Die schönste Zeit des Jahres beginnt: Die Playoffs der BBL stehen vor der Tür. Mit den Brose Baskets Bamberg und dem FC Bayern gehen zwei Titelanwärter als klare Favoriten in ihre Serien. Die Duelle zwischen Frankfurt und Berlin sowie das Matchup Oldenburg vs. Ulm versprechen einiges an Spannung. SPOX macht den Check.
Brose Baskets Bamberg (1) - s.Oliver Baskets (8)
Saison-Bilanz: 2:0 (80:61, 80:67)
Ausgangslage: Die Brose Baskets stehen bereits seit Wochen als topgesetztes Team der Bundesliga fest. Dennoch wurden die restlichen Saisonspiele mit absoluter Seriosität absolviert und auch gewonnen. 24 Siege aus den letzten 25 Spielen sprechen eine deutliche Sprache.
Trainer Andrea Trinchieri stellte nach dem letzten Hauptrunden-Spiel gegen die Eisbären Bremerhaven nüchtern fest: "Die normale Runde ist vorbei, jetzt konzentrieren wir uns auf die Playoffs." Es ist eben auch das Wissen um die eigene Stärke, das in Freak City in dieser Saison besonders ausgeprägt ist.
Andrea Trinchieri: "Ich mag es, ein Bauer zu sein"
"Wir starten ein neues Kapitel in der Saison, das eine höhere Intensität abverlangen wird und freuen uns auf eine tolle Atmosphäre im Frankenderby gegen Würzburg nächste Woche", so der italienische Coach im Hinblick auf die best-of-five Serie.
Der fränkische Rivale aus Würzburg taumelte hingegen in die Playoffs und geht als krasser Außenseiter in das Duell. Die letzten drei Spiele gingen alle verloren, darunter Auswärtsniederlagen bei Teams aus unteren Gefilden wie Bayreuth oder Göttingen.
Letztlich entschied der direkte Vergleich mit Mit-Aufsteiger Gießen 46ers. Coach Doug Spradley zeigte sich beim Vorrunden-Ende dennoch sehr zufrieden mit seinem Team: "Wir können sehr stolz auf uns sein. Zehn andere Teams hätten gerne den Platz, den wir erreicht haben. Jetzt können wir die Serie genießen."
Nach dem Wiederaufstieg im Sommer haben die Würzburger die Erwartungen mehr als übertroffen. Die Spiele gegen das übermächtige Bamberg und vor allem das sichere Heimspiel können als Feiertage mitgenommen werden.
Key-Stats: Beim Blick auf die Statistik ist die Ausgangslage überdeutlich. 17:0 lautet die imposante Heimbilanz der Brösel. Freak City ist eine Festung, die selbst für die Spitzenteams aus Europa kaum einnehmbar war. Und das hat Gründe: Kein Team spielte mehr Assists (21,7), keine Mannschaft verlor den Ball seltener (11,7 Turnover).
Das Spiel der Bamberger ist einfach eine Augenweide. Auch die Trefferquoten sind in allen Kategorien von keinem anderem Team erreicht (53,6 FG, 41,8 3FG, 81,4 FT). Lediglich das Rebounding ist Durchschnitt (Platz 8).
Genau das ist aber auch keine Stärke der Würzburger, die im Schnitt sogar ein Brett weniger holen. Alles in allem sind die Baskets das, was der Tabellenstand verrät: ein durchschnittliches Team. So besitzen die Würzburger als einziges Playoff-Team ein negatives Plus/Minus (-2,3).
Erfolgreich sind die Mannen aus der Heimat von Dirk Nowitzki vor allem aus dem Zweier-Bereich, wo nur der FC Bayern und Ludwigsburg mehr scoren (21,7 FGM). Der Dreier bleibt dagegen zumeist eine stumpfe Waffe (7,4 pro Spiel, Platz 15)
Key-Player: Niccolo Melli, Nikos Zisis, Daniel Theis und, und, und. Der Kader der Bamberger ist mit absoluten Topspielern gespickt und trieft nur so vor Talent.
Über allem steht aber Bradley Wanamaker. Der Point Guard ist Herz und Seele der Mannschaft, Topscorer (13,3 PPG) und bester Vorlagengeber (4,4 Assists pro Spiel). Der US-Amerikaner kann in den entscheidenden Momenten in der Schlussphase übernehmen. Die Wahl zum Liga-MVP wäre keine Überraschung.
