Hallo liebe Darts-Freunde,
ich habe lange überlegt, ob ich meine eigene Kolumne schreiben will. Aber ich weiß, dass SPOX alles daransetzen wird, Darts in Deutschland weiter zu pushen und bei dieser Entwicklung will ich mithelfen. Mit der einen oder anderen Insider-Geschichte, die Ihr in keinem Interview lesen könnt, nehme ich Euch mit auf die Reise eines Darts-Spielers und gebe Euch einen Blick hinter die Kulissen. Da es keine bessere Gelegenheit zum Startschuss gibt, steht die erste Ausgabe voll im Zeichen der WM-Vorbereitung.
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Seit dem Grand Slam kann ich es kaum erwarten, bis ich endlich wieder in die tosende Stimmung im Ally Pally eintauchen darf. Trotzdem habe ich danach erstmal heruntergeschaltet und war ein paar Tage mehr am Queue als an den Pfeilen aktiv. Als ich wieder Darts in der Hand hatte, habe ich zwölf verschiedene Sets ausprobiert.
Aber nur mit neuen Darts ist es natürlich nicht getan, ich habe mir einen sorgfältigen Trainingsplan erstellt. Seit mehreren Wochen habe ich von 9.30 Uhr bis 12 Uhr und von 15 Uhr bis 18 Uhr trainiert. Unsere Nachbarn haben drei Kinder, schon deshalb halte ich die Mittagsruhe ein. In der letzten Woche vor der WM stehe ich fast den halben Tag am Board. Man mag es kaum glauben, doch auch mehrere Stunden Training, sofern es richtig betrieben ist, merkt man.
Mein Fokus lag auf meiner Checkout-Quote
Inhaltlich lag mein Fokus nach den Problemen im letzten halben Jahr vor allem auf meiner Checkout-Quote. Mein Training habe ich mit 121 Punkten Rest begonnen. Gerade mein Lieblingsdoppel, die Doppel14, funktioniert super. Kurzzeitig habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, ein Trainingscamp zu veranstalten, ähnlich wie es das Management von van Gerwen, van der Voort, Wright und Whitlock organisiert. Das sind eigene kleine WMs, zu denen 500-1000 Fans kommen.
Für mich war das vertraute Umfeld aber entscheidend - meine Tipps hole ich mir ohnehin am Rande der Events. Beim Grand Slam of Darts habe ich beispielsweise mit Peter Wright ein wenig über seine Karriere gesprochen. Ein tolles Gespräch. Es braucht nur zwei verdammt gute Wochen und die WM verändert dein Leben, sagt er.
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Aber auch aus eigenen Erfahrungen ziehe ich meine Schlüsse. Deshalb habe ich mich seit dem 2. Dezember etwas zurückgezogen und keine Interviews mehr gegeben. Das ist weder den Fans noch den Medien gegenüber böse gemeint, aber letztes Jahr standen plötzlich Reporter unangemeldet und mit einer Kamera vor der Tür. Als ich Sonntagfrüh in Unterhose und verschlafen die Tür öffnete, überraschte mich diese Situation, sie zeigte mir aber auch, dass Darts einen enormen Stellenwert erreicht hat. Das ist sehr schön und ich freue mich riesig, meinen Teil dazu beizutragen. Sorry, dass Euer Weg umsonst war, aber ein wenig Privatsphäre muss schon sein.
Außerdem nutze ich mein Handy in der Zeit vor London nur sporadisch. Da ich kein Management habe, muss ich einfach genug Zeit für die anderen Dinge wie Reisen etc. einplanen: Ich reise übrigens zwei Tage vor meinem Match an und - egal ob ich weiterkomme oder nicht - geht der Rückflug am Tag danach, weil ich Weihnachten daheim nicht missen möchte. Die WM in allen Ehren, aber könntet Ihr Euch vorstellen, den 24ten fernab von euren Liebsten in einem 27 qm großen Hotelzimmer zu verbringen?
