NBA

Der Zar des Welt-Basketballs

Mike Fratello machte Ukraine zur Überraschungsmannschaft der EuroBasket 2013
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SPOX: Keine Angst vor Misserfolg?

Fratello: Das wichtigste war für mich, dass Sasha mich um diesen Gefallen bat. Wobei: Selbst ohne Sasha hätte es einen großen Reiz ausgeübt: Ich war viel in Europa unterwegs, veranstaltete Coaching Clinics. Allerdings habe ich selbst noch nie außerhalb der Staaten auf einem Top-Level gearbeitet. Ich sah es als Chance, meine Neugierde zu stillen. Und da die Ukrainer die einzigen waren, die fragten, unterschrieb ich den Vertrag.

SPOX: Sie betonen immer wieder die Freundschaft zu Volkov. Woher kommt sie?

Fratello: Die Freundschaft ist sehr besonders. Ich habe ihn 1989 für die Atlanta Hawks gedraftet und ihn in seinem ersten Jahr außerhalb der Sowjetunion trainiert und betreut. Für ihn verlief der Wechsel in die NBA nicht so einfach wie gedacht. Er war ein großartiger Spieler des europäischen Basketballs, nur: In den USA kannte ihn keiner, er hatte Probleme mit der Sprache und er fühlte sich nie richtig wohl, so dass ich ihm nicht so viele Spielminuten geben konnte. Das tat mir sehr leid und ich habe mich um ihn gekümmert, sodass er ein bisschen zu meinem Ziehsohn wurde. Mit der Zeit entstand ein Vertrauensverhältnis und wir gehen komplett ehrlich miteinander um.

SPOX: Warum können sich bis heute einige europäische Top-Spieler nicht an die NBA anpassen?

Fratello: Weil sich selbst 25 Jahre später an der Grundausgangslage nichts verändert hat. Bei der EM habe ich wieder Spieler gesehen, die unglaubliche Basketballer sind. Echte Superstars des Sports. Aber in der NBA können Sie ihr wahres Game nicht zeigen, weil sie sich unbehaglich fühlen.

SPOX: Wen meinen Sie konkret? Einen Vassilis Spanoulis? Einen Rudy Fernandez?

Fratello: Ich könnte Namen nennen, doch ich möchte es nicht. Allgemein gesprochen: Ich bewundere viele europäische Spieler und ich kann nachvollziehen, wie schwer es für sie gewesen sein muss in der NBA. Einerseits wird die Liga von den Franchise Playern diktiert, denen mit ihren großen Verträgen Spielzeiten garantiert sind. Andererseits stehen die Trainer in der NBA unter einem unfassbaren Druck und können sich Niederlagen nicht leisten, weswegen sie lieber auf Altbekanntes zurückgreifen. Daher setzen sie die Europäer nur für 3, 4 Minuten ein - und wenn die wenigen Würfe, die sie bekommen, vorbeigehen, sind sie sofort raus.

SPOX: Wie kam es, dass Sie entgegen des Trends zu den Pionieren gehörten? Ähnlich wie Donnie Nelson haben Sie sich früh um den internationalen Basketball bemüht.

Fratello: Das begann in den 80er Jahren in Atlanta. Der damalige General Manager Stan Kasten, damals ein blutjunger Kerl und mittlerweile Präsident des MLB-Klubs Los Angeles Dodgers, wollte schon damals neue Wege gehen und stellte Rich Kaner ein. Rich zog für ein paar Monate nach Europa und sollte mir eine Liste mit interessanten Spielern zusammenstellen. Damals ging es lange nicht so wissenschaftlich zu wie heutzutage. Dennoch wollten wir uns einen Wissensvorsprung erarbeiten.

SPOX: Aber was genau hatten sie sich erhofft? Der europäische Basketball wurde als drittklassig abgetan.

Fratello: Zu der Zeit gab es im Draft noch 10 Runden. Daher dachte sich Stan, der ein sehr kluger Mann ist: "In den späten Runden gibt es ohnehin keine guten US-Spieler mehr, warum experimentieren wir nicht?" Daher setzten wir darauf, dass wir im Ausland einen Glückstreffer landen, bevor wir unnötig Picks an schlechte College-Abgänger verschleuderten, die uns nichts nutzen. Damals waren wir einer der Vorreiter. Die Allermeisten erinnern sich nicht daran, doch wir waren es, die Arvydas Sabonis als erstes gedraftet hatten.

SPOX: 1985 an Platz 77.

Fratello: Unser Pech: Damals hat man das Recht am ausländischen Spieler verloren, wenn dieser im Jahr des Drafts auf den Wechsel in die NBA verzichtete. Und so kam es: Arvydas hatte Verletzungsprobleme und traute sich nicht zu, sich in der NBA durchzusetzen. Nur ein Jahr später veränderte die NBA die Regeln, sodass die Klubs, die einen ausländischen Spieler draften, die Rechte auch behalten dürfen. Portland draftete ihn also 1986 schon in der ersten Runde an Platz 24, ließ ihn bis 1995 in Europa und holte ihn dann in die NBA. Ich finde es immer noch unfair.

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