt erklärt. Ich bin Alba sehr dankbar, dass sie dieses Risiko mit mir eingegangen sind. Andere Teams wollten keinen Spieler aus der Pro A verpflichten. Alba hat es getan, weil sie die deutsche Schiene fahren wollten und haben mir damit eine Riesenchance ermöglicht und mich zum Nationalspieler gemacht. Jetzt spiele ich in der Euroleague - und auch wenn es schneller ist und die Spieler einen höheren Basketball-IQ haben - es ist immer noch Basketball. Ich glaube, dass in unserem Team jeder weiß, was er kann und was er tun muss, damit wir als Sieger vom Platz gehen.
SPOX: Vor Ihrem Jahr in Göttingen spielten Sie in Tübingen in der BBL. Was hat Ihnen dieser vermeintliche Rückschritt in die Pro A für Ihre Entwicklung gebracht?
Vargas: Mir hat die Pro A eine Bühne gegeben. Ich konnte zeigen, dass ich auch offensiv einiges draufhabe. Bis dahin wurde ich als reiner Defensivspezialist wahrgenommen. Deshalb war es schön, dass ich in Göttingen grünes Licht bekommen habe. Das war wohl auch der Hauptgrund dafür, dass ich "Youngster des Jahres" geworden bin. Für mich war es genau der richtige Schritt, um mich zeigen zu können und dann zu einem Top-Klub zu wechseln.
SPOX: Bei diesem Top-Klub sind Sie allerdings wieder als Defensivspezialist gefragt.
Vargas: Es ist auch angenehm, eine feste Rolle zu haben. Das funktioniert bei einem Klub wie Alba, bei dem wir eine große Rotation haben, natürlich besser. In Tübingen vor meiner Station in Göttingen war die Situation eine andere. Wenn der Coach höchstens ein bis zwei Deutschen regelmäßig Minuten gibt, fällt es schwer, eine eindeutig zugewiesene Rolle zu spielen. Bei Alba weiß ich, was der Coach von mir will und ich kann mit Einsatzzeit rechnen.
SPOX: Hätten Sie in Tübingen bereits eine größere Rolle spielen können, wenn Ihnen der Coach das Vertrauen gegeben hätte oder kam die BBL damals noch zu früh für Sie?
Vargas: Im Profisport ist es immer so, dass andere Leute die Entscheidungen treffen. Coach Perovic war damals der Meinung, dass die BBL für mich zu früh kam, das akzeptiere ich natürlich. Ich habe im Training damals genauso hart gearbeitet wie ich es jetzt in Berlin tue und vorher in Göttingen auch getan habe. Von daher glaube ich schon, dass ich aus meiner persönlichen Sicht durchaus bereit war, zu spielen. Ich würde Tübingen nicht als Fehler in meinem Karriereweg bezeichnen, sondern eher als einen der Steine, die man dem Sprichwort nach aus dem Weg räumen muss. Jetzt bin ich glücklich darüber, dass ich es zu einem Topteam geschafft habe.
SPOX: ...und das als 3-and-D-Spezialist. Wie kamen Sie zu dieser "Nische"?
Vargas: Ich passe mich eigentlich immer an. Allerdings war ich immer schon defensiv stärker und habe mich schon früh über Defense definiert. Aber man hat ja in Göttingen gesehen, dass auch das Offensiv-Spiel für mich kein Problem ist. Es ist immer die Frage, was mein Team braucht und das versuche ich zu geben. Wenn man Spiele gewinnen will, muss man gut verteidigen. Mein ehemaliger Trainer, Felix Czerny, sagte immer zu mir: "Wenn du gut verteidigst, hast du auch einen Grund, auf dem Feld zu stehen." Das ist natürlich hängen geblieben.
SPOX: Hängen geblieben ist sicher auch die Niederlage im Finale gegen die Bayern. In dieser Saison sind Sie in der BBL noch ungeschlagen. Ist so eine Finalpleite noch mal eine zusätzliche Motivation?
Vargas: Es ist immer schwierig, wenn man im Finale ist, kurz vor dem Titel steht und am Ende doch nicht gewinnt. Es war für uns alle hart, das Finale zuhause zu verlieren. Als wir in der Kabine saßen, haben wir uns geschworen, dass wir uns wieder die Chance geben wollen, um die Meisterschaft mitzuspielen.
SPOX: Um das zu erreichen zählen Sie größtenteils noch auf das gleiche Team wie in der vergangenen Saison. Ist das ein zusätzlicher Vorteil?
Vargas: Ich glaube gar nicht, dass das eine so große Rolle spielt. Vergangenes Jahr waren wir ja neu zusammengewürfelt. Man hat aber gesehen, dass wir uns auch da sehr gut gefunden haben. Jetzt funktioniert das mit unseren neuen Puzzleteilen erneut sehr gut. Die Frage ist eher, wie gut der Coach ist. Der ist für die Mannschaftszusammenstellung verantwortlich und dafür, dass alle richtig auf den Gegner eingestellt sind.
SPOX: Was macht Sasa Obradovic in diesen Bereichen richtig?
Vargas: Unser Coach fährt gerne mal die laute Schiene. Was man bei ihm aber nicht vergessen darf, ist, dass er unglaublich viel über Basketball weiß und sich die Zeit nimmt, den jungen Spielern Dinge zu erklären. Gerade diese kleinen Tipps sind der große Schlüssel zum Erfolg und für unsere Teamchemie.
SPOX: Gibt es manchmal auch Schwierigkeiten mit dieser "lauten Schiene"?
Vargas: Nein, eigentlich nicht. Es ist seine Art und auf die muss man sich einstellen. Jeder Spieler, der nach Berlin kommt, weiß, dass Sasa ein sehr temperamentvoller Coach ist. Nur manchmal ist es schwierig, ihn zu verstehen, wenn er vom Serbischen ins Englische wechselt. Was der Zuschauer nur als wildes Gestikulieren empfindet, versteht der Spieler am Ende aber schon.