"Schmeling war kein mutiger Mensch"

Von Interview: Haruka Gruber
Henry Maske spielt in "Max Schmeling – Eine deutsche Legende" die Hauptrolle
© Imago

Mutig? Oder wahnsinnig? Henry Maske setzt als Schauspieler Max Schmeling ein cineastisches Denkmal. Die Biografie "Max Schmeling - Eine deutsche Legende" kommt am 7. Oktober in die Kinos und thematisiert das Leben des ehemaligen Schwergewichts-Weltmeisters in den 30er und 40er Jahren.

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In der Hauptrolle: Der 46-jährige Maske, den nicht nur eine Freundschaft mit dem 2005 im Alter von 99 Jahren verstorbenen Schmeling verband.

Beide waren Box-Weltmeister - und beide sind Symbolfiguren der deutschen Geschichte. Schmeling für das Nachkriegs-Deutschland, Maske für das Deutschland nach der Wiedervereinigung.

Im Interview spricht Maske über falsche Heldenverehrung, den nächsten deutschen Box-Star und den Reiz von buschigen Augenbrauen.

SPOX: Bei der Presse-Vorführung Ihres Films war eines offensichtlich: Die Journalistinnen waren von Ihrem Schmeling-Look begeistert. Warum haben Sie sich nach dem Dreh von den langen Haaren und den buschigen Augenbrauen getrennt?

Henry Maske: Ich wusste gar nicht, dass ich so gut rüberkomme, aber es freut mich, wenn es so ist. Es muss ja auch für Frauen genügend Gründe geben, ins Kino zu gehen. (lacht) Der Schmeling-Look ist dennoch keine Alternative für mich. Für meine Frau ist das nicht akzeptabel, deswegen wurden meine Haare auch bei der erstbesten Gelegenheit geschnitten.

SPOX: Was ebenfalls auffiel: das Sixpack - vor allem für einen Mann jenseits der 45.

Maske: Ich habe auch nach meiner Box-Karriere den Anspruch, in Form zu bleiben. Außerdem half es mir enorm, dass ich nur zwei Jahre vor dem Beginn der Dreharbeiten den Comeback-Kampf gegen Virgill Hill bestritten hatte. Es waren optimale Voraussetzungen.

SPOX: An körperliches Training sind Sie gewohnt, wie haben Sie es jedoch geschafft, auch als Schauspieler zu überzeugen?

Maske: Das war der entscheidende Punkt: Ich weiß, dass ich keine Schauspiel-Ausbildung habe, dennoch musste ich gewisse Techniken lernen, die es mir erlaubten, Max Schmeling gerecht zu werden. Dabei half mir enorm Schauspiel-Trainer Arved Birnbaum. Normalerweise stehen für Anfänger zunächst grundlegende Rollenspiele und Sprechübungen an, aber wir haben uns speziell nur auf Max Schmeling konzentriert und darauf, wie ich mich entspannen kann und wie ich mit anderen Darstellern interagieren muss, damit ich in meiner Rolle eine Natürlichkeit entwickle.

SPOX: Mit Verlaub: Das reicht?

Maske: Zusätzlich habe ich intensiv recherchiert, um ein besseres Feeling für Max Schmeling zu bekommen. Ich habe ihn in seinen letzten Jahren als Freund erleben dürfen, aber wie er in den 30er und 40er Jahren gelebt hat, wusste ich nicht. Seine Biografien kannte ich alle, im Zuge der Drehvorbereitungen habe ich außerdem mit Zeitzeugen gesprochen, die ihn damals gekannt haben. Geholfen hat auch ein altes Jagdbuch über Max Schmeling.

SPOX: Jagdbuch?

Maske: Ein Fan hatte mir das Buch vor langer Zeit geschickt, aber ich kam nicht dazu, es zu lesen. Darin geht es darum, wie der passionierte Jäger Schmeling früher im Wald auf Wild wartete und über was er sich dabei unterhielt. So konnte ich kleine Details herausziehen und Max Schmeling auf einer neuen Ebene ergründen.

SPOX: Schmeling gilt als einer der bedeutendsten Deutschen aller Zeiten. Besteht jedoch nicht die Gefahr, ihn zu überhöhen und ihn so unglaubwürdig zu machen?

Maske: Diese Gefahr besteht, aber um es klarzustellen: Max Schmeling war kein besonders mutiger Mensch. Er hat einfach nur versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen. Als er etwa die beiden jüdischen Brüder Lewin in der Reichskristallnacht vor den Nazis rettete und in seinem Hotelzimmer versteckte, hat er nicht darüber nachgedacht, was auf ihn zukommen könnte. Er hat einfach gehandelt, er war jedoch nicht der klassische Heldentyp.

SPOX: Schmeling dachte damals, dass die Nazi-Bewegung nur eine politische Modeerscheinung sei. Hat er Adolf Hitler unterschätzt?

