"Rennsport kann grausam sein"

SID
Am Nürburgring ereignete sich am Samstag ein schrecklicher Vorfall
© getty

Der Tod eines Zuschauers beim Langstreckenrennen auf dem Nürburgring dürfte die Diskussion um die legendäre Nordschleife wieder einmal in Gang setzen.

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Die Tragödie auf der Nordschleife sorgte auch im Fahrerlager der Formel 1 im fernen Malaysia für große Betroffenheit. "Das sind furchtbare Nachrichten vom Nürburgring", twitterte Ex-Weltmeister Jenson Button: "Rennsport ist großartig, aber er kann auch so grausam sein."

Ein tödlicher Unfall hatte am Samstag beim Saisonauftakt der VLN-Langstreckenmeisterschaft in der Eifel das Sportliche völlig in den Hintergrund gedrängt. Ein 49 Jahre alter Zuschauer aus den Niederlanden kam ums Leben, als der Nissan Nismo GT3 des Briten Jann Mardenborough über die Streckenbegrenzung flog und auf dem Dach in einem Zuschauerbereich landete.

Das Opfer starb nach Angaben des Veranstalters trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen noch im Medical-Center an der Rennstrecke. Die übrigen verletzten Zuschauer wurden zur weiteren medizinischen Versorgung ins Krankenhaus gebracht, schwere Verletzungen blieben hier laut Polizeiangaben aber aus. Das Rennen wurde abgebrochen und nicht wieder neu gestartet.

Bedenken über die Sicherheit

Der Deutsche Motorsport-Verband (DMSB) hat am Sonntag reagiert und die Streckenlizenz für Fahrzeuge der Klassen SP7, SP8, SP9, SP10 und SP-X, allesamt Boliden für die Langstrecke, bei durch den Verband genehmigten Veranstaltungen auf der Nordschleife bis auf weiteres ausgesetzt. "Die Sicherheit der Teilnehmer und insbesondere der Zuschauer muss oberste Priorität haben", sagte DMSB-Generalsekretär Christian Schacht.

Die Staatsanwaltschaft hat das Unfallfahrzeug mittlerweile beschlagnahmt und wird es in den nächsten Tagen von einem Gutachter untersuchen lassen. Mögliche Maßnahmen will der DMSB in Abstimmung mit dem Streckenbetreiber und anderen Beteiligten prüfen. So oder so gibt das Unglück im Rahmen der Breitensportrennserie anhaltenden Bedenken über die Sicherheit auf der legendären Nürburgring-Nordschleife neue Nahrung.

Die "Grüne Hölle" ist ein ebenso beliebtes wie berüchtigtes Relikt aus einer längst vergangenen Rennsport-Ära. Ihre Faszination und das Risiko ergeben sich aus den besonderen Eigenschaften der Strecke - die Berg- und Talbahn ist eng und buckelig, an vielen Stellen stehen die Zuschauer nicht weit von der Strecke entfernt.

Schon Anfang der 70er-Jahre boykottierten die Fahrer der Formel 1 kurzfristig ein Rennen, nach Investitionen in die Sicherheit kehrte die Königsklasse zunächst zurück. Der Feuerunfall Niki Lauda im August 1976 besiegelte jedoch wenig später das Aus der Nordschleife im Rennkalender der Formel 1.

Auch der Fangzaun hilft nicht

In der Folge wurde der mehr als 20 Kilometer lange Abschnitt vor allem zum Schauplatz von Tourenwagen- und Breitensportrennen, und der Nürburgring tat weiterhin viel für die Sicherheit auf der Nordschleife. Dreifachleitplanken, vom Automobil-Weltverband FIA vorgeschriebene Schutzzäune und ein Mindestabstand für die Zuschauer wurden umgesetzt - all das geschieht an der Nordschleife allerdings im Rahmen eingeschränkter Möglichkeiten, wie etwa bei einem engen Stadtkurs.

Auch der Fangzaun konnte die dramatischen Folgen des fatalen Crashs nun nicht verhindern. Im Streckenabschnitt Flugplatz an der Quiddelbacher Höhe, einer der berüchtigten Sprungkuppen der Nordschleife, war Mardenboroughs Nissan von der Strecke abgehoben und über die Leitplanke und den Sicherheitszaun geflogen. An dieser Stelle erreicht ein GT3-Wagen bei trockenen Verhältnissen rund 220 km/h.

Gleich an mehreren Stellen der Nordschleife kann es vorkommen, dass die Autos mit der Vorderachse den Boden verlassen - bei zu viel Unterluft können die Boliden in diesem Fall abheben. Ob Unterluft auch am Samstag die Unfallursache war, müssen die Untersuchungen allerdings noch zeigen.