SPOX: Absolut, die Zuschauerzahlen werden immer größer, die Preisgelder steigen stetig. Michael van Gerwen etwa hat in den letzten zwei Jahren über 1,8 Millionen Pfund eingespielt. Wird er seinen Durchmarsch 2017 fortsetzen?
Seyler: Van Gerwens letzte Auftritte waren nochmal beeindruckender als die Siege zuvor, für ihn ist die Bühne eine Gelddruckmaschine. Aber: Bei van Gerwen ist noch Luft nach oben. Wenn ihm sein Gegner Feuer macht, wird er antworten und noch bessere Leistungen zeigen als bisher.
SPOX: Van Gerwen hat sich zuletzt - wie auch Max Hopp - dafür ausgesprochen, Darts olympisch zu machen. Was halten Sie von dieser Idee?
Seyler: Was Dopingproben angeht, befindet sich Darts schon auf olympischem Niveau. (lacht) Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob Olympia jetzt der richtige Schritt wäre. Jedes Jahr gibt es mehr Turniere und wir nähern uns langsam der Belastbarkeitsgrenze der Spieler. Snooker muss uns als abschreckendes Beispiel dienen. Da wurde auch immer nur nach mehr gestrebt. Man muss auf die Stimmen der Big Boys warten. Wenn sie sagen, dass es zu viel wird, muss man darauf hören. Da ich bei den meisten Turnieren nicht dabei bin, kann ich das nur aus der Ferne beurteilen.
SPOX: Wie sehen Ihre persönlichen Planungen denn aus? Starten Sie nochmal einen großen Angriff?
Seyler: Auf jeden Fall! Ihr seht mich nochmal bei der WM! Ich weiß, dass ich Darts spielen kann. Leider funktioniert es bei mir derzeit im Kopf nicht wirklich. Deshalb bin ich nächste Woche bei einem Mentaltrainer und dann heißt es: volle Attacke auf die European Tour.
SPOX: Waren Sie deshalb auch am Wochenende nicht bei der PDC Qualifying School?
Seyler: Genau, ich habe mich bewusst zurückgenommen. Solche Reisen kosten sehr viel Geld und ich habe mittlerweile genug Geld verbrannt. Die Flüge, die Unterkünfte, die Teilnahme - das tut dem Geldbeutel weh. Alles, was ich bislang verdient habe, habe ich in den Sport gepumpt und konnte so - auch dank der Unterstützung meiner Lebenspartnerin - meinem Enthusiasmus nachgehen. Aber bevor das ein großes Minusgeschäft wird, muss ich aufhören, gegen die Wand zu rennen. Deshalb brauche ich das Mentaltraining. Ich arbeite hart daran, dass ich 2017 zurückkomme.
SPOX: Wie sieht das im Alltag aus? Wie viel trainieren Sie derzeit und hat sich das Ausmaß im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Seyler: Das hat stark variiert. Ich habe mit neun Jahren angefangen und hatte mit zwölf Jahren eine Wachstumsfugen-Operation, weshalb ich zweieinhalb Jahre auf Krücken laufen musste. In dieser Zeit habe ich jeden Tag sechs bis sieben Stunden gespielt. Danach habe ich teilweise nur eine halbe Stunde täglich trainiert, dafür aber in Vereinen gespielt und mit Mitte 20 war ich die Nummer eins in Deutschland. Daraufhin habe ich mein Training intensiviert. Mittlerweile trainiere ich rund zwei bis drei Stunden, wobei ich auch nach zwei Minuten aufhöre, wenn nichts geht. Ich will ja keine Fehler trainieren.
SPOX: Sie sind mehrfacher Deutscher Meister, haben zusammen mit Andree Welge mit den Dutch Open das damals größte Doppel-Turnier gewonnen und bei der WM die erste Runde überstanden. Was war Ihr persönliches Highlight?
Seyler: Es waren viele tolle Momente dabei und ich bin noch nicht unhungrig. Die größte Erfahrung war wohl mein Match gegen Jamie Harvey in der Circus Tavern. Mein sportlicher Höhepunkt kam leider zu früh, heute bekäme ich mehr Geld. (lacht) Aber da spricht weniger der Neid aus mir, als die Freude darüber, dass sich Darts hervorragend entwickelt hat und ein Max Hopp lukrative Sponsoren findet.
SPOX: Sie sprechen Max Hopp an. Wenn er Sie fragen würde, welchen Tipp würden Sie ihm mit auf den Weg geben?
Seyler: Max sollte so viel wie möglich mit den Topspielern trainieren und alles von ihnen aufsaugen. Sein Vorteil war, dass frühzeitig ein paar Leute an ihn geglaubt haben und Max sich Rückschläge erlauben durfte, ohne dass der Geldhahn gleich komplett abgedreht wird. Mittlerweile ist er die Galionsfigur in Deutschland. Er macht sein Ding mehr als ordentlich und ich bin fest davon überzeugt, dass er seinen Weg erfolgreich gehen wird.