Auf der Gegenseite ist Aufbau Dru Joyce der Spieler im Fokus. Der routinierte Spielmacher ist inzwischen der Spieler mit den meisten Assists aller Zeiten in der BBL und erzielte beim Saisonabschluss in Göttingen seinen 3000. Punkt.
Wenn bei Würzburg nichts geht, dann geht wenigstens Joyce. Von ihm hängt es ab, wie der Aufsteiger sich wird präsentieren können.
SPOX-Prognose: Klarer könnten die Rollen nicht verteilt sein. Eines der besten Teams, das die BBL je gesehen hat, gegen einen Aufsteiger, der schlussendlich mit Ach und Krach in die Playoffs gerutscht ist. Bamberg hat zu viele Waffen für die Würzburger, die trotz eines Joyce zu durchschnittlich sind. Tipp: Bamberg in 3.
EWE Baskets Oldenburg (2) - ratiopharm Ulm (7)
Saison-Bilanz: 1:1 (63:80, 90:75)
Ausgangslage: Im Schatten der alles überstrahlenden Bamberger hat sich Oldenburg auf Postion zwei gespielt. Nur zwei Niederlagen gab es im Kalenderjahr 2016. Sogar die Bamberger zogen im hohen Norden in einer furiosen Partie den Kürzeren.
Auch gegen die Bayern blieben die Punkte beim direkten Duell um den Platz hinter dem Brose Baskets in Niedersachsen. Am Ende steht die beste reguläre Saison der Klubgeschichte. "Wir können alle stolz auf diese Mannschaft sein. Wir haben einen magischen Lauf", so Head Coach Mladen Drijencic.
Gerade die Heimstärke kann für die Oldenburger ein großer Vorteil in den Playoffs sein: "Es ist für jeden Gegner schwierig, hier zu gewinnen", stellte Philipp Schwethelm fest. Nur Würzburg gelang es in der Bundesliga einen Sieg aus der EWE Arena mitzunehmen.
Genau das werden die Ulmer aber müssen, um nicht vorzeitig in den Urlaub zu fahren. Die Mannschaft hat nach großen Erwartungen zu Beginn der Saison eine eher enttäuschende Runde hinter sich.
Quasi zu keinem Zeitpunkt der Saison waren die Ulmer verletzungsfrei und dementsprechend bleibt in der Endabrechnung nur Platz Sieben. Trainer Thorsten Leibenath spricht im Hinblick auf Oldenburg von einer "Herkulesaufgabe".
Unterschätzt werden sollten die Ulmer allerdings nicht. Mit Augustine Rubit, Taylor Brown und Raymar Morgan besitzen die Donaustädter auf den Flügeln eine Athletik, die jedem Gegner wehtun kann.
Key-Stats: Das Rebounding könnte in dieser Serie das Zünglein an der Waage darstellen. Während die Oldenburger das drittbeste Team der Liga sind, wüten die Ulmer in Form von Rubit und Morgan unter den gegnerischen Brettern. Als Team greifen die Domstädter über 11 Boards am offensiven Korb pro Spiel.
Insgesamt ist das Spiel der Ulmer unter dem Korb stark ausgeprägt. Nur drei Teams nehmen mehr Würfe im Zweierbereich (40,1 Versuche). Hinzu kommen die meisten Versuche von der Freiwurflinie der Liga (24,6 pro Spiel), von denen gute 77,4 Prozent getroffen werden.
Die Oldenburger verfolgen einen konträren Stil mit vielen Pässen, Teamplay und jeder Menge Versuche von Downtown (fast 24 pro Spiel), die meisten aller Playoff-Teams. Fällt der Dreier, wird es schwer die Oldenburger zu schlagen.
Key-Player: Der beste Schütze der Donnervögel ist Rickey Paulding, der es im Schnitt zweimal pro Spiel splashen lässt. Der inzwischen 33-jährige Flügel war bereits bei der einzigen Meisterschaft 2009 dabei. Der gebürtige Detroiter ist Teamkapitän und Identifikationsfigur in einem.
Paulding sorgt für den Zusammenhalt und die Energie auf dem Feld. Trotz fortgeschrittenen Alters und anderer Rolle scort der Small Forward noch immer 13,2 Punkte pro Spiel und kann an guten Tagen das Team alleine auf seine Schultern nehmen.
Mehr schultern als ihm lieb ist, muss auf Ulmer Seite Per Günther. Der deutsche Nationalspieler befindet sich wahrscheinlich auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft und orchestrierte das Spiel der Süddeutschen.
