Sie sind sehr geschäftstüchtig und werden deshalb auch immer wieder mit David Beckham verglichen, der eine Art Vorreiter in der Selbstvermarktung war und ist. Mögen Sie den Vergleich?
Joshua: David Beckham ist eine Legende, die Mädels stehen auf ihn. Der Vergleich mit ihm schmeichelt meinem Ego schon sehr, das gebe ich zu. David ist eine Ikone, er wurde größer als sein Sport.
Wie stehen Sie zum Boxen als großes Geschäft?
Joshua: Mir war es immer wichtig, mit den richtigen Leuten zusammenzuarbeiten. Mit einem Familienbetrieb, denn eines ist klar: Wenn da dein Name davor steht, dann ist das das Wichtigste überhaupt. Es geht um Reputation. Ist dein Name einmal verbrannt, dann war es das. Diese ältere Generation von Boxpromotern hatte einen anderen Ansatz. Aber ich wollte nie jemandem gehören. Ich wollte nicht im Keller eines Typen sitzen und der sagt über mich: 'Jaja, Anthony Joshua gehört mir.' Ich wollte keine Ownership, sondern immer eine Partnership. Ich musste vieles erst einmal verstehen, ausprobieren und mir dann nach und nach die richtigen Leute zusammensuchen. Einige konnten den Schritt in den Profibereich nach meinem Olympiasieg nicht nachvollziehen. Ich sollte doch eher die Welle weiterreiten. Aber ich wollte keine Welle reiten - ich wollte und will meinen Stempel aufdrücken, ein Erbe hinterlassen.
Wie bereiten Sie sich nun auf den Fight gegen Andy Ruiz vor?
Joshua: Da müsste ich jetzt ja einige Geheimnisse verraten ... Ich sage es mal so: Ich bereite mich fleißig vor und ich vertraue meinen eigenen Instinkten.
Haben Sie sich denn eine andere Taktik überlegt?
Joshua: Ich hatte jetzt mehr Zeit als beim letzten Mal, als er ja nur für Jarrel Miller eingesprungen war, um ich auf den Kampf vorzubereiten. Ruiz ist kleiner als ich, er wird also immer wieder kurz rein- und dann wieder rausgehen. So ist das immer, wenn ein größerer gegen einen kleineren Boxer kämpft. Aber es wird nicht die Taktik sein, die den Kampf entscheidet. Es sind die kleinen Dinge, auf die es ankommt: Disziplin, Widerstandsfähigkeit.
Joshua: "Seitdem muss ich mit diesen Dämonen leben"
Was bedeutet dieser Kampf für Sie?
Joshua: Wie sagt man so schön: 'Halte mich einmal zum Narren, dann schäm' dich. Halte mich ein zweites Mal zum Narren: Schande über mich!' Es ist mir einmal passiert - und es wird mir kein zweites Mal passieren.
Sie wirken in diesen Tagen vor dem Kampf sehr ernst.
Joshua: Die Leute sollten sich daran erinnern: Ich habe den ersten Kampf verloren, seitdem muss ich mit diesen Dämonen leben. Das ist nicht witzig. Ich weiß, warum ich verloren habe und dass ich es jetzt reparieren muss. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit, es wird eine harte Prüfung für mich. Ich muss ihn niederschlagen.
Glauben Sie, dass ihr Gegner nach den großen Schlagzeilen, dem Rummel, dem plötzlichen Ruhm und dem vielen Geld nun nicht mehr ganz so fokussiert sein wird?
Joshua: Er hat sich das alles verdient, er hat Geschichte geschrieben. Dieselben Fragen wurden mir nach dem Klitschko-Fight gestellt. Ich wurde jedenfalls nicht abgelenkt vom Ruhm. Die Versuchung mag da sein, aber am Ende bringen einen andere Dinge nach oben und nicht die kurzzeitige Berühmtheit oder der flüchtige Erfolg. Beim Boxen ist das alles ein bisschen anders. Basketballer verlieren, dann gewinnen sie wieder. Im Tennis oder beim Fußball genauso, alles toll. Aber eine Niederlage beim Boxen steht für immer in den Geschichtsbüchern. Als Boxer solltest du dich also besser fern halten von allem, was dich irgendwie ablenken könnte. Ruiz ist ein guter Fighter, er tut dem Schwergewichtsboxen gut. Aber um ganz oben zu bleiben gilt: Genieße den Moment, aber lass diesen Moment nicht deine ganze Geschichte schreiben.
Wie ist es für Sie, wieder in Sheffield zu trainieren?
Joshua: Todlangweilig, als hätte jemand mit einem Messer meine Lebensader durchtrennt. Aber ich bin hier, um eine Energie und ein paar Vibes zu erzeugen. Darum geht es beim Boxen. Nicht einfach nur, sich fast zu Tode zu trainieren. Es geht um Rhythmus, Spirit, Instinkt, Skills. Das will ich von London mit nach Sheffield bringen.
Warum werden Sie nach dem Rückkampf wieder ganz oben sein?
Joshua: Weil ich an mich glaube, es ist wie die selbsterfüllende Prophezeiung. Ich war schon einmal dort und weiß deshalb, dass ich es erneut schaffen kann. Und wie schon gesagt: Ich werde dieselben Fehler nicht ein zweites Mal begehen. Ich habe auch früher schon Kämpfe verloren, daraus aber immer die richtigen Schlüsse gezogen.
Anthony Joshua im Steckbrief
Geburtstag | 15. Oktober 1989 |
Geburtsort | Watford, England |
Körpergröße | 1,98 Meter |
Stil | Linksauslage |
Bilanz | 23 Kämpfe - 22 Siege - 21 K.o.-Siege, 1 Niederlage |