Basketball - Erkenntnisse zum DBB-Supercup: Eine Medaille muss kein Wunschtraum bleiben

Von Robert Arndt
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Drei Siege, eine Niederlage nach Verlängerung. Das ist die Bilanz des DBB nach vier WM-Vorbereitungsspielen. Wie sind diese ersten Spiele im Hinblick auf die Titelkämpfe in Japan, den Philippinen und Indonesien (25. August bis 10. September) nun einzuordnen? Ein paar Erkenntnisse zur Mannschaft um Kapitän Dennis Schröder nach dem Supercup.

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Am kommenden Wochenende testet die deutsche Nationalmannschaft noch gegen Griechenland und die USA, bevor am 25. August die WM mit der Partie gegen Co-Gastgeber Japan startet.

DBB: Alle Termine in der Übersicht

DatumUhrzeitGegnerOrt
5. August19 UhrSchweden 87:68 (S)Bonn
9. August19.30 UhrKanada 86:81 (S)Berlin
12. August18.30 UhrChina 107:58 (S)Hamburg (Supercup)
13. August18.30 UhrKanada 112:113 OT (N)Hamburg (Supercup)
19. August18 UhrGriechenlandDubai (USA Showcase Cup)
20. August18 UhrUSADubai (USA Showcase Cup)
25. August14.10 UhrJapanOkinawa City (WM)
27. August10.30 UhrAustralienOkinawa City (WM)
29. August9.30 UhrFinnlandOkinawa City (WM)
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DBB: Dennis Schröder ist schon wieder in Topform

Nach all dem Heckmeck um Maxi Kleber war es gerade für Dennis Schröder gut, dass nun wieder der Sport im Fokus steht und in den vier Partien hat der Braunschweiger wieder untermauert, dass er der beste Spieler im Team ist. Im zweiten Kanada-Spiel war erkennbar, was in Schröder auf FIBA-Niveau steckt, hier zog er die Zügel gewaltig an und war weder von Lu Dort noch von Dillon Brooks zu stoppen.

Zugegeben, Kanada ist für Schröder ein vorteilhaftes Matchup, weil weder Dwight Powell noch Kelly Olynyk echte Shotblocker sind, doch auch mit knapp 30 Jahren hat der Point Guard nichts von seinem Speed eingebüßt. Da der DBB im Frontcourt auch überall zumindest zu respektierende Schützen hat, bieten sich immer Räume, dazu bleibt das Zusammenspiel mit Daniel Theis eine Bank.

Von Achillessehnenproblemen war nichts zu spüren, Schröder sprühte nur so vor Spielwitz, ohne dabei großartig zu überdrehen. Natürlich wollte der Raptors-Guard hier und da ein bisschen Show machen, doch in den meisten Fällen hatte er die Offense vorbildlich im Griff. Dazu hat Schröder inzwischen eine gute Balance aus eigener Offensive und dem Abgeben von Verantwortung gefunden.

Das dritte Viertel im Supercup-Finale war noch einmal eine Erinnerung, dass Schröder jederzeit übernehmen kann. Wenn dann auch noch der Wurf so fällt wie bisher in der Vorbereitung (25/40 FG, 9/20 3P), dann ist Schröder auf FIBA-Level kaum zu stoppen und ein waschechter Star. Einen der besten fünf Point Guards bei einer WM zu haben, das ist ein enormes Faustpfand für den DBB.

Die letzten elf Minuten gegen Kanada im Finale unterstrichen noch einmal die Wichtigkeit. Maodo Lô machte es wirklich ordentlich, dennoch war der Qualitätsabfall spürbar. Die Deutschen kamen kaum noch in die Zone, nahmen viele Dreier spät in der Uhr, ohne die Defense großartig zum Rotieren zu bringen. Es fehlte einfach Schröder, der im Zweifel aus wenig viel machen kann.