Maske: Ja, auch Schmeling hat Hitler unterschätzt - aber wer hat es zu der damaligen Zeit nicht getan? Schmeling gehörte zu der großen Mehrheit der Deutschen, die sich nicht vorstellen konnten, was alles passieren wird.

SPOX: Das Leben von Max Schmeling nachzuzeichnen ist das eine, doch wie sehr haben Sie den Druck gespürt, eine Legende zu spielen und ihm womöglich nicht gerecht zu werden?

Maske: Ich hatte definitiv Angstgefühle. Der Respekt vor dem Projekt war riesig und ich war unsicher, ob ich den Anforderungen gewachsen bin. Aber nachdem ich den Film gesehen habe, behaupte ich, dass mein alter Freund zufrieden wäre.

SPOX: Es gibt wegen Ihrer fehlenden Film-Erfahrung zahlreiche Kritiker, die sich fragen, warum Sie sich das antun. Warum haben Sie sich dennoch dazu entschlossen?

Maske: Im meinem Leben musste ich viele Widerstände überwinden. Die Leute wollten mir einreden, dass ich es nicht als Boxprofi schaffen würde. Dass ich nicht das Zeug zum Weltmeister habe. Und dass das Comeback gegen Hill zum Scheitern verurteilt sei. An Skepsis war ich entsprechend gewohnt, aber im Boxen kannte ich mich immerhin aus und ich wusste, zu was ich fähig bin. Beim Schauspiel war es etwas anderes. Eine Sache hat mir dennoch immer Mut gemacht: Dass Max Schmeling zu Lebzeiten gesagt hat, dass ich ihn verkörpern soll, wenn sein Leben jemals verfilmt wird.

SPOX: Es gibt Bedenken, weil der Film ausgerechnet von Uwe Boll inszeniert wurde. Boll bekam letztes Jahr zwei Anti-Oscars, die sogenannte Goldene Himbeere: für die schlechteste Regieleistung 2008 und einen Sonderpreis für das schlechteste Lebenswerk.

Maske: Natürlich wurde ich mit seinem Ruf konfrontiert und es gab Momente, an denen ich mit meiner Entscheidung haderte. Wie will man schon als Anfänger wissen, ob ein Regisseur der richtige ist? Andererseits dachte ich mir: Uwe ist der Erste, der den Mut aufbrachte, endlich einen Film über jemanden zu drehen, der es längst verdient hatte. Im Nachhinein bin ich dankbar. Im Leben trifft man Menschen, die einen positiv überraschen. Uwe gehört dazu.

SPOX: Weil er selbst boxt und so für eine gewisse Authentizität steht?

Maske: In unseren Box-Kämpfen sieht man eine Echtheit, die sich unterscheidet von all den Rocky-Filmen. Bei Stallone wurden die Szenen übertrieben, um die Dramatik zu steigern, aber für jeden Box-Interessierten war es nicht nachvollziehbar. Uwe setzte Gott sei Dank auf Realismus.

SPOX: Schmelings Gegner werden von Boxern des Sauerland-Boxstalls dargestellt, unter anderem Arthur Abraham. Er träumt davon, ähnlich wie Schmeling die USA zu erobern. Ist das denkbar?

Maske: Arthur kann Massen begeistern, daher ist sein Ziel absolut verständlich. Doch der Sprung in die USA ist ein anderes Kaliber und ich glaube nicht, dass die Resonanz ausreicht, um in New York oder Las Vegas einen großen Kampf zu veranstalten. Es wird wohl nie wieder einen Deutschen geben, der in Amerika so bekannt und populär ist wie Max Schmeling.

SPOX: Was ist mit Felix Sturm?

Maske: Sein Anspruch muss es sein, wieder zum zweiten Aushängeschild des deutschen Boxens neben Arthur zu werden. Er bringt alles dafür mit. Jetzt muss er Glück haben und zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Gegner bekommen.

SPOX: Braucht er nicht einen Megafight wie damals gegen Oscar de la Hoya, um die durch die Pause verloren gegangene Zeit wieder aufzuholen?

Maske: Ein Kampf gegen Kelly Pavlik oder Sergio Martinez würde in der Tat beeindrucken, nicht nur in der Box-Szene, sondern auch in der allgemeinen Wahrnehmung. Es braucht eine gewisse Vorbereitung, aber Deutschland ist im Boxen mittlerweile so gut aufgestellt, dass finanziell ein großer Fight möglich sein sollte.

SPOX: Wem trauen Sie von Abraham und Sturm abgesehen eine große Karriere zu?

Maske: Alexander Frenkel. Bisher hat er auch wegen Verletzungen noch nicht die Wirkung in der Öffentlichkeit erzielen können, aber vielleicht ändert es sich nach dem Sieg über Enzo Maccarinelli. Frenkel ist intelligent, bringt die nötige Feinfühligkeit mit und stahlt einen besonderen Glanz aus. Von ihm erhoffe ich mir einiges.

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