Alles oder nichts

Von SPOX
Arthur Abraham trifft am Samstag auf WBO-Champion Robert Stieglitz
© getty

Zum dritten Mal trifft Arthur Abraham am Samstag in Magdeburg auf WBO-Weltmeister Robert Stieglitz (Sa., 22.45 Uhr im LIVE-TICKER). Für den König steht allerdings mehr auf dem Spiel als der Titel im Super-Mittelgewicht. Es geht vor allem um die sportliche Zukunft des einstigen Sauerland-Aushängeschildes.

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Schick sah er aus. Mit Krawatte, Anzug und einem leicht verschmitzten Grinsen, während von seinen verschränkten Armen mehrere WM-Gürtel herunterbaumelten. Umgeben von einem goldenen Rahmen, wie es sich für einen König gehört.

Probieren durfte Arthur Abraham sein Alter Ego aus Zuckerguss auf der Geburtstagstorte, die er von seiner Familie bekommen hatte, aber nicht. Nun gut, fast nicht. Ein kleines Stückchen gönnte er sich dann doch noch, als er am vorletzten Donnerstag 34 Jahre alt wurde.

Mehr war nicht drin, neun Tage vor seinem ganz persönlichen Schicksalskampf. Das mag sich dramatisch anhören, spiegelt aber ganz gut wider, in welcher Situation sich Abraham vor dem Aufeinandertreffen mit Robert Stieglitz befindet. Immerhin gibt er selber zu: "Das ist ein Alles-oder-Nichts-Kampf."

Abraham am Scheideweg

Der Super-Mittelgewichtler steht am Scheideweg. Das dritte Duell mit dem WBO-Champion am Samstag in Magdeburg ist viel mehr als nur ein normaler WM-Fight. Es dürfte Abrahams letzte Chance sein, sich noch mal das begehrte Gold zu sichern - und damit das drohende Karriereende ein weiteres Mal hinauszuzögern.

"Im Fall einer Niederlage müsste er sich - je nachdem wie sie ausfallen würde - wieder ganz hinten anstellen, oder...", wollte sich Kalle Sauerland gegenüber der "dpa" zwar noch nicht endgültig festlegen. Was der Promoter meinte, dürfte allerdings jedem klar sein.

Abraham will davon natürlich nichts wissen: "Was wird, wenn ich verliere - daran denke ich überhaupt nicht." Auch sein Trainer Ulli Wegner kündigte vollmundig an: "Da, wo Arthurs Treffer voll einschlagen, wächst kein Gras mehr."

Der Glanz schwindet

Es ist das typische Säbelrasseln, das im Boxgeschäft seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, bevor man im Ring seinen Worten Taten folgen lassen muss. Genau das war aber zuletzt Abrahams Problem - und auch der Grund, warum der einstige Glanz, der 2006 mit dem dramatischen Erfolg über Edison Miranda samt Kieferbruch seinen Anfang nahm, immer mehr schwindet.

In den letzten beiden Aufbaukämpfen gegen Giovanni De Carolis und Willbeforce Shihepo agierte Abraham zurückhaltend, fast abwartend und ließ die Explosivität, die ihn einst berühmt gemacht hatte, vermissen.

Nicht ohne Grund wurden daraufhin die bereits bekannten Stimmen wieder laut, Abraham habe den Erfolgshunger und die Leidenschaft für das Boxen verloren. Ein Vorwurf, der sich nicht so einfach von der Hand weisen lässt. Doch das hat er offenbar abgehakt: "Die letzten Kämpfe sind Vergangenheit, wir sind diesmal sehr gut vorbereitet."

Vertauschte Rollen

Das ist auch zwingend nötig, denn die traditionelle Rollenverteilung scheint diesmal vertauscht zu sein. Auf der einen Seite der Herausforderer, der immens unter Druck steht. Der allen Zweiflern beweisen muss, dass er eben noch nicht satt ist.

Dass Abraham zudem eines der Sauerland-Aushängeschilder ist und eine wichtige Rolle spielen dürfte, wenn es in den nächsten Wochen in die heiße Phase bei den Verhandlungen mit der "ARD" über einen neuen TV-Vertrag geht, sorgt für zusätzliche Brisanz.

Ihm gegenüber ein Weltmeister, der die Ruhe selbst ist. Zumindest gibt sich Stieglitz, für den das Spiel mit den Medien häufig nicht mehr als ein notwendiges Übel ist, im Vorfeld des finalen Akts der Trilogie überraschend offen.

"Er hat gesagt, es geht ihm um alles. Wenn das so ist, wird er wohl alles verlieren", so Stieglitz im Gespräch mit SPOX. Sein Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr.

Eine Lektion

Vor einem knappen Jahr erteilte Stieglitz Abraham eine wahre Lektion, nachdem er im ersten Aufeinandertreffen noch den Kürzeren gezogen hatte.

Wie eine Dampfwalze überrollte der SES-Schützling seinen Kontrahenten in den ersten drei Runden, zur vierten trat Abraham, dessen linkes Auge stark zugeschwollen war, auf Anraten des Ringarztes gar nicht mehr an.

Geburtstagsgeschenk für Abraham?

Noch mal dürfte sich Abraham von diesem "Blitzkrieg", wie es danach in den Medien hieß, allerdings nicht überraschen lassen, das weiß auch Stieglitz: "Ich glaube schon, dass Arthur besser drauf sein wird als beim letzten Mal. Deshalb stelle ich mich auf zwölf Runden ein."

Oder wie es Abraham gegenüber der "Bild"-Zeitung ausdrückte: "Ich hatte einfach keine Lust, bin überhaupt nicht in den Kampf gekommen. Aber diesmal werde ich Stieglitz zeigen, wo es lang geht und von der ersten Minute an Druck machen." Es wäre wohl das größte Geburtstagsgeschenk, das er sich selber machen könnte.

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