SPOX: Gibt es große Unterscheide zwischen einem Amateur- und Profi-Boxer?
Härtel: Es werden sicherlich einige neue Dinge auf mich zukommen. Momentan hat sich mein Alltag allerdings nicht großartig verändert. Das Training wurde ein wenig umgestellt, die Intensität ist höher, aber damit habe ich kein Problem. Das war ich in der Vergangenheit bereits als Sportsoldat gewohnt, ansonsten würde die Umstellung vielleicht nicht ganz so reibungslos verlaufen.
SPOX: Ihre zahlreichen Amateur-Erfahrungen im Ausland dürften Ihnen dabei auch geholfen haben. Sie nahmen unter anderem bei der Militär-WM im indischen Hyderabad sowie bei der Junioren-WM im marokkanischen Agadir teil. Was blieb Ihnen im Kopf?
Härtel: Bei solchen Events bekommt man vom Alltag eigentlich wenig mit. Bei der Militär-WM haben wir in einer Kaserne gewohnt und sind dann mit dem Bus immer zu den Wettkämpfen gefahren. Das einzige Erlebnis abgesehen vom Sport waren wohl die Kühe auf den Gehwegen, die für uns Europäer zum Schmunzeln waren.
SPOX: 2012 nahmen Sie zudem an den Olympischen Spielen in London teil.
Härtel: Das war mein bisheriges Highlight. Die Leute vor Ort sorgten für eine sensationelle Stimmung, sogar die komplette Vorrunde im Boxen war ausverkauft. Auch wenn ich eine Medaille knapp verpasst habe, war das einmalig. Diese Atmosphäre werde ich nie vergessen, davon erzähle ich noch meinen Urenkeln.
SPOX: In den letzten Jahren kamen vermehrt Diskussionen auf, wonach auch Box-Profis an Olympia teilnehmen sollten. Eine sinnvolle Überlegung?
Härtel: Olympia gehört den Amateuren. Das ist ihre große Bühne, das sollte man ihnen lassen. Außerdem ist das sowieso schwer vorstellbar. Amateur- und Profi-Boxen sind quasi zwei unterschiedliche Sportarten. Man müsste schon wie beispielsweise beim Hallen- und Beachvolleyball beides aufnehmen. Und die Weltverbände müssten auch mitspielen, mal abgesehen davon, dass es nicht realistisch ist, so viele Kämpfe über zwölf Runden in einer so kurzen Zeitspanne stattfinden zu lassen.
SPOX: Sie waren bei Olympia und bei unterschiedlichen Weltmeisterschaften. Das interessanteste Projekt war aber vielleicht die World Series of Boxing, eine globale Liga, an der verschiedene Mannschaften teilnehmen, wie in Ihrem Fall die Leipzig Leopards.
Härtel: Die Idee dahinter ist eigentlich grandios. Man lernt diesen Mannschaftscharakter kennen, von dem beim Fußball immer viel gesprochen wird. Zudem gibt es an jedem Abend fünf, sechs Kämpfe auf hohem Niveau.
SPOX: In Deutschland bekommt man von der WSOB jedoch so gut wie nichts mit.
Härtel: Das Problem in unserem Land ist, dass eine solche Liga schwer zu vermarkten ist. Wir sind gerade im Boxen an Namen gebunden. Abraham, Klitschko, Huck, damit zieht man Zuschauer vor den Fernseher. Das ist natürlich schade, weil die Amateure auch guten Sport bieten.
SPOX: Wäre die WSOB auch bei den Profis denkbar?
Härtel: Ich glaube nicht, dafür ist das Profi-Geschäft mit den verschiedenen Verbänden, Weltranglisten und Champions bereits zu etabliert.
SPOX: Neben den bekannten Namen spielt bei den Profis auch die Show eine große Rolle. Zuletzt machte Shannon Briggs Schlagzeilen, als er Wladimir Klitschko in dessen Trainingslager attackierte. Muss das Boxen aufpassen, es nicht zu übertreiben?
Härtel: Es wirkt schon arg konstruiert. Briggs hat vor Jahren von Vitali auf den Kopf bekommen, jetzt probiert er es offenbar beim Bruder. Das ist ein bisschen lächerlich, solche Aktionen schaden den Boxen. Zum Glück gehört das aber nicht zum Alltag.
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