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DBB: Franz Wagner ist (noch) kein Go-to-Guy

Stattdessen drückte Head Coach Gordon Herbert Franz Wagner in der Crunchtime den Ball in die Hand. Allerdings hatte der Berliner kein Glück in seinen Aktionen. Im ersten Kanada-Spiel hatte Wagner noch den Gamewinner versenkt (serviert von Schröder), doch ohne Schröder richtete sich die Aufmerksamkeit auf den Magic-Forward, der einfach nicht die Explosivität besaß, um die Defense kollabieren zu lassen.

Normalerweise muss er das auch nicht tun, dafür ist schließlich der erfahrene Schröder zuständig. Wagners Stärken liegen eher darin, aus der Bewegung den Ball zu erhalten und dann zu penetrieren. Dann kann der 21-Jährige mit seinen langen Schritten Meter machen (schaut mal hier, wo Wagner den Ball aufnimmt) und Druck auf die Defense ausüben.

Überhaupt: Man sollte nicht vergessen, dass Wagner 2,08 Meter ist, den kleinen Forward gibt und das alles mit dem Skillset eines Guards. Mit seinen langen Armen hat Wagner in vier Spielen nun 11 Steals eingesammelt, meist führte er dabei selbst den Fastbreak an.

Hier scorte er auch am besten, dazu kamen jede Menge leichte Punkte durch Cuts und vor allem designte Plays nach Einwürfen. Wie oft Schröder nun Wagner bereits an der Baseline für Layups gefunden hat, kann man längst nicht mehr an einer Hand abzählen.

Und doch bleibt trotz fast 18 Punkten im Schnitt noch Luft nach oben. Der Dreier fällt mit Ausnahme des China-Spiels (3/5) noch gar nicht, in den drei anderen Partien beträgt die Quote eiskalte 15 Prozent (3/20 3P). In der NBA traf Wagner bisher 36 Prozent von draußen, das ist eine deutlich bessere Stichprobe als die vier Partien in Deutschland.

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DBB: Shooting bleibt das Sorgenkind

In Sachen Shooting hat aber nicht nur Wagner Nachholbedarf. Das dritte Viertel beim Supercup-Finale (7/10 Dreier) war schon eher die Ausnahme und selbst in diesem Spiel waren es dann lediglich 33 Prozent von Downtown, was ungefähr dem Schnitt über die vier Spiele gleichkommt. Es ist etwas merkwürdig. Es kann jeder im DBB-Team werfen, allerdings gibt es mit den Ausnahmen Andi Obst, Niels Giffey und David Krämer niemanden, dem man das Label "Shooter" zuschreiben würde.

Das war im Vorjahr nicht anders, allerdings profitierte man bei der Heim-EM von einem Obst in der Form seines Lebens. Gleichzeitig ist es beim Bayern-Guard oft so, dass er entweder heiß ist oder gar nichts trifft. Letzteres können sich die Deutschen auf dem höchsten Niveau kaum erlauben. Immerhin hat Obst defensiv Fortschritte gemacht, es gelangen sogar gegen Shai Gilgeous-Alexander einige Stops.

Trotzdem: Hinter Obst wird es dünn, die defensive Alternative ist Isaac Bonga, der aber teilweise sehr wild agierte. Durch den Ausfall von Nick Weiler-Babb ist Obst aber die beste Option auf der anderen Guard-Position für gegnerische Scorer. Bei aller Tiefe im Frontcourt ist das Problemzone im deutschen Team. Es fehlt ein weiterer Guard, der sowohl werfen kann, als auch die besten Spieler des Gegners ärgern kann. Schröder könnte dies, doch seine Körner werden wie oben bereits beschrieben, im Angriff benötigt.

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DBB: Moritz Wagner ist noch auf der Suche

Überhaupt noch keinen Rhythmus hat derweil Moritz Wagner, der bei 0/10 in der Vorbereitung steht und dessen Versuche auch nicht wirklich knapp waren. Überhaupt agierte der ältere Wagner-Bruder oft etwas unglücklich, zu sehr mit der Brechstange, wie beim möglichen Gamewinner gegen Kanada, als er von Olynyk abgeräumt wurde.

