Vor 16.800 Zuschauern in der ausverkauften MGM Grand Garden Arena geriet Mayweather zwar in der ersten Hälfte des Fights unter Druck und musste den einen oder anderen Schlaghagel seines Kontrahenten einstecken. Je länger der Kampf jedoch ging, desto besser stellte sich "Money" auf seinen Gegner ein und zog dem Pacman vor allem mit seiner beeindruckenden Defensive den Zahn - möglicherweise auch auf Grund einer Schulterverletzung, die Pacquiao offenbar im Training erlitten hatte und im Anschluss an das Aufeinandertreffen zugab.
Mayweather darf sich somit nicht nur weiterhin Weltergewichts-Champion nach Version der WBC und WBA nennen, sondern schnappte sich zudem auch Pacquiaos WBO-Gürtel sowie den extra für dieses Duell geschaffenen Smaragd-Gürtel der WBC im Wert von einer Millionen Dollar. Allerdings gab der einstige Pretty Boy mittlerweile bekannt, alle WM-Titel niederlegen zu wollen: "Ich denke, am Montag werde ich alle Gürtel abtreten. Ich habe hinter den Kulissen eine Entscheidung getroffen. Ich denke, mein letzter Kampf wird wohl kein Titelkampf."
Was dem US-Boy sowieso wichtiger sein dürfte: Er stellte in Las Vegas klar, wer der beste Boxer dieser Generation ist und bleibt die Nummer eins in allen Pound-for-Pound-Listen.
Auch das Ambiente in Sin City konnte sich darüber hinaus sehen lassen. Michael Jordan, Mike Tyson, Tom Brady, Paris Hilton, Clint Eastwood, Steffi Graf, Andre Agassi, Jamie Foxx, der die Nationalhymne singen durfte, und viele mehr - das Who-is-Who der Sport- und Entertainment-Branche ließ sich das Spektakel nicht entgehen. Kurzzeitig kam sogar das Geürcht auf, US-Präsident Barack Obama höchstpersönlich sei vor Ort.
Mal ganz abgesehen vom weltweiten Interesse sowie von den finanziellen Rahmenbedingungen, die jegliche Dimensionen sprengten - und in den USA sogar das Kabelfernsehen kurzfristig lahm legten, weshalb es zu einer halbstündigen Verspätung kam. Der Gesamtumsatz des Kampfes soll sich am Ende auf 400 Millionen Dollar belaufen. Mayweather kassiert dabei schon im Vorfeld festgelegte 150 Millionen Dollar, Pacquiao immerhin noch satte 100 Millionen.
Doch das sind nur ein paar Bestmarken. Der PPV-Rekord von Mayweather vs. Oscar de la Hoya aus dem Jahr 2007 (2,4 Millionen Käufe) dürfte gebrochen worden sein, genauso wie die PPV-Einnahmen (alte Bestmarke: 150 Millionen Dollar), die im Vorfeld auf 300 Millionen Dollar geschätzt wurden. Der Ticketverkauf soll zudem 74 Millionen Dollar einspielen.
Angesichts solch irrer Summen bleibt nach dem Kampf des Jahrhunderts eigentlich nur eine Frage: Wie geht es weiter? Mayweather hat noch einen Fight seines sechs Kämpfe umfassenden Showtime-Deals offen, der im September über die Bühne gehen wird. Ob es allerdings zu einem Rematch kommen wird, steht nach diesem eindeutigen Ausgang in den Sternen.
Reaktionen:
Floyd Mayweather: "Ich musste alles geben, um diesen Kampf zu gewinnen. Ich weiß jetzt, warum Manny Pacquiao so berüchtigt ist. Ich danke Gott für diesen Sieg"
...über seine Zukunft: "Ich werde im September meinen letzten Kampf bestreiten, dann wird es Zeit, die Handschuhe an den Nagel zu hängen."
Manny Pacquiao: "Ich dachte, dass ich diesen Kampf gewonnen habe, denn er hat zu wenig gemacht. Er war sicher nicht übermächtig stark.
...über Mayweathers Taktik: "Es ist frustrierend, wenn der Gegner immer wegläuft und man ihn einfach nicht stellen kann."
...über seine Verletzung: "Wegen meiner Schulter konnten wir nicht so kämpfen, wie wir das ursprünglich wollten"
Graciano Rocchigiani: "Das war ein langweiliger Scheißkampf, Mayweather hat gar nichts riskiert. Das war enttäuschend, ich habe mir das anders erhofft. Wenn man einen Jahrhundertkampf ankündigt, muss man mehr zeigen."
Ulli Wegner: "Das war eine miserable Vorstellung, die Mayweather gezeigt hat. Der Kampf ließ viele Dinge offen, ich bin richtig enttäuscht. Ich verstehe nicht, wie man mit so einer schlechten Leistung gewinnen kann. Er hat gar nichts gezeigt."
