Be like Rocky
In der NBA will jeder sein wie Mike, in Deutschland feiert man den Dirkster, und Boxer wollen offenbar Sylvester Stallone a.k.a. Rocky Balboa nacheifern. Was den Italian Stallion neben herausragenden geografischen Kenntnissen ("Ah, Jamaika... Europa") und einem bombastischen Soundtrack noch ausmachte?
Seine Trainingsmethoden. Kein Wunder also, dass sich auch David Haye ein Beispiel an der Boxlegende von der Leinwand nahm und für ein Fotoshooting im besten Rocky-Style Rinderhälften bearbeitete.
Auch der klischeehafte Vergleich mit dem Bösewicht aus dem vierten Teil ließ sich der Engländer nicht nehmen. "Und Klitschko ist Drago - ich werde ihn vernichten", so Haye gegenüber der "Bild am Sonntag".
Toney kann's nicht lassen
Während die Box-Welt am Wochenende nach Hamburg schaut, fühlt sich einer anscheinend nicht genügend gewürdigt. James Toney will auch ein Stück vom Medien-Kuchen abhaben. Immerhin hatte er vor kurzem bekannt gegeben, gegen MMA-Legende Ken Shamrock in den Ring steigen zu wollen.
Nach der Niederlage gegen Randy Couture ist es für Toney schon der zweite Ausflug ins MMA-Business, nachdem er im Boxen keine guten Herausforderer mehr sah. Auch David Haye und Wladimir Klitschko sind für Mister Lights Out nichts weiter als "Clowns".
Gegenüber "East Side Boxing" tönte Toney rum: "Auf der einen Seite hast du David 'Gaye', auf der anderen Wladimir 'Bitchko'. Beide werden Millionen verdienen, nur weil Gaye einen auf Bad Boy macht. Aber ich bin der beste Trash-Talker auf diesem Planeten! [...] Ich habe Klitschkos Mutter und Schwester als Schlampen beleidigt, aber er will immer noch nicht gegen mich antreten."
Mit mittlerweile 42 Lenzen auf dem Buckel ist Toney wohl der lebende Beweis, dass Schläge auf den (Hinter-)Kopf eben doch nicht jedem gut tun.
Undisputed? Nicht mit Lennox
Geht es nach Ex-Weltmeister Lennox Lewis, gebührt dem Steelhammer aus Kiew auch dann nicht der Titel des "undisputed Champion", wenn er David Haye besiegen sollte.
Im Interview mit der "Welt" erklärte die britische Schwergewichts-Legende zur Frage, ob Wladimir bei einem Sieg sein legitimen Nachfolger wäre: "Nein. Um das zu sein, musst du alle bedeutenden Rivalen deiner Ära besiegt haben. Deshalb werden die Klitschkos auch nicht in meine Fußspuren treten können, da sie ja niemals gegeneinander kämpfen. Bei ihnen bleibt immer offen, wer nun der beste Schwergewichtler ihrer Zeit ist."
Für Lewis ist klar, dass Witali noch besser sei als Wladimir. "Obwohl schon 40 Jahre alt, ist er noch immer ambitioniert und schlägt so hart wie kein anderer. Das ist fantastisch. Er bekommt leider nicht die Anerkennung, die er verdient."
Auch über den Kampfverlauf hat der Brite eine eigene Meinung. "David kann die Boxwelt auf den Kopf stellen. Ich traue ihm zu, dass er Wladimir ausknockt." Logische Konsequenz: Danach kann es nur Witali gegen Haye heißen.
I'll be back
Schon im Vorfeld eines sportlichen Events nach Ausreden zu suchen, ist ja normalerweise kein gutes Zeichen. Es könnte also sein, dass David Haye langsam aber sicher den Ernst der Lage begriffen hat, als er just sagte: "Wladimir ist besser als jeder, gegen den ich bisher geboxt habe. Es könnte katastrophal für mich werden."
Zum Glück für den Engländer hat er aber schon ein zweites Standbein im Auge: Hollywood soll die nächste Bühne für den Hayemaker werden.
Dabei will er nicht im hundertsten American Pie oder bei Saw 33 glänzen, sondern als "Conan" oder "schwarzer James Bond" die Zuschauer zum Staunen bringen. Für den Barbaren-Film soll er laut "The Sun" sogar schon ein Angebot erhalten haben.
Haye als Nachfolger von Arnold Schwarzenegger? Das mit dem Grazer Dialekt üben wir dann aber bitte noch mal. Und seinen Schwergewichtstitel kann er dann vermutlich auch gleich mit der goldenen Himbeere tauschen.
Welcome to the jungle
Falls es für David Haye in Hollywood nicht klappen sollte, hätten wir noch einen weiteren lukrativen Nebenjob im Angebot: "Wie promote ich ein Event" von und mit David Haye, der Abendkurs für den Geschäftsmann von morgen bald in der Volkshochschule ihres Vertrauens.
