"Werde als Trainer nur an Ergebnissen gemessen"

Mladen Drijencic ist seit 2015 Head Coach in Oldenburg
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SPOX: Sprechen wir doch mal über ihre Karriere. Sie kamen 1994 mit ihrer Familie als Kriegsflüchtling nach Deutschland. Vier Jahre später hat Ihnen ein Job als Basketballtrainer den Aufenthalt in Deutschland gerettet. Wie kam es dazu?

Drijencic: Ich sage immer: Das war Schicksal, ein Geschenk für uns. Wir sind damals wegen eines Garantiebriefs meines Onkels, der schon in Krefeld lebte, nach Deutschland gekommen. Und in Krefeld war Basketball für deutsche Verhältnisse auch damals schon populär. Dort wurde mir sofort angeboten, zu spielen und auch zu trainieren. So wurde ich immer mehr ins Leben des Klubs und ins Leben des Basketballs eingebunden. Und nach Beendigung unseres Flüchtlingsstatus' ist durch eine Fusion des Vereins mit Bayer Uerdingen ein hauptamtlicher Trainerjob entstanden, der mir angeboten wurde. Den habe dich dann natürlich sehr gerne angenommen. Ich habe letztendlich alles dort trainiert, von der U10 bis zur Regionalliga. Damals waren meine Familie und ich dem Klub natürlich sehr dankbar und wir haben uns sehr mit ihm identifiziert.

SPOX: Würden Sie sich angesichts der aktuellen Flüchtlingsdebatte wünschen, dass der Sport eine viel größere Rolle bei der Integration spielt?

Drijencic: Ja, definitiv. Die Verbindung der Gesellschaft mit den Flüchtlingen und den unterschiedlichen Kulturen kann durch Sport am besten stattfinden. Wenn ich auf meinen Anfang in Deutschland zurückblicke: Ich konnte kaum Deutsch sprechen, aber die anderen Jungs haben mich durch meine Qualitäten im Basketball respektiert, als Spieler und Mensch. Meine Integration und die meiner Familie hat durch die Teamkameradschaft stattgefunden. Die Leute haben uns in Biergärten und zu Partys eingeladen. Und wir haben geredet, auch über die politische Situation. Durch diesen Kontakt mit den Menschen kommt man auch Kontakt mit der deutschen Kultur. All das gilt aber nicht nur für den Sport - man kann mit kulturellen Begabungen, Musik oder Tanz sehr gute Wege zur Integration finden.

SPOX: 2010 wechselten Sie dann nach Oldenburg und übernahmen die Regionalliga-Mannschaft. Hatten Sie damals schon den Wunsch im Hinterkopf, eines Tages die Profis zu trainieren?

Drijencic: Zunächst hatte ich in meiner Karriere immer mit Jugendmannschaften zu tun. Meine Stärken sind individuelle Spielerentwicklung, deshalb habe ich mich dort am besten gefühlt. Das war auch der Impuls für meinen Wechsel nach Oldenburg: Dass ich jungen Menschen helfen kann, ihren Traum zu leben und es zu den Profis in die BBL zu schaffen. Dass ich selber Profi-Tainer werden könnte, habe ich nie gedacht.

SPOX: Bei der EM 2013 waren Sie Assistent von Frank Menz bei der A-Nationalmannschaft. Haben Sie dort Dinge gelernt, die Sie heute bei den Baskets anwenden?

Drijencic: Ja, natürlich. Es war vor allem gut zu sehen, wie die Psyche eines Profispielers und einer Profimannschaft funktioniert. Mentale Eigenschaften sind dort wichtiger als spielerische Entwicklung. Deshalb dachte ich auch, dass ich in der Jugend besser aufgehoben bin. Aber: Ich habe beim DBB gelernt, wie man zu jedem Spieler schnell einen Zugang findet. Das hilft mir auch heute weiter.

SPOX: In der abgelaufenen EM-Qualifikation hat Deutschland gegen Basketball-Zwerge wie Dänemark und die Niederlande verloren. Was haben Sie davon mitbekommen und welche Eindrücke haben Sie gewonnen?

Drijencic: Ich habe beide Niederlagen gesehen. Die Nationalmannschaft ist in einer Situation, in der Sie es nicht schafft, mit der guten Entwicklung der Liga mitzuhalten. Diese hat nämlich seit 2013 zugelegt - jetzt muss man das auf die Nationalmannschaft übertragen. Es war sichtbar, dass die Jungs gekämpft haben, da kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Und die Qualität ist ja auch da - jetzt warten alle darauf, dass diese Qualität in Siege umgewandelt wird.

SPOX: Apropos spielerische Qualität: Mit Dennis Schröder oder dem während der Quali abgereisten Tibor Pleiß fehlen immer wieder Schlüsselspieler. Haben Sie Verständnis für die Absagen?

Drijencic: Da ist meine Meinung gespalten. Man darf nicht vergessen, dass die Spieler von dem Geld leben, dass sie in den Vereinen verdienen. Auf der anderen Seite muss man es einfach schaffen, dass sie gerne zur Nationalmannschaft kommen. Sie sollten es nicht nur als zusätzliche Belastung sehen. Ich will ein Beispiel nennen: Bei meinem ersten Kontakt mit Neuzugang Maxime De Zeeuw hat er mir imponiert, weil er von Anfang an gesagt hat: 'Coach, Sie sollen wissen, dass die belgische Nationalmannschaft sehr wichtig für mich ist. Ich werde für sie kein Spiel verpassen'. Ich war beeindruckt, wie sehr er für sein Team steht. Da frage ich mich: Wieso ist das bei deutschen Spielern nicht so? Liegt es an den Rahmenbedingungen? Der Atmosphäre? Oder vielleicht auch an einer anderen Erziehung, dass in anderen Ländern das Spielen für die Nationalmannschaft eine Ehre darstellt und in Deutschland nicht?

SPOX: Sie waren zuletzt mit den Baskets in einem Trainingslager in Serbien. Was kann der deutsche Basketball von der Ausbildung dort lernen?

Drijencic: Es gibt einfach große Unterschiede in der Gesellschaft. In Deutschland geht es den Menschen finanziell gut und es gibt gesellschaftliche Sicherheit. Die deutsche Gesellschaft bietet allgemein einen hohen Standard, was natürlich gut ist. In Serbien ist das alles anders: Dort sehen die Kinder durch den Sport einen Weg, um ein besseres Leben zu erreichen. In Deutschland hingegen ist der Basketball nur eine Sache. Dann fehlt automatisch das letzte Quäntchen Einsatz und Kontinuität beim Training. Dann kann man nicht das Maximum aus einem Talent herausholen. Und natürlich hat der Basketball in Serbien einen viel höheren Stellenwert: Wenn jemand sagt, er sei im Jugendprogramm von Roter Stern oder Partizan Belgrad, dann erhält er dafür sofort enormen Respekt. Deshalb fangen auch viel mehr Kinder damit an, Basketball zu spielen - weil sie diesen Traum haben. Das schlägt sich dann natürlich auch irgendwann auf die Qualität der Nationalmannschaft nieder.

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