Der 28-Jährige spielte eine überragende Runde (14,2 Punkte, 5,2 Assists) und wird in den Playoffs noch mal eine Schippe drauflegen. So gezeigt im vergangenen Jahr, als Günther die Ulmer zum Upset gegen Bonn führte. Seine Auftritte in der Crunchtime können ein Spiel kippen lassen.
SPOX-Prognose: Während die Oldenburg noch immer so etwas wie der Sleeper der Playoffs sind, stellen die Ulmer die große Wundertüte dar. Halten die EWE Baskets die Schwaben vom Brett fern, sollte ihnen der Sieg nicht zu nehmen sein. Ulm braucht Shooting und eine starke Teamverteidigung, wenn die Saison nicht schon vorzeitig beendet sein soll. Dennoch: Oldenburg in 5.
Fraport Skyliners (3) - ALBA Berlin (6)
Saison-Bilanz: 1:1 (82:95, 80:64)
Ausgangslage: Mit jeder Menge Rückenwind und dem ersten Europapokal-Triumph der Historie gehen die Fraport Skyliners in die Postseaon. Am Wochenende konnten die Frankfurter durch ein furioses Schlussviertel gegen Pallacanestro Varese den FIBA Europe Cup gewinnen.
Doch auch in der Bundesliga entschieden die Skyliners die letzten neun Begegnungen für sich. Die Jungs vom Main haben Blut geleckt. "Jetzt drehen wir erst richtig auf", tönt Jordan Theodore im Vorfeld der Postseason.
Das junge Team von Coach Gordon Herbert hat sich über Jahre verbessert und ist in dieser Saison bereit für den nächsten Schritt, nachdem die Skyliners im vergangenen Jahr den Bayern in der ersten Runde einen harten Fight geliefert hatten.
Umgekehrte Vorzeichen dagegen in der Hauptstadt. Nach der tollen letzten Saison hat Alba Berlin bis zum heutigen Tag seine Identität noch nicht gefunden. Das fast rundum erneuerte Team kämpfte während der kompletten Saison mit Inkonstanz und großen Problemen in der Offensive.
Trotz allem geben die Berliner sich kämpferisch: "Die Saison fängt erst jetzt an. Alles steht bei Null", lässt Geschäftsführer Marco Baldi verlauten. Das Team von Sasa Obradovic kann auch in dieser Spielzeit an einem guten Tag jeden schlagen.
So gesehen beim Pokal Final Four, als die Berliner erst die Frankfurter und im Finale Gastgeber Bayern München in die Schranken weisen konnten. Auch ein angeschlagenes Alba bleibt weiterhin brandgefährlich.
Key-Stats: Defense First! Die Skyliners stellen die beste Verteidigung der Liga. Auf 100 Ballbesitze lässt man nicht einmal 99 Punkte zu. Ein absolutes Faustpfand in den Playoffs.
Offensiv wird die Last auf mehrere Schultern verteilt. Sechs Spieler erzielen mehr als 9 Punkte pro Spiel, sieben Spieler treffen mehr als 35 Prozent von draußen, davon vier über 40 Prozent.
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Auch Alba verteilt sein Scoring auf mehrere Schultern. Gleich fünf Spieler punkten zweistellig. Allerdings fehlt die klare erste Option im Angriff.
Die große Stärke Albas liegt dagegen unter dem Korb. 37,0 Prozent aller möglichen Offensivrebounds pflücken sich die Berliner, der beste Wert der Liga. Zusätzlich bekommen die Albatrosse im Schnitt 24 Freiwürfe zugesprochen.
Key-Player: So fantastisch auch Johannes Voigtmann in dieser Saison spielt, der wichtigste Mann der Skyliners ist Jordan Theodore. Der Aufbau bekommt in den entscheidenden Momenten die Schlüssel von Coach Herbert und hat Frankfurt so einige Siege beschert.
Der Amerikaner nimmt die meisten Würfe (10,9), ist Topscorer (14,7 Punkte) und bindet seine Mitspieler ein (4,7 Assists). Die Leistungen des Guards werden entscheiden, wie weit es für die Skyliners gehen kann, nicht nur in dieser Serie.
Wie Frankfurt definiert sich auch Alba über die Verteidigung. Damit Berlin aber Chancen auf ein Weiterkommen hat, muss offensiv mehr kommen. Gerade der Dreier muss fallen. Eine Aufgabe für Dragan Milosavljevic.
Der Shooting Guard wird die Frankfurter Flügel mit starker Verteidigung jagen, muss aber über die Serie seinen Wurf von außen besser treffen als in der Hauptrunde (35,8 Prozent 3FG). Fällt der Wurf, eröffnet das Alba ganz andere Möglichkeiten.
SPOX-Prognose: Zwei der besten Verteidigungen der Liga treffen aufeinander. Der Saisonvergleich inklusive Pokal und die fehlende Erfahrung der Frankfurter spricht für Alba. Dennoch sind die Skyliners in diesem Jahr das bessere Team und haben in Theodore den besten Spieler der Serie, was zumeist ein guter Indikator ist. Tipp: Frankfurt in 4.
FC Bayern München (4) - MHP RIESEN Ludwigsburg (5)
Saison-Bilanz: 2:0 (95:92, 100:71)
Ausgangslage: Nur Platz Vier. Die Niederlage in Oldenburg hat den Bayern wehgetan. Nun könnte es bereits im Halbfinale zum Showdown mit den Bambergern kommen. Trainer Svestislav Pesic war nach der Niederlage außer sich vor Wut.
"In der Defensive haben wir versagt und einfach katastrophal gespielt", so der Trainerfuchs. Acht Niederlagen sind einfach zu viel für die Ansprüche in der bayerischen Landeshauptstadt. Unnötige Pleiten wie gegen den MBC trüben das Tabellenbild der Bayern.
Der Fokus ist aber klar nach vorne gerichtet: "Wir sind jetzt Vierter, was wir nicht wollten. In den Playoffs geht es aber wieder bei Null los und wir werden sehen, was passiert.", so ein kämpferischer Anton Gavel.
Der Gegner aus Ludwigsburg freut sich hingegen über die beste Platzierung seit 2007. Dementsprechend euphorisch gehen die MHP RIESEN die Aufgabe an: "In der Hauptrunde haben wir gegen Bayern nicht gewonnen, jetzt wollen wir sie in den Playoffs schlagen", so Coach John Patrick.
Mit Alba Berlin konnte bereits eines der großen B's gewaltig geärgert werden. Alle vier Spiele gingen dabei an die Barockstädter und so verkündet Center John Brockman: "Wir haben keine Angst vor den Bayern".
Bei der dritten Playoff-Teilnahme in Folge soll nun die erste Runde überstanden werden und die für Ludwigsburger Verhältnisse tolle Saison gekrönt werden. Einziger Wermutstropfen: Der Vertrag von Aufbau Mustafa Shakur wurde aufgelöst.
Key-Stats: Über 91 Punkte machen die Bayern im Schnitt. Nur Bamberg kann mit knapp 90 Zählern einigermaßen mithalten. Die Hälfte aller Würfe findet den Weg in den Korb. 20,9 Assists bedeuten auch in dieser Kategorie Rang zwei.
Überraschend: Nur drei Teams nehmen weniger Dreier als die Bayern (20,9 Versuche), allerdings trifft nur Bamberg hochwertiger vom Perimeter (41,4 Prozent).
Der Gegenpol ist Ludwigsburg. Kein Team der Bundesliga trifft so schlecht wie die LuBu von draußen (nur 30,2 Prozent).
Durch die zahlreichen Fehlwürfe können die Big Men der Riesen jedoch Rebound um Rebound pflücken. 13,4 Bretter offensiv sind Ligaspitze wie auch die 37,8 Rebounds pro Spiel.
Key-Player: Eine Serie wie gemacht für John Bryant. Der viel kritisierte Center kann sich mit John Brockman um einen Spieler seiner Gewichtsklasse kümmern, wodurch die Schwächen in der Pick-and-Roll-Verteidigung etwas kaschiert werden dürften.
Auch offensiv sollte sein weiches Händchen aus der Mitteldistanz und seine Moves im Lowpost für noch mehr Variabilität in der Bayern-Offensive sorgen.
Auf Ludwigsburger Seite ist bekannt, was John Brockman leisten kann und wird. Andere sind es, die ihre Produktion steigern müssen. Ein Kandidat dafür ist Kerron Johnson.
Der Spielmacher-Ersatz wirkt auf höchstem Niveau manchmal überfordert. Dennoch brauchen die Ludwigsburger gute Spiele von ihrem Point Guard, um in der Serie konkurrenzfähig zu sein. Wichtig: der Dreier muss besser fallen als die bisherigen, katastrophalen 18 Prozent.
SPOX-Prognose: Die Bayern sind für Ludwigsburg ein denkbar ungünstiges Matchup. Sollten die Barockstädter in der Serie weiter von draußen so werfen wie in der Hauptrunde, kann es schnell zu Ende gehen. Bayern wird versuchen, die Serie im Hinblick auf ein Duell mit Bamberg kurz zu halten. Und das wird gelingen. Tipp: Bayern in 3.
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