Auch wenn man sich den 30-Jährigen kaum in einem Anzug mit Wildleder-Flecken an den Ellbogen vorstellen mag, so könnte er zumindest aus einem Sammelsurium an eigenen Erfahrungen erzählen. Nach geschmacklosen T-Shirts und einer iPhone-App für groß und klein sorgte der Engländer nämlich auch in der Woche des Kampfes mal wieder für feinsten Trash Talk.
"Wladimir ist kein geborener Fighter wie ich. Wenn wir beide Tiere wären, dann wäre ich ein Leopard und er ein beschissener Esel", so der 30-Jährige gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
Ob David Haye angesichts des Dschungel-Vergleichs ein Guns'n'Roses-Fan ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Offenbar hat er jedoch in den 80er Jahren mit Leidenschaft versucht, eines der beliebtesten Spielzeuge zu dieser Zeit zu "besiegen".
Warum sonst sollte er seine Boxtaktik damit vergleichen: "Ich werde ein Zauberwürfel sein, den er nicht lösen kann." Beim Zauberwürfel braucht man je nach Ausgangslage höchstens 20 Züge. Man darf gespannt sein, wie viele Wladimir Klitschko für den Haye-Cube benötigt.
Wer hat die besten Freunde?
Der Hayemaker brach im Interview mit dem "Daily Star" auch wieder die übliche Kindergarten-Spielplatz-Diskussion "Wer hat die besseren Sparringspartner" vom Zaun.
"Ich hatte großartige Sparringspartner. Robert Helenius, David Price und zwei Jungs aus den USA, Deontay Wilder und Kelvin Price", sagte er und diskreditierte im selben Satz Klitschkos Vorbereitung: "Schau dir mal die Sparringspartner an, die Wladimir über die Jahre hinweg benutzt hat an - Michael Sprott und Ola Afolabi. Er hat die üblichen Sparringspartner, die auftauchen, die ganze Nacht harte Jabs fressen, ihren Scheck abholen und jeder ist glücklich."
Wie passend, dass sich auch gleich Cruisergewichts-Weltmeister Steve Cunningham im "Fightnews"-Interview zu Wort meldete: "Ich habe fast drei Wochen mit Wlad verbracht. Er nutzt seine Größenvorteile sehr gut - viele Kämpfer können das nicht. Außerdem ist er sehr schlau und schlagkräftig. Ich hatte Glück, mit einem Schwergewichtsweltmeister trainieren und ihn kennen lernen dürfen. Er ist wirklich ein 'Nice-Guy'. Ich habe Wladimir ein gutes Training gegeben und hoffentlich hilft ihm alles, was wir gemacht haben, dabei, Haye zu schlagen."
Soviel zum jetzigen Stand, aber noch bleiben ja ein paar Tage, um bekannt zu geben, dass jemand dem anderen die Schaufel geklaut hat.
Schiri, wir wissen wo dein Auto steht!
Dazu passt es auch, dass David Haye sich in den vergangenen Tagen über die Wahl des Ringrichters Genaro Rodriguez beschwert hat. Das Haye-Camp sieht ein Problem in der Auswahl des Mannes aus Chicago, da dieser bereits bei vier Kämpfen von Wladimir Klitschko der dritte Mann im Ring war.
Die Wahl Klitschkos stößt Haye vor allem sauer auf, da dieser für den Kampf bereits einige Zugeständnisse gemacht hatte. Heimvorteil, Übertragungsrechte, die Wahl der Handschuhe und der Ecke, alles zugunsten von Klitschko. Und jetzt auch noch der Referee. Unglaublich.
Dennoch könnte Genaro Rodriguez für den Hayemaker kein schlechtes Omen sein. Er stand auch im Ring, als Wladimir im Jahr 2003 gegen Corrie Sanders schwer K.o. ging. Und außerdem: Macht Haye seine vollmundigen Ankündigungen wahr und knockt Wladimir Klitschko aus, braucht er den Ringrichter nur bedingt. Bis zehn wird dieser ja wohl zählen können.
Klitschko siegt sicher, vielleicht
Last but not least gibt's noch die von "boxingscene" veröffentlichten Prognosen von zehn Experten über den Ausgang des samstäglichen Gefechts.
Friedlich teilen sich diese in die beiden Lager auf. Der ehemalige Klitschko-Sparringspartner Tyson Fury, Ross Puritty, der Klitschko als erster besiegen konnte, und Olympiasieger James DeGale nebst Trainer Jim McDonnell setzen auf den ukrainischen Weltmeister.
Felix Sturms letzter Gegner Matthew Macklin, der britische Halb-Weltergewichts-Champion Ashley Theophane sowie Kevin Mitchell, Matthew Hatton und Darren Baker sehen David Haye als Sieger den Ring verlassen.
Lediglich Monte Barrett, der schon mit beiden Fightern im Ring stand, ist sich nicht ganz sicher: "Es ist völlig offen. Das ist sehr schwer für mich. Wenn Haye am Jab vorbei kommt, wird er Wlad innerhalb von sieben Runden stoppen. Oder, Wlad wird Haye in vier Runden stoppen." Jetzt ist es aber genug mit präzisen Prognosen: Let's get it on!