Vor 14.500 Zuschauer in der ausverkauften o2 World Arena entwickelte sich ein kurzweiliger Schwergewichts-Fight, der nach zwei Niederschlägen Pulevs fast schon in der ersten Runde sein Ende fand. Doch der 33-Jährige bewies ein großes Herz und suchte sein Glück in der Offensive. Sein unausweichliches Schicksal zögerte der Herausforderer damit jedoch nur hinaus, in der fünften Runde war die erste Niederlage in Pulevs Profi-Karriere perfekt.
Für Klitschko war es dagegen der 53. vorzeitige Erfolg in seiner Laufbahn - und es soll nicht der Letzte gewesen sein. Nach seinen beiden erfolgreichen Titelverteidigungen im Jahr 2014 geht der Blick bereits langsam Richtung 2015, auch wenn für den mittlerweile 38-Jährigen wohl erst mal die Geburt seines ersten Kindes mit der US-Schauspielerin Hayden Panettiere im Mittelpunkt stehen wird.
Sportlich gesehen dürfte in den nächsten zwölf Monaten vor allem der WBC-Gürtel Klitschkos Interesse erregen, den momentan der Kanadier Bermane Stiverne um die Hüften trägt. Nicht ohne Grund unterzeichnete der 38-Jährige vor kurzem einen Deal mit dem amerikanischen TV-Giganten "HBO" über drei Kämpfe. Auch ein Duell mit Marco Huck, der nach seinem Sauerland-Abschied das Schwergewicht in Angriff nehmen will, könnte auf den Tisch kommen.
Reaktionen:
Wladimir Klitschko: "Ich möchte diesen Sieg auch meinen Landsleuten in der Ukraine widmen, sie haben schwierige Zeiten. Pulev hat eine gute Leistung gebracht, dafür gebe ich ihm Respekt. Es war heute schwer, den Jab zu setzen. Ich war überrascht, dass er nach dem ersten Niederschlag noch einmal zurückgekommen ist."
Kubrat Pulev: "Klitschko ist ein guter Gegner, ich denke, er hat heute etwas Glück gehabt. Ich möchte eine Revanche, dann gewinne ich."
Shannon Briggs: "Er hätte ihn in der ersten Runde ausknocken müssen. Wladimir hat nur seinen Job gemacht, Pulev hatte halt Angst. So kannst du nicht kämpfen. Ich habe mit einem Arm gegen Vitali gekämpft. Wladimir ist schlechter als sein Bruder."
Klitschkos K.o.-Sieg im RE-LIVE
SPOX-Scoreboard | 1. Runde | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | Score |
Wladimir Klitschko (UKR) | 10 | 10 | 10 | 10 | |||||||||
Kubrat Pulev (BUL) | 7 | 9 | 8 | 9 | K.o. |
Der Ringrichter: Tony Weeks. Der Amerikaner stand bereits im Mai 2014 in der Kritik, als er beim ersten Duell zwischen Floyd Mayweather und Marcos Maidana dem Argentinier trotz mehrerer Regelverstöße keinen Punkt abzog. Auch in Hamburg verpasste es Weeks, Pulevs Schläge auf den Hinterkopf zu ahnden. Ein schwacher Auftritt.
Der Schlag des Kampfes: Klitschkos linker Haken. Normalerweise geht nichts über Klitschkos Jab, der im Schwergewicht seinesgleichen sucht. Doch gegen Pulev hatte der Weltmeister Probleme mit seinem Paradeschlag, weil ihn der Bulgare gut auf Distanz hielt. Auch deswegen wählte Klitschko häufig den Weg über den Uppercut - mit Erfolg. Gerade der linke Haken am Ende verdiente das Prädikat Weltklasse.
Das fiel auf:
- Die o2 World Arena in Hamburg kochte bereits vor dem ersten Gongschlag, nachdem Jan Delay in seiner typischen Art und Weise mit dem Song "St. Pauli" für Stimmung sorgte. Auch Klitschko-Stalker Shannon Briggs war in der Halle, doch der US-Boy verhielt sich vergleichsweise ruhig. Interessant: Klitschko kassierte in seiner Wahlheimat einige Pfiffe und Buhrufe.
- Unfassbarer Beginn von Klitschko! Der Weltmeister schickte Pulev bereits in der ersten Runde mit einem harten linken Haken zu Boden. Der Bulgare kam zwar wieder auf die Beine, wackelte allerdings bedenklich - und streckte Klitschko dennoch provokativ die Zunge runter. Die Folge: Er küsste wenige Momente später gleich wieder den Boden .
- Zu Pulevs großem Problem wurde seine Defensive. Der Bulgare hielt gerade die Führhand zu tief und bot Klitschko damit zu viele freie Trefferflächen. Zudem bewegte er sich mit seiner Ausweichbewegung nach rechts genau in den linken Haken Klitschkos hinein, was in der dritten Runde zu einem weiteren Niederschlag führte.
- Klitschko fand seinerseits nicht immer die beste Distanz. Der Grund: Der Weltmeister setzte zu häufig auf einzelne Hände, anstatt seinen rechten Hammer mit dem Jab vorzubereiten und damit ein Gefühl für den Gegner zu bekommen.
- Pulev reagierte auf Klitschkos Clinch-Taktik, indem er dem Weltmeister auf den Hinterkopf schlug. Nicht unbedingt die feine englische Art, aber wirkungsvoll gegen die Klammer-Attacken des Ukrainers, die seit dem Duell mit Alexander Povektin ein großes Thema sind.
- Pulev etablierte im Laufe des Kampfes etwas besser seinen Jab. Für sein typisches Jab-and-Dash, also schlagen und entfernen, schien der Herausforderer nach den harten Treffern aber nicht mehr in der Lage zu sein.
- Die Entscheidung fiel in der fünften Runde. Pulev versuchte, Klitschko in den Rückwärtsgang zu drängen und traf sogar mit der Rechten. Eigentlich die richtige Taktik, doch der Champ antwortete mit einem brutalen linken Haken an Pulevs Kinn und beendete damit den Kampf.