Taylor und der Auftakt zum letzten Halleluja

Adrian Fink
02. Februar 201720:20
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Am Donnerstag startet die 13. Auflage der Premier League (live auf DAZN), gleichzeitig ist es die letzte Teilnahme von Rekord-Sieger Phil Taylor. Titelverteidiger und Dauerdominator Michael van Gerwen geht mal wieder als großer Favorit ins Rennen, aber auch Vizeweltmeister Gary Anderson und Peter Wright rechnen sich Chancen aus. SPOX blickt auf die Teilnehmer.

Über 15 Wochen werden sich zehn der besten Darts-Spieler der Welt jeden Donnerstag im Liga-Modus die Pfeile um die Ohren werfen, um am Ende den Premier-League-Sieger 2017 zu krönen. Dabei treten die Teilnehmer nicht nur in den üblichen Spielstätten in Großbritannien an, sondern reisen auch nach Irland und in die Niederlande. Nach neun Wochen scheiden die zwei schlechtesten Akteure aus, der Rest spielt eine Art Rückrunde. Danach wird abgerechnet: Die Top 4 duellieren sich am 18. Mai in der O2 Arena in London nicht nur um den Titel, sondern auch um die 250.000 Pfund Preisgeld. Die Teilnehmer:

Phil Taylor

Platzierung in der Order of Merit: 6

Premier-League-Teilnahmen: 12

Bestes Abschneiden Premier League: Gewinner (6 Mal): 2005, 2006, 2007, 2008, 2010, 2012

Abschneiden Masters 2017: Halbfinale

Und sonst so: Darts ohne Phil Taylor? Eigentlich unvorstellbar, doch bald bittere Realität. Der größte Darts-Spieler aller Zeiten hat sein endgültiges Karriereende rund um die Masters offiziell gemacht. Es läuft die letzte Saison für The Power, nach der WM 2018 ist Schluss. "Der Körper macht es nicht mehr mit, vier oder fünf Stunden im Trainingsraum zu arbeiten. Aber genau das musst du tun, um gegen die jungen Spieler bestehen zu können", erklärte der Mitbegründer der PDC, der Darts vom kaum wahrgenommenen Nischensport bis in die Fernsehprogramme hievte.

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Freilich ist das baldige Karriereende nach der Ankündigung, 2016 vom Gas herunterzugehen, keine bahnbrechende Überraschung mehr, aber nun wird es real: Die Legende packt die Pfeile weg. Und wie es sich für eine Legende gehört, will Taylor auf den letzten Metern natürlich noch den einen oder anderen Major-Titel einheimsen.

Angesichts der Konkurrenz kein einfaches Unterfangen, zumal Taylor nur noch bei den Turnieren antritt, bei denen er automatisch qualifiziert ist oder er eine direkte Einladung erhält. Bei den großen Turnieren ist der 16-fache Weltmeister neben der Premier League sicher beim World Matchplay, beim Grand Prix und der Weltmeisterschaft dabei. Zusätzlich lässt er sich bei der World Series und der Champions League blicken, bei einem Major-Finaleinzug winkt der Grand Slam.

Jedenfalls sind Taylors große Bühnenauftritte rar - umso gieriger ist The Power bei der Premier League. Nichts weniger als die Playoffs in London hat sich der Rekord-Sieger zum Ziel gesetzt. Ambitioniert, aber möglich. Im letzten Jahr und vor allem auch bei den Masters hat der 56-Jährige gezeigt, dass er immer noch herausragende Matches spielen und ein Ausrufezeichen setzen kann. Prognose: Taylor kämpft sich in die Playoffs, für Titel Nummer sieben reicht es allerdings nicht.

Gary Anderson

Platzierung in der Order of Merit: 2

Premier-League-Teilnahmen: 6

Bestes Abschneiden Premier League: Gewinner (2 Mal): 2011, 2015

Abschneiden Masters 2017: Finale

Und sonst so: The Flying Scotsman kann einem schon leid tun. Es ist ja nicht so, dass Anderson nur Backsteine Richtung Board schleudert, trotzdem schrammt er ein ums andere Mal knapp am Titel vorbei. Symptomatisch seien die Finalmatches bei der WM und den Masters gegen die grüne Maschine aus den Niederlanden genannt. Im Ally Pally geriet Anderson trotz seiner durchschnittlich 104,93 chancenlos unter die Räder. Kein Wunder, dass sein Average von 103,58 Punkte in der ArenaMK von Mighty Mike humorlos abgeschmettert wurde.

"Gary ist ein fantastischer Spieler und wir haben immer tolle Matches gegeneinander", fand MvG nach dem Match lobende Worte für seinen ärgsten Verfolger. "Man muss gegen ihn einen Average zwischen 105 und 110 werfen, um zu gewinnen." Ja mei, dann schmeißt van Gerwen bei den Masters mal eben einen 109er-Average. Was soll der Geiz?