Mit seiner Dynamik und Shot Creation bringt Moritz ein Element in den Frontcourt, das es so im Vorjahr nicht gab, bisher war er aber alles andere als effizient und oft nicht glücklich. Trotzdem: Man wird das Gefühl nicht los, dass der Magic-Big bei dieser WM ein Spiel haben wird, in welchem er mit fünf guten Minuten ein spielentscheidender Faktor sein kann. Die Würfe müssen halt einfach mal fallen.

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DBB: Daniel Theis sieht frisch aus

Das Label "NBA-Spieler" steht gewissermaßen für Qualität und es ist keine drei Jahre her, da startete Theis noch in den Conference Finals für die Boston Celtics. Doch hinter dem 30-Jährigen liegt eine echte Seuchensaison mit einer Operation am Knie sowie gerade einmal 109 Minuten Einsatzzeit für die Indiana Pacers, die die Dienste von Theis eigentlich gar nicht benötigen.

Scheinbar hatte dies auch etwas Gutes. Der Big Man wirkt so frisch wie lange nicht mehr, hat sichtbar abgespeckt und wirkt deutlich mobiler als noch im Vorjahr, als ihm bereits das Knie zu schaffen machte. Klar, Theis hatte ebenfalls großen Anteil an der Bronzemedaille, doch es war deutlich sichtbar, dass der frühere Bamberger nicht sein volles Potenzial ausschöpfen konnte.

Dreimal foulte Theis während der EuroBasket aus, eben auch weil er bisweilen einen Schritt zu langsam war. Auch offensiv wurde Theis mehrfach abgeräumt, das gab es in dieser Vorbereitung nicht. 20 seiner 29 Versuche landeten im Korb, auch die wenigen Jumper waren meist drin. Vor allem im ersten Duell mit Kanada war der Partner von Vize-Kapitän Joe Voigtmann eine echte Präsenz unter dem Korb, der aber auch bis an den Perimeter verteidigen kann.

Genau diesen Theis wird der DBB brauchen, um gewisse offensive Mängel kaschieren zu können. Die Herbert-Truppe wird bei dieser WM keine Teams aus der Halle schießen, die Spiele werden vornehmlich über Defense gewonnen. Es war auch kein Zufall, dass Deutschland im zweiten Spiel gegen Kanada im vierten Viertel Probleme bekam, als Theis mit Knieproblemen aussetzen musste. Johannes Thiemann in allen Ehren, doch Theis ist als Verteidiger in der Zone sowie als stete Lob-Gefahr noch einmal eine andere Hausnummer.

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DBB: Dieses Team kann um eine Medaille spielen

Und wie weit kann es gehen? Herbert will eine Medaille, Präsident Ingo Weiss hat das Viertelfinale als Ziel ausgegeben. Möglich ist das, allerdings hat es die Auslosung nur bedingt gut mit den Deutschen gemeint. Da ist zum einen die vielleicht schwerste Gruppe dieser WM mit dem DBB, Mitfavorit Australien, Gastgeber Japan sowie den stets unangenehmen Finnen mit Lauri Markkanen.

Zum anderen kommt aus der Kreuzgruppe mit großer Sicherheit Slowenien um Luka Doncic, das sich ebenfalls Chancen auf eine Medaille ausrechnet, erst recht nach der großen Enttäuschung in Berlin. Heißt: Schröder und Co. müssen Australien und/oder Slowenien hinter sich lassen bzw. schlagen, wenn sie überhaupt das Viertelfinale erreichen wollen.

Umso wichtiger waren nun diese beiden Tests gegen Mitfavorit Kanada. Sie haben gezeigt, dass die EuroBasket keine Eintagsfliege war und Deutschland eines der fünf bis acht besten Teams der Welt stellt. Eine Medaille ist ambitioniert, muss aber kein Traum bleiben.