Mayweathers Punktsieg im RE-LIVE
SPOX-Scoreboard | 1. Runde | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | Score |
Floyd Mayweather jr. (USA) | 10 | 10 | 9 | 9 | 10 | 9 | 10 | 10 | 10 | 10 | 10 | 9 | 116 |
Manny Pacquiao (PHI) | 9 | 9 | 10 | 10 | 9 | 10 | 9 | 9 | 9 | 9 | 9 | 10 | 112 |
Die Wertungen der Punktrichter:
Burt A. Clements (USA): 116:112
Dave Moretti (USA): 118:110
Glenn Feldman (USA): 116:112
Der Ringrichter: Kenny Bayless. Der Amerikaner gilt in der Box-Welt momentan als der beste Ringrichter des Planeten. Und genau das bewies der erfahrene Amerikaner auch beim Kampf des Jahrhunderts. Bayless, der zuvor bereits insgesamt zwölf Fights mit Beteiligung von Mayweather oder Pacquiao geleitet hatte, agierte ruhig und überlegt, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Seine Ermahnungen gegenüber "Money" wegen Auflehnens waren richtig und nachvollziehbar. Starke Leistung des 64-Jährigen!
Der Schlag des Kampfes: Mayweathers Jab. Einen echten Schlag des Kampfes gab es beim Sieger eigentlich nicht. Denn der Schlüssel zum Erfolg für Floyd war vielmehr seine überragende Defensive, seine Anpassungsfähigkeit sowie seine Beweglichkeit. Trotzdem muss Mayweathers Linke erwähnt werden. Wie der US-Boy seine Hände - als Konter verpackt - immer wieder im Ziel unterbrachte, war bemerkenswert.
Das fiel auf:
- Weil mit Showtime und HBO zwei amerikanische TV-Stationen beteiligt waren, gab es vor dem Kampf auch zwei Ringsprecher: Auf der einen Seite der legendäre Michael Buffer, der den 36-jährigen Pacquiao auf den Weg zum Ring schickte. Mayweathers Name ertönte in der Halle durch Jimmy Lennon jr.
- Anders als in der Vergangenheit verzichtete Mayweather bei seinem Einmarsch auf eine riesige Entourage, einzig Justin Bieber war mit von der Partie. Pacquiao kam seinerseits unter traditionellen Klängen und mit einem Grinsen in die Arena - auch weil das Publikum im MGM Grand mit lautstarken "Manny, Manny"-Sprechchören fast geschlossen hinter dem Filipino stand. Floyd musste sich dagegen wie beim Wiegen am Tag zuvor ein heftiges Pfeifkonzert anhören.
- Unerwarteter Beginn in den Kampf: Mayweather setzte die ersten Treffer, Pacquiao suchte erst mal die Distanz und brauchte zwei Runden, um in den Kampf zu kommen.
- Pacquiaos Taktik wurde danach klar: Er versuchte, Mayweather an den Seilen zu stellen und ihn dann mit einem Schlaghagel einzudecken. Die Pound-for-Pound-Nummer-eins bewies aber genau in diesen Momenten seine Beweglichkeit im Oberkörper und in den Beinen und befreite sich - zur Not mit Clinchen.
- Obwohl er mit Pacquiao auf einen Southpaw traf, nutzte Mayweather seine Shoulder-Roll-Defensive und drehte sich damit quasi genau in die Schlaghand des Gegners hinein. Der Pacman ließ diese Möglichkeit aber sträflich ungenutzt und schnitt ihm nicht den Weg ab, Floyd konnte dadurch häufig nach links entwischen.
- Pacquiao schaltete zwar gelegentlich in den Pacman-Modus und klingelte Mayweather vor allem in Runde vier merklich an, grundsätzlich ging er aber in der Offensive nicht konsequent nach, wenn der Gegner nach hinten abfiel. Er wirkte zeitweise zu zurückhaltend und konnte die Reichweitennachteile häufig nicht überbrücken. Die Folge: zu wenig Beinarbeit und Sidesteps, zu viele Schläge auf die Deckung und keine gute Winkelarbeit, die ihn eigentlich auszeichnet!
- Mayweather konzentrierte sich auf Potshotting. Bedeutet: einzelne Hände, meistens als Konter geschlagen, die den Gegner zwar nicht großartig in Bedrängnis brachten, aber Eindruck auf den Zetteln der Punktrichter schindeten. Das mag nicht spektakulär sein, aber führt gepaart mit seiner hohen Präzision zum Erfolg.
- Je länger der Kampf ging, desto mehr näherte sich Mayweather seiner Komfortzone. In ganz souveräner Vintage-Floyd-Manier brachte er den Kampf zu Ende, ohne zu viel Risiko einzugehen. Überraschend: Laut CompuBox feuerte Floyd sogar mehr Schläge ab als Pacquiao (435:429). Auch die Treffer-Quote sprach eine klare Sprache: 148 bei Mayweather (34 Prozent), nur 81 beim Pacman (19 Prozent, bei den Jabs nur 9 Prozent).