Bei der Premier League bekommt Anderson direkt zum Auftakt die Chance auf Revanche. Die Fans erwartet ein Scoring-Festival. Doch welche Chancen hat Anderson? Neben Taylors Abschiedstour und van Gerwens surrealer Dominanz fliegt die Nummer zwei der Welt etwas unter dem Radar. Vielleicht ist Anderson das ja sogar ganz recht. So kann er sich in Ruhe vorbereiten und dann für Furore sorgen. Ein Platz am Finaltag sollte auf jeden Fall für Anderson reserviert sein.

Peter Wright

Platzierung in der Order of Merit: 3

Premier-League-Teilnahmen: 3

Bestes Abschneiden Premier League: 5. Platz (2 Mal): 2014, 2016

Abschneiden Masters 2017: Viertelfinale

Und sonst so: Seit Monaten, ja beinahe schon bald Jahren, sind sich alle Experten einig: Peter Wright ist fällig. Fällig für den ersten großen Titel seiner Karriere, fällig für den ersten Major-Titel. Doch ein ums andere Mal muss Snakebite dabei zuschauen, wie die Konkurrenz (meist MvG) den Pokal in die Höhe stemmt.

Auch bei der Premier League gilt der Schotte sicher nicht als Topfavorit, allerdings stehen die Karten nicht schlecht, dass er seinen größten Erfolg bei diesem Wettbewerb mindestens egalisiert. Der Cut nach neun Spieltagen dürfte keine Hürde darstellen, um ein Ticket für das Halbfinale muss Wright kämpfen.

Jelle Klaasen

Platzierung in der Order of Merit: 9

Premier-League-Teilnahmen: 1

Bestes Abschneiden Premier League: 7. Platz 2009

Abschneiden Masters 2017: 1. Runde

Und sonst so: The Cobra is back! Dabei gibt es auf den ersten Blick gar nicht so viele Argumente für die Wildcard für Klaasen. Auf der Habenseite steht das WM-Halbfinale 2016, zahlreiche Turnierteilnahmen in den vergangenen Monaten und ein Platz in den Top 10 - das war es dann aber auch.

Der 32-Jährige stach zuletzt keineswegs mit einer beeindruckenden Form hervor und musste bei der WM schon im Achtelfinale die Segel streichen. Beim Masters wurde er in der ersten Runde von jenem Mensur Suljovic deklassiert, der nach seiner hübschen Saison zwischenzeitlich bereits als sicherer Premier-League-Kandidat galt. Klaasen wird es schwer haben, die Judgement Night zu überleben.

Kim Huybrechts

Platzierung in der Order of Merit: 13

Premier-League-Teilnahmen: 1

Bestes Abschneiden Premier League: 10. Platz 2015

Abschneiden Masters 2017: 1. Runde

Und sonst so: Neben Klaasen war Huybrechts der zweite Wackelkandidat. Es drängt sich beinahe zwangsweise die Vermutung auf, dass die Nominierung des Belgiers weniger sportliche als strategische Gründe hat, um den Darts in seinem Heimatland zu pushen. Natürlich zeigt der 31-Jährige phasenweise unterhaltsames Darts und spielte eine ordentliche WM, in deren Verlauf er die deutschen Darts-Träume jäh platzen ließ.

Und auch Darts-Experte Shorty brach im SPOX-Panel vor der WM eine Lanze für die Nummer 13 der Welt. "Wenn Huybrechts völlig durchdreht, ist er ein absolutes Monster." Genauso gut kann er ob der starken Konkurrenz aber auch zum Flop des Teilnehmerfeldes werden - wie 2015.

Michael van Gerwen

Platzierung in der Order of Merit: 1

Premier-League-Teilnahmen: 4

Bestes Abschneiden Premier League: Gewinner (2 Mal): 2013, 2016

Abschneiden Masters 2017: Gewinner

Und sonst so: Was soll man zu Michael van Gerwen noch sagen? Natürlich ist er der große Dominator der Darts-Szene, natürlich ist er der amtierende Weltmeister, natürlich ist er der Titelverteidiger der Premier League und natürlich geht er auch bei der Premier League als Favorit ins Rennen.

Die Hiobsbotschaft für die Konkurrenz: Mighty Mike ist Mr. Unersättlich. Auch Elmar Paulke stellte jüngst ungläubig die Frage in den Raum, ob van Gerwen überhaupt irgendwann mal Federn lässt. Die Antwort lautet: nein. "Ich liebe es, zu gewinnen und ich liebe, was ich tue", sagte MvG nach den Masters.

Für die Fans wird es ein Vergnügen sein, Woche für Woche die High-Scoring-Maschine bei der Arbeit zu beobachten, für die Gegner wohl eher ein Albtraum. Denn gegen MvG reichen keine starken Auftritte, für einen Sieg braucht es schon einen herausragenden Tag - Gary Anderson kann davon ein Lied singen. Alles andere als van Gerwens Teilnahme am Finaltag wäre eine faustdicke Überraschung - eigentlich könnte man dem aktuell besten Darts-Spieler der Welt blind eine Wildcard für die O2 Arena in die Hand drücken.