Training würde im Falle eines Sieges natürlich trotzdem auf dem Programm stehen, so war es vor zwei Jahren nach dem Sieg über Mervyn King ebenfalls.
Jeder hat diesen Killerinstinkt
Was das Hotel betrifft, kommt uns die PDC entgegen und bringt uns samt Anhang - bei mir sind mein Vater, meine Freundin und ein oder zwei Freunde dabei - im Spielerhotel unter. Wir bekommen Tickets, mit denen wir kostenlos in die Stadt und zum Ally Pally pendeln können. Trotzdem war ich bisher bei keiner WM-Teilnahme in der Innenstadt.
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Im Hotel gibt es einen Practice Room, dort komme ich mit vielen Kollegen ins Gespräch, es herrscht ein kollektives Miteinander. Aber gerade am Spieltag kommen Musikfreunde wie Bunting mit Kopfhörern in den Practice Room. Da sollte man nicht stören. Van Gerwen ist da das Gegenteil, er kommt eher mit breiter Brust und einem Grinsen in den Raum und grüßt auch gerne mal auf Deutsch.
Etwas anders ist es bei den Spielern, die aufeinandertreffen. Jeder hat halt diesen Killerinstinkt und will weiterkommen, deshalb geht man sich lieber aus dem Weg. Oft wechselt man auf der Bühne die ersten Worte miteinander. Die einzige Ausnahme gab es 2014, als Kim und Ronny Huybrechts zusammengelost wurden. Beide haben sich zusammen auf die WM vorbereitet. Ich persönlich trainiere an den spielfreien Tagen intensiv und sauge abends die Stimmung im Ally Pally auf.
WM ist eine riesige Chance
Am Matchday selbst bin ich innerlich schon angespannt. Ordentliches Frühstück, an der Rezeption Bescheid geben, wann und mit wie vielen Leuten sowie wo ich abgeholt werden will - und ab ans Board. Meistens aber nur für 15-30 Minuten. Es gibt sogar Spieler, die im Hotel gar keine Pfeile mehr werfen. Viereinhalb Stunden vor dem Match fahre ich zum Ally Pally. Von der PDC aus müsste ich zwar erst zweieinhalb Stunden davor da sein, aber es gibt viele Kleinigkeiten, die Zeit kosten: Registrieren, Interviews führen, Barry Hearn begrüßt jeden Spieler persönlich und vor jedem Match wird dein Shirt vermessen. Für die Kameras. Erst danach darf ich in den Practice Room unter der Bühne und dort bleibe ich, bis ich dran bin.
Sollte der Start ins Match nicht wie gewünscht verlaufen, hast du ja die Breaks. Iss ein Snickers oder eine Banane und schon hat man wieder Energie. Regste dich auf, schreist halt mal rum oder wisch dir mal mit dem kalten Handtuch durchs Gesicht.
Trotzdem wird es gegen Vvdv eine richtig harte Nummer. Wir kennen uns schon seit drei Jahren, ich habe bisher noch keinen Sieg gegen ihn zu verbuchen. Das will ich am 22.12.16 ändern. Ich bin motiviert und werde mich anstrengen.
Die WM ist eine riesige Chance und ich habe mich gewissenhaft vorbereitet. Jetzt muss ich es "nur" noch auf dieser Bühne beweisen.
Ich wünsche Euch besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2017,
Euer Maximiser
Max Hopp, geboren am 20. August 1996, rangiert in der Order of Merit auf Platz 38 und ist damit der beste deutsche Darts-Spieler. Der gebürtige Idsteiner lebt mit seiner Lebensgefährtin Christin Jahn im Vogtland. Hopp hat sich bereits vier Mal für die WM qualifiziert, wobei er 2015 die zweite Runde erreichte. Sein größter Erfolg ist bislang der Gewinn der U-23 Junioren-WM 2015.