"Ich konnte mein Wort nicht halten"

Von Interview: Malte Müller-Michaelis
Francesco Pianeta (r.) musste sich im Mai 2013 Wladimir Klitschko geschlagen geben
© getty

Am Samstag will Francesco Pianeta zum zweiten deutschen Schwergewichts-Weltmeister nach Max Schmeling werden. In Magdeburg fordert der 30-Jährige den amtierenden WBA-Champion Ruslan Chagaev heraus. Im Interview mit SPOX spricht Pianeta über Schalke, Wladimir Klitschko, eine schwere Erkrankung und den lieben Gott.

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SPOX: Herr Pianeta, Muhammad Ali hat seine Gegner vor seinen Kämpfen beleidigt und auch gerne die Runde angekündigt, in der er sie ausknocken will. Von Ihnen hört man so etwas nicht. Warum?

Francesco Pianeta: Ich bin kein Typ, der große Sprüche macht. Das ist nicht meine Art. Ich will lieber Taten im Ring sprechen lassen. Für vollmundige Ankündigungen habe ich auch einfach zu großen Respekt vor jedem Gegner - natürlich auch vor Ruslan Chagaev.

SPOX: Lass Sie uns über Ihren Gegner sprechen: Was sind Chagaevs Stärken, wo gibt es Schwächen?

Pianeta: Er hat viele Stärken. Schwächen hat auch jeder Mensch, das ist ganz klar, aber bei ihm überwiegen die Stärken. Das Entscheidende ist seine Erfahrung. Das muss man ganz klar sagen. Er hat sehr viel Erfahrung sowohl bei den Amateuren als auch bei den Profis. Das ist sein großes Plus.

SPOX: Wie also wollen Sie das ausgleichen? Den Erfahrungsnachteil - gerade im Amateurbereich - können Sie nicht wettmachen.

Pianeta: Das werden wir am Samstag sehen. Ich hoffe, der liebe Gott gibt mir die Kraft, dass ich das schaffen kann.

SPOX: Das klingt ganz so, als wären Sie ein sehr religiöser Mensch.

Pianeta: Ja, ich bin sehr gläubig. Ich glaube an den lieben Gott. Und ich bin mir sicher, dass unsere Lebensgeschichte schon geschrieben ist.

SPOX: Waren Sie schon immer so gläubig, oder hat sich das in der Zeit Ihrer schweren Krankheit entwickelt?

Pianeta: Ich war schon immer ein religiöser Mensch. Mit der Zeit ist das vielleicht noch ein bisschen intensiver geworden, aber das hat nichts mit der Krankheit zu tun. Das Wichtigste ist, dass man an den lieben Gott glaubt - und das tue ich.

SPOX: Haben Sie sich durch die überstandene Krebserkrankung denn irgendwie verändert?

Pianeta: Man genießt das Leben noch mehr. Jetzt nicht in dem Sinne, dass man viel Party macht. Aber man geht eben bewusster durch die Welt. Doch insgesamt hat sich nicht viel verändert. Denn unser Leben ist ja schon geschrieben. Wir können eh nichts daran ändern. Deswegen sollte man sich auch nicht verrückt machen.

SPOX: Sie wirken in der Tat ganz ruhig. Was hat Ihr Trainer Dirk Dzemski mit Ihnen gemacht, damit Sie in diesem ganzen Trubel den Kopf so frei halten?

Pianeta: Mein Kopf ist immer frei. Ich bin ganz entspannt, mache mir keine Gedanken und freue mich einfach auf den Kampf.

SPOX: Wie nehmen Sie den Rummel um Ihre Person und das öffentliche Interesse wahr - auch im Vergleich zu Ihrem Kampf gegen Wladimir Klitschko?

Pianeta: Es gibt nicht ganz so viele Interview-Anfragen wie vor dem Kampf gegen Wladimir, aber schon deutlich mehr als bei allen anderen Kämpfen. Ich mache das inzwischen ja schon seit ein paar Jahren, dementsprechend habe ich da eine gewisse Routine.

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SPOX: Waren Sie vor dem Kampf gegen Klitschko nervöser als heute?

Pianeta:Ich bin immer entspannt. Ich bin nicht der Typ, der sich verrückt macht. Entweder es klappt, oder es klappt nicht.

SPOX: Vor dem Kampf gegen Wladimir Klitschko hatten Sie Ihrem Sohn den WM-Titel versprochen. Das hat bekanntlich nicht geklappt. Hat er Ihnen das übel genommen?

Pianeta: Nein, überhaupt nicht. Darüber haben wir gar nicht mehr gesprochen. Es sollte einfach nicht sein, ich konnte mein Wort damals nicht halten. Ich hoffe, der liebe Gott gibt mir Samstag die Kraft, dass ich ihm diesmal den Wunsch erfüllen kann.

SPOX: Dazu müssen Sie topfit sein. Wie lief die Vorbereitung?

Pianeta: Es lief sehr gut, Dirk war sehr zufrieden. Und wenn der Trainer zufrieden ist, bin ich auch zufrieden.

SPOX: Einer Ihrer Sparringspartner war Firat Arslan, der Chagaev aus der gemeinsamen Zeit bei Universum bestens kennt. Hat er Ihnen Tipps gegeben?

Pianeta: Natürlich quatscht man ein bisschen und tauscht sich aus. Aber im Großen und Ganzen konzentriere ich mich auf mich selbst und lasse wenig an mich heran. Am Ende stehe ich ja sowieso alleine im Ring."

SPOX: In der Bewerbung des Kampfes wird immer wieder die historische Bedeutung angesprochen, dass Sie Nachfolger von Max Schmeling als deutscher Schwergewichts-Weltmeister werden könnten. Wie gehen Sie damit um?

Pianeta: Das blende ich komplett aus. Warum soll ich mich mit so was verrückt machen? Das wäre doch dumm. Erstmal zählt nur, was am Samstag im Ring passiert. Über Schmeling und alles andere können wir danach sprechen. Vorher will ich mir darüber keine Gedanken machen.

SPOX: Wenn es schon um die Schmeling-Nachfolge geht: Fühlen Sie sich als Deutscher, oder doch vielleicht eher als Italiener? Schließlich besitzen Sie beide Pässe.

Pianeta: Teils, teils. Ich bin hier groß geworden, aber ich habe natürlich auch italienisches Blut in den Adern und von beiden Seiten etwas. Meine Eltern denken und fühlen noch eher italienisch, sind in Deutschland aber auch schon lange voll integriert.

SPOX: In Sachen Fußball sind Sie jedenfalls voll und ganz Schalker. Bekommen wir einen kleinen Ausblick auf die neue Saison?

Pianeta: Ich hoffe natürlich, dass der neue Trainer Andre Breitenreiter etwas bewegen kann. Ich bin gut mit Dennis Aogo befreundet und wünsche ihm, dass es wieder richtig rund läuft. Ich hoffe, dass die neue Saison besser wird als die letzte und bin guter Dinge. Die können das schaffen.

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