Raymond van Barneveld

Platzierung in der Order of Merit: 10

Premier-League-Teilnahmen: 11

Bestes Abschneiden Premier League: Gewinner 2014

Abschneiden Masters 2017: Viertelfinale

Und sonst so: Anders als bei den Härtefällen Klaasen und Huybrechts war die Nominierung Barneys alternativlos. Die lebende Darts-Legende hat sich in den letzten Monaten aus einem kleinen Loch freigebuddelt und boxte sich seit November 2015 (Platz 16 der Order of Merit) peu a peu zurück in die Top 10.

Diese Entwicklung ist noch bemerkenswerter, wenn man bedenkt, wie lästig Barney die kleineren Events wie die European Tour oder Pro Tour sind. Neben den offensichtlichen Folgen (weniger Preisgeld für die Order of Merit) erschweren die harten Lose früh in den Turnieren den Anschluss an die Weltspitze.

Doch bei der WM stellte Barney eindrucksvoll unter Beweis, dass er das Pfeile-Werfen immer noch im Blut hat und zu großartigen Auftritten im Stande ist. Bei der Premier League werden die Legenden-Duelle mit Taylor mit größter Spannung erwartet und Barney gehört auf jeden Fall zu den heißen Anwärtern für die O2 Arena.

James Wade

Platzierung in der Order of Merit: 5

Premier-League-Teilnahmen: 8

Bestes Abschneiden Premier League: Gewinner 2009

Abschneiden Masters 2017: 1. Runde

Und sonst so: The Machine hat ein positives Jahr 2016 gespielt und sich bei der WM (Viertelfinalaus gegen Wright) ordentlich verkauft - eigentlich hat sich Wade zuletzt in solider Verfassung präsentiert. Eigentlich. Denn bei den Masters ging er direkt gegen Robert Thornton baden.

Doch davon darf sich die Konkurrenz nicht täuschen lassen. Der Premier-League-Sieger von 2011 ist mit seinem unheimlich starkem Timing ein unangenehmer Gegner, der seinen Kontrahenten auch mal mit einem 95er-Average, dafür aber mit perfekten Darts zur richtigen Zeit, den einen oder anderen Stein in den Weg wirft. Über so viele Spieltage hinweg ist Wade konstant genug, um ein wesentlicher Bestandteil der Verlosung zu werden und immer einer der Kandidaten für die Top 4.

Shorty-Interview: Wo versteckt sich der Boris Becker des Darts?

Dave Chisnall

Platzierung in der Order of Merit: 7

Premier-League-Teilnahmen: 3

Bestes Abschneiden Premier League: Halbfinale 2015

Abschneiden Masters 2017: 1. Runde

Und sonst so: Chizzy ist so etwas wie die Wundertüte der Runde. Auf der einen Seite kann Chisnall an guten Tagen selbst den Top Guns die Leviten lesen, auf der anderen Seite strauchelt er auch mal gerne gegen vermeintliche Außenseiter. Ende 2016 stabilisierte sich der 36-Jährige vermeintlich auf anständigem Niveau, doch dann setzte es ihn beim Masters direkt zum Auftakt gegen Robert Thornton auf den Hosenboden.

Trotzdem dürfte sich ein ähnlich verheerendes Desaster wie bei der Premier League 2016, als Chisnall mit mageren drei Punkten Opfer der ersten Kürzung wurde, nicht wiederholen. Nicht nur, weil der Brite aus dieser Erfahrung gelernt hat, sondern auch, weil der Brite zu oft Highscoring vom Allerfeinsten abliefert.

"Chizzy immer in der Lage, sich in einen Rausch zu spielen, oft reicht ihm eine 180 als Initialzündung", schwärmte auch Paulke gegenüber SPOX. Allerdings wäre es schon eine mittelgroße Sensation, wenn Chisnall seine Visitenkarte abgeben und um den Titel mitringen würde. Vielmehr wird er noch länger das Schicksal Wrights teilen und auf den ersten Major-Titel seiner Karriere warten.

Adrian Lewis

Platzierung in der Order of Merit: 4

Premier-League-Teilnahmen: 9

Bestes Abschneiden Premier League: Finale 2011

Abschneiden Masters 2017: Halbfinale

Und sonst so: Wo geht die Reise von Adrian Lewis hin? Der Jackpot steht am Scheideweg seiner Karriere, denn Lewis hat ein Seuchenjahr hinter sich: Sein letzter Pro-Tour-Sieg liegt schon ein Jahr zurück, das letzte Finale bei einem TV-Turnier ist gefühlt schon eine halbe Ewigkeit her (WM 2016).

Im Klartext bedeutet das: Der 32-Jährige braucht 2017 dringend Erfolge. Den Anfang hat er bei den Masters gemacht, nun muss er weitere Taten folgen lassen, sonst wird er in diesem Jahr in der Order of Merit durchgereicht. Da es dem zweifachen Weltmeister an der nötigen Konstanz mangelt, um bei der geballten Qualität in der Premier League Woche für Woche einen Topspieler zu schlagen, wäre das Erreichen des Finaltages eine Überraschung.

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