SPOX: Herr Fleming, die Vorbereitung mit dem DBB-Team für die EM-Qualifikation läuft seit Ende Juli. Was hat sich in der Mannschaft in dieser Zeit am meisten verändert?
Chris Fleming: Definitiv der Prozess, als Team zusammenzuwachsen und sich gegenseitig zu unterstützen. Die Jungs kannten sich alle, aber gerade das Zugehörigkeitsgefühl und das Verantwortungsbewusstsein ist das, was sich am meisten gesteigert hat. Das macht sich gerade in der Defense bemerkbar, wo jeder für den anderen arbeitet. Spieltaktisch würde ich sagen, dass das Aufbauspiel deutlich ruhiger geworden ist. Unsere jungen Guards passen sich langsam an das internationale Niveau an.
SPOX: Gerade die Guards stehen vor großen Herausforderungen, da mit Dennis Schröder ein Leistungsträger nicht dabei sein wird. Wie haben Sie seine Entscheidung aufgenommen, nicht für Deutschland zu spielen?
Fleming: Ich habe es im Laufe der NBA-Saison schon erwartet, da die Atlanta Hawks versucht haben, Jeff Teague zu traden. Da gab es einige Gerüchte. Mir war bewusst: Wenn Dennis in Atlanta Starting Point Guard wird, ist die Chance gering, dass er dabei ist. Aber zu Beginn des Sommers sah es gut aus und er hat gesagt, dass er spielt. Dann kam doch der Teague-Trade und daher war es enttäuschend, dass die Entscheidung so spät gefallen ist. Aber man weiß nie, wozu es gut ist. Vielleicht können Maodo Lo und Makai Mason davon profitieren und sich so besser entwickeln.
SPOX: Offensiv wird Dennis besser und besser, profitiert von seiner Schnelligkeit. Wie sehen Sie seine Entwicklung defensiv?
Fleming: Dennis hat keine Probleme, sich gegen die Top-Guards in der NBA zu behaupten. Er ist einer der besseren defensiven Point Guards in der Liga. Es könnte nur schwer werden für ihn, das, was er bisher defensiv in 20 Minuten gezeigt hat, über 30 oder 35 Minuten aufs Parkett zu bringen. Aber Defense gehört zu Dennis' Identität und ist ein großer Teil von ihm. Er sollte sie nicht verlieren. Sie macht ihn zu dem, der er ist.
SPOX: Mit dem Umbruch von Dirk Nowitzki zu Dennis Schröder haben Sie das deutsche Spiel angepasst und auch schneller gemacht. Was verändert sich spieltaktisch, wenn Dennis nicht dabei ist?
Fleming: Wir haben das Glück, dass wir mit Maodo das Konzept nicht wirklich umstellen müssen. Er ist auch pfeilschnell und hat ein ähnliches Spiel wie Dennis. Anders ist es allerdings, wenn Bastian Doreth ins Spiel kommt. Mit ihm setzen wir weniger auf Tempo, dafür mehr auf Spielkontrolle. Aber wir sind auch in der Lage, unser Spiel situativ anzupassen.
SPOX: Lo hat erstmals in den USA Summer League gespielt. Hatte das einen Einfluss auf seine Entwicklung?
Fleming: Ehrlich gesagt gibt es wenig Spieler, die sich in der Summer League entwickeln. (lacht) Maodo hat sich definitiv verbessert und gewöhnt sich immer mehr an das Niveau, vor allem physisch. Er ist jetzt in einer ganz anderen Rolle als bei der EM im letzten Jahr und muss deutlich mehr Verantwortung tragen. Seine Spielkontrolle nimmt zu und er versteht immer besser, was es bedeutet, ein Team zu führen.
SPOX: Lo ist jetzt zu den Brose Baskets Bamberg gewechselt, wo Sie früher selbst gecoacht haben. Ist das der richtige Schritt für ihn?
Fleming: Ich freue mich immer, wenn meine Spieler zu Klubs gehen, die international spielen. Dort haben sie einfach einen noch härteren Wettbewerb. Bamberg ist in dieser Hinsicht aktuell die Nummer eins in Deutschland. Und ich glaube, er wird sich in Deutschland deutlich besser entwickeln als drüben in der D-League.
SPOX: Mit Makai Mason haben Sie in der Vorbereitung einen Überraschungsgast. Wie kam es dazu?
Fleming: Makai hat eine deutsche Mutter und daher die Möglichkeit, einen deutschen Pass zu beantragen. Sie ist aber schon vor seiner Geburt ausgewandert, daher flog er unter dem Radar. Und er hat ja auch keinen deutschen Namen. Ein paar Wochen vor der Vorbereitung hat er sich gemeldet und jetzt ist er dabei. Manchmal ist es so einfach.
SPOX: Sicher eine große Umstellung für ihn, der ja für die Yale University in den USA spielt. Wie macht er sich?
Fleming: Er macht sich ganz gut. Sicherlich ist es für ihn ein großer Sprung von einem mittleren College-Niveau zur deutschen Nationalmannschaft. Aber er ist ein geborener Scorer, ist sehr bissig und kämpft sich durch. Es gibt noch Momente, in denen er Probleme hat - beispielsweise in der Spielübersicht. Aber das ist ganz normal für College-Spieler und ich mag, dass er am nächsten Tag gleich an diese Dinge rangeht und versucht, sich